Oyoun hatte die Aufforderung des Berliner Senats, die Veranstaltung abzusagen, zurückgewiesen und die Entscheidung in einem Statement erläutert.
Die Absage der Förderung würde das Ende der Meinungsfreiheit und der Kunstfreiheit in Deutschland markieren.
Am 22.10.2023 unterzeichneten 100 in Deutschland beheimatete jüdische Künstler*innen, Schriftsteller*innen und Wissenschaftler*innen einen offenen Brief „Wir befürchten, dass mit der derzeitigen Unterdrückung der freien Meinungsäußerung die Atmosphäre in Deutschland gefährlicher geworden ist – für Juden und Muslime gleichermaßen – als jemals zuvor in der jüngeren Geschichte des Landes. Wir verurteilen diese in unserem Namen begangenen Taten. Wir fordern Deutschland auf, sich an seine eigenen Verpflichtungen zur freien Meinungsäußerung und zum Versammlungsrecht zu halten, wie sie im Grundgesetz verankert sind.”
Alle diese Menschen sollten im Rahmen der Meinungsfreiheit die Möglichkeit haben, gemeinsam und öffentlich zu sprechen, zu trauern und miteinander in Austausch zu treten. Es wirkt zynisch, wenn jüdische Personen und Gruppen von Deutschen Politiker*innen und Medien in die Nähe des Antisemitismus gerückt werden oder sogar als antisemitisch diffamiert werden.
Am 31.10.2023 jedoch publizierte die Grüne Fraktion eine Pressemitteilung unter dem Titel „Förderung von Oyoun muss beendet werden”, in der die Abgeordnete Susanna Kahlefeld dem Kulturzentrum Oyoun vorwirft, antisemitisch gehandelt zu haben. Diese Vorwürfe erachtet das Oyoun als unbegründet und haltlos und weist diese ausdrücklich zurück. Bereits am 01.11.2023 kündigte der Kultursenator in der Berliner Zeitung an, die finanzielle Förderung von Oyoun „grundsätzlich zu überprüfen (...) schnell zu einem Ergebnis zu kommen und zu handeln” - und das nachdem der Berliner Senat das Gespräch mit Oyoun sechs Mal ablehnte.
Die Absage der Förderung bedeutet die Schließung einer Organisation, die aktive Antidiskriminierungsarbeit und Gesellschaftskritik praktiziert sowie zur religiösen, kulturellen, ethnischen und politischen Pluralität Berlins beiträgt.
Mit der Meinungs- und der Kunstfreiheit wird zugleich die Internationalität, die Weltoffenheit des kulturellen Lebens in Deutschland, verteidigt. Es ist die Aufgabe und Pflicht öffentlich geförderter Kulturorte, Meinungsvielfalt abzubilden. Die Demokratie braucht Orte, in denen marginalisierte, intersektionale, pluralistische Perspektiven in Gesellschaft, Kunst und Kultur präsentiert und diskutiert werden.
Eine Politik der Repression kritischer Stimmen fügt der Meinungsfreiheit und damit der Demokratie in Deutschland schweren Schaden zu. Berlin braucht Kulturangebote, die sich den Themen und Sorgen ihrer unmittelbaren Nachbarschaft widmen.
Wir fordern den Senat dazu auf, Oyoun weiterhin Mittel zur Verfügung zu stellen und dadurch migrantisches, queer*feministisches und jüdisches Leben in Deutschland zu schützen.
Oyoun muss bleiben. Gerade in Deutschland. Gerade jetzt.
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Weitere Links:
Verbote sind hier Fehl am Platz (TAZ) //
Über die aktuellen Situation um Oyoun (ND) //
(K)ein Raum für Diskurs (TAZ) //
Repression gegen Kulturzentrum (JW) //
Kunstfreiheit in Gefahr (FR) //
Ein Verein eigensinniger Juden (Berliner Zeitung) //
Gutachten Prof. Dr. Möllers (BKM)