Die Halinger Grundschule
Als die frühere Halinger Dorfschule am heutigen Tellenkamp zu klein wurde, fasste der damalige Ortsbürgermeister Ammelt im Oktober 1937 den Entschluss, eine neue Schule bauen zu lassen. Dem stimmte der Gemeinderat im Dezember 1937 zu, allerdings fehlte ein passendes Baugrundstück. Durch den Tausch mehrerer Grundstücke unter den Eigentümern konnte dieses Problem jedoch zügig gelöst werden, und bereits im Juni 1938 lag der Bauentwurf dem Regierungspräsidenten vor, der noch – man höre und staune - im gleichen Monat die Baugenehmigung erteilte und den Finanzierungsplan absegnete.
Im Juli 1938 erfolgte der erste Spatenstich, das Richtfest wurde am 30.4.1939 gefeiert. Wegen der Kriegsvorbereitungen und auch wegen des ungünstigen Wetters im Winter 1939/40 verzögerte sich die Fertigstellung zwar, aber wegen der Raumnot in der alten Schule wurde die neue Schule bereits im Februar 1940 vor ihrer Einweihung bezogen. Sie erhielt den Namen ‚Fritz-Wiemann-Schule‘, als Ehrung des damals 88-jährigen Ehrenamtmannes Fritz Wiemann. Die Einweihung am 29. Februar 1940 fand – im 8. Jahr der Hitler-Diktatur und wie damals üblich - mit markigen Worten statt.
Gemessen an dem, was Halingen bisher hatte, war dieser Schulneubau ein Riesenfortschritt. Eindrucksvoll der in Eichfachwerk gehaltene Giebel über dem markanten Portal. Er war damals mit einer Wetterfahne ausgestattet: Bauer mit Pflug und Pferd, zur ländlichen Umgebung passend. Auch die Ausstattung der Schule ließ kaum Wünsche offen: Drei Klassen, Bastelraum, Lehrer- und Lernmittelzimmer, im Flur am Haupteingang ein künstlerisch gestalteter Brunnen, im Keller Toiletten, Wannenbäder und Duschen, Platz für eine Lehrküche, und es gab eine Koksheizung. Rechts und links in den Flügeln gab es eine Lehrer- und Hausmeisterwohnung. Aber es fehlten Lehrkräfte; es gab nur 2 für 8 Klassen.
Die Kriegsereignisse rückten immer näher, gingen auch an den Schulkindern nicht vorüber. Sie mussten Metallschrott für Rüstungsbetriebe und Schweineknochen für die Herstellung von Seife sammeln, Weihnachtspäckchen für die Frontsoldaten packen und an Heldengedenkfeiern für die gefallenen Soldaten teilnehmen. Auch der Tod des beliebten Hauptlehrers Spieß in Russland ging an den Kindern nicht spurlos vorüber.
In der Nacht vom 17. auf den 18. April 1943 zerstörten englische Bomber die Sperrmauer der Möhnetalsperre. Wie es dazu kam, ist in dem Buch ‚Als Deutschlands Dämme brachen‘ ausführlich beschrieben. Als die Alarmsirenen heulten, begaben sich die Leute in die Luftschutzkeller, ein fataler Irrtum! Eine gewaltige Flutwelle wälzte sich in Windeseile durch das Ruhrtal und riss auch 17 Halinger mit in den Tod, darunter 2 Schüler. Der Krieg war endgültig in unserem Dorf angekommen. Einige Schulräume dienten jetzt als Krankenstation, außerdem wurde ein evakuiertes Werftkommando des Flughafens Krefeld einquartiert, auf dem Schulgrundstück wurden Baracken errichtet. Zunehmende Luftangriffe der Alliierten trugen dazu bei, dass immer weniger Unterricht erteilt werden konnte. In ihrer Freizeit mussten die Kinder bei der Ernte helfen und Kartoffelkäfer einsammeln. Die Entlassfeier des Geburtsjahrganges 1931 endete im März 1945 in einem Fliegerangriff.
Als am 15. April 1945 die Amerikaner kamen und die Schule besetzten, war der Krieg vorbei. Aber erst im September 1945 wurde der Schulbetrieb mit einer Lehrkraft wieder aufgenommen. 1947/48 gab es die sogenannte Schulspeisung, denn viele Kinder waren unterernährt. Die Schülerzahlen stiegen immer weiter an, aber es fehlte an Lehrkräften, eine Spätfolge des Krieges.
Ein in den 1960er Jahren geplanter Erweiterungsbau wurde gestoppt, stattdessen entstand auf dem dafür vorgesehenen Gelände die für unser Dorf so wichtige Mehrzweckhalle. Im Zuge der Schulreform 1972/73 wurde die ehemalige Dorfschule zur kath. Grundschule Halingen. Zum Schuljahresbeginn 1994/95 stand hinter der Mehrzweckhalle ein Neubau mit Aula für die Erstklässler zur Verfügung.
Als die Schule im August 2008 ihren 70. Geburtstag feierte, zeichnete sich schon ab, dass der Schulverbund Halingen/Bösperde aufgelöst werden sollte. Viele Halinger Bürger und Eltern wehrten sich vehement mit allen gesetzlichen Möglichkeiten gegen die geplante Schulschließung, kämpften aber vergebens. Mit dem Schuljahresbeginn 2011 wurde der Schulbetrieb eingestellt, und die Halinger Grundschüler mussten fortan die Nikolaus-Groß-Schule in Bösperde besuchen.
Das nun leerstehende Schulgebäude konnte allerdings nicht vermarktet werden, da es unter Denkmalschutz steht. Nach umfangreichen Umbaumaßnahmen durch die Stadt Menden dient das gesamte Gebäude jetzt als großzügig gestalteter Kindergarten für den Halinger Nachwuchs. Trotzdem muss man die Schulschließung bedauern, sie wäre aus heutiger Sicht nicht nötig gewesen.
Anlässlich des 70. Schuljubiläums im Jahre 2008 hat die Dorfgemeinschaft Halingen ein Sonderheft herausgebracht, mit vielen Fotos, Beiträgen ehemaliger Schüler und Schülerinnen und einer Auflistung aller Lehrkräfte.
Dieser Kurztext wurde gesprochen von Rolf Bartkowiak, entnommen aus dem Originaltext von Johann Lichtblau.