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Das Nach-der-EU vorbereiten

Schluss mit dem Neoliberalismus

Erklärung der Europäischen Koordination gegen Euro, EU, Nato und Neoliberalismus

[Erstunterzeichnerinnen und Unterzeichner nachstehend, genauso die die Möglichkeit selbst zu unterzeichnen]

Die Corona-Pandemie hat einen gewaltigen Sturm losgetreten und uns an einen Point-of-no-return geführt. Die Büchse der Pandora wurde geöffnet. Die Gesamtheit der chronischen Krankheiten des Finanzmarkt-Kapitalismus wurden ans Licht gezerrt. Über der Menschheit geistert das Gespenst der Jahrhundert-Stagnation. Mit dem Niedergang der neoliberalen Globalisierung treten wir in eine Periode großer Turbulenzen und sozialer Katastrophen ein, die andererseits auch Chancen auf Veränderungen bieten. Zusammenstöße zwischen Vertretern eines politischen Projekts der unteren Schichten und Klassen und jenen eines autoritären kapitalistischen Regimes sind möglich. Die Umwälzungen reißen die aktuellen geopolitischen Gleichgewichte fort, mit dem Risiko eines zerstörerischen Konflikts zwischen den großen Mächten.

Die EU wird aufgrund ihrer brüchigen Fundamente und ihrer inneren Gegensätze in diesem kommenden weltweiten Beben schwer ins Strudeln kommen. Die Covid-19-Pandemie hat in der Tat die totale Unfähigkeit der Union entblößt, auf die Notsituation zu reagieren und sich zu reformieren. Deutschland, der eigentliche Hausherr der EU, hat nie aufgehört seine eigenen Interessen zu verfolgen, seine starren ordoliberalen Regeln durchzusetzen, wiewohl sie sich als unhaltbar erweisen. Dieses deutsche und europäische Dogma wirkt zu Ungunsten insbesondere der Mittelmeerländer, die riskieren im Abgrund zu versinken. Das ist es auch, was uns das kürzliche Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts sagen will.

Keine Spur von Eurobonds, also der Vergemeinschaftung der Schulden. Die vorgelegten Instrumente (EIB, SURE, ESM) um die am härtesten getroffenen Länder zu unterstützen, sind wie der Strick, der den Gehängten stützt. Es handelt sich in der Tat um Kredite, um neue Schulden für Staaten, deren Titel schon jetzt als Junk-Bonds angesehen werden. Schlimmer noch: um diese Kredite in Anspruch zu nehmen, müssen die Empfängerstaaten strenge Bedingungen akzeptieren, die die Möglichkeit einschließen, dass sie unter Kuratel gestellt werden, mit der Aussicht als Protektorat behandelt zu werden. Das setzt diese Länder, in allererster Linie Italien, sozialen und politischen Spannungen aus, die sie auf den Weg heraus aus dem Käfig des Euro führen könnten.

Einen Weg, ihre Agonie zu verlängern, hätte die EU. Das ist sicher nicht der ungewisse, sogenannte Wiederaufbaufonds. Vielmehr müsste man der EZB erlauben, wie alle Zentralbanken zu agieren, nämlich als Darlehnsgeber der letzten Instanz. So könnte, in der Hoffnung den volkswirtschaftlichen Motor wieder anzuwerfen, die dazu notwendige enorme Liquidität geschaffen werden. Das ist der Vorschlag, den Draghi gemacht hat. Er verbleibt im Rahmen der klassischen liberalen Ökonomie und würde immer noch zu weiteren Verschuldung führten: die Zentralbank würde die Staaten finanzieren, unter Verwendung des Kanals über die Privatbanken. Natürlich müssen die Staaten die Schulden wieder zurückzahlen, wobei sie die Ausfälle des privaten Sektors umgehängt bekämen. Das Prinzip ist bekannt: Vergesellschaftung der Verluste, Privatisierung der Profite.

Zusammengeschweißt wie Blutsbrüder haben die dominanten transeuropäischen Sektoren des Kapitalismus im Namen des monetaristischen Dogmas, für das das Geld in Europa ein knappes Gut bleiben muss, diese Möglichkeit ausgeschlossen. Der Hintergrund für diese Beharrlichkeit ist evident: es ist die monetaristische Idee, nach der die Geldpolitik eine unabhängige Variable sei, welches nichts zu tun habe mit Fiskalpolitik und auch keine sozialen Auswirkungen zeitigen würde. Für die Herrschenden soll der Geld-Hebel aber immer die Peitsche zur Unterwerfung der Lohnabhängigen bleiben, um sie ackern zu lassen wie die Lasttiere.

Aus diesem Sumpf können sich Länder, vor allen jene mit der Pistole der Gläubiger an der Schläfe, mit halben Maßnahmen niemals herausziehen – auch nicht mittels finanz- und geldpolitischer Manöver, seien sie auch noch so virtuos. Sie können das nur schaffen, indem sie dem Staat eine neue Rolle zuschreiben, eine Rolle, die ihm erlaubt, nicht nur die volle Kontrolle über das Geld und das Bankensystem, sondern auch über die wichtigsten Mittel der Produktion und Distribution auszuüben. Die Privatwirtschaft lenkt und investiert ihre Ressourcen nur unter der Bedingung, dass es ausreichende Sicherheit gibt, kurzfristig und in zufriedenstellendem Umfang Profite zu erzielen. Es ist genau diese Bedingung, die das Kapital im Kontext einer verallgemeinerten Krise wie der aktuellen nicht antrifft. Es zieht es vor, seine Motoren anzuhalten, auch zu dem Preis, die Gesellschaft in die Katastrophe zu stürzen.

Aus dieser schweren Krise können die Staaten, besonders jene, die dem Angriff des räuberischen Finanzsektors ausgesetzt sind, nicht heraus, wenn sie sich nicht aus dem doppelten Käfig des Neoliberalismus und der Globalisierung befreien – dessen Bollwerk die EU ist. Die verschiedenen Mitgliedsstaaten können sich nur retten, indem sie die EU-Verträge kündigen, die sie in Ketten halten, und so ihre nationalen Souveränität und damit die Kontrolle über Politik und Geld zurückgewinnen. So kann der Weg zu einer regulierten Wirtschaftsweise durch die öffentliche Hand eingeschlagen werden.

Es handelt sich nicht nur um einen Wunsch. Die EU wird den Schlägen, die ihr durch die Krise versetzt werden, kaum standhalten können. Der Zerfall der EU läge in der Logik der Dinge. Was aus ihren Trümmern hervorgehen wird, hängt von vielen und noch unkalkulierbaren Faktoren ab. Sicherlich werden neue geopolitische Konfigurationen und Bündnisse entstehen. Und sicherlich werden, wo die Volksmassen sich nicht rechtzeitig in Bewegung setzen, wo sie es nicht rechtzeitig schaffen, bedeutende demokratische und soziale Fronten zu bilden, Kräfte der extremen Rechten oder Unterstützer eines nationalen Kapitalismus die Gelegenheit nutzen wollen, um im Chaos ein autoritäres System zu etablieren.

Dies ist die Herausforderung, die sich am Horizont abzeichnet – und auf diese Herausforderung müssen wir uns vorbereiten. Es müssen demzufolge in jedem einzelnen Land breite Bündnisse gebildet werden, Instrumente, die die Mobilisierung der Lohnabhängigen und der Mehrheit des Volkes organisieren und leiten können. So kann vom augenblicklich schwachen Widerstand zur Offensive übergegangen werden. Früher oder später geht es um nichts anderes als die Macht. Um diese zu erlangen, ist es notwendig, ein Programm für eine breite und tiefe Transformation zu entwickeln, die soziale Gerechtigkeit, politische Demokratie und Freiheitsrechte zusammenführen. Jedes einzelne Land wird unter Berücksichtigung der Eigentümlichkeit seiner eigenen Geschichte und Kultur, seines sozio-ökonomischen Gefüges, seinen eigenen Weg einschlagen. Es genügt nicht, dass die Staaten zu ihrer Souveränität zurückkehren. Es bedarf der Volksmacht statt der Macht der Eliten, um die antisozialen Antriebe des Kapitalismus auszubremsen, um den Vorrang des öffentlichen Eigentums in den strategischen Sektoren zu etablieren und die Wirtschaft im Sinne des Gemeinwohls zu lenken.

Nur freie Völker und demokratische, souveräne Nationen können gleichberechtigte Beziehungen der gegenseitigen Solidarität etablieren, gegen jeden Nationalismus und Imperialismus, können eine neue Weltordnung ohne Blockbildung in gegenseitigem Respekt und der Brüderlichkeit aufbauen.

Ein starker Wind kommt auf: Folgen wir seinem Kurs, setzen wie die Segel.


Unterzeichnerinnen und Unterzeichner:


Dänemark:
Ron Ridenour, Autor und pensionierter Journalist

Deutschland
Duisburger Netzwerk gegen Rechts

Jürgen Aust, pensionierter Rechtsanwalt, Vorstandsmitglied Antikapitalistische Linke
Udo K. Bauer, Antikapitalistische Linke, Bremen
Rainer Brunath, pensionierter Chemiker, Hamburg
Georg Gärtner, Diplom-Betriebswirt, Mönchengladbach
Annette Groth, ehemalige Abgeordnete des Bundestages Die Linke, Stuttgart
Inge Höger, ehemalige Abgeordnete des Bundestages Die Linke, Vorsitzende Die Linke NRW, Antikapitalistische Linke (AKL)
Mustafa Ilhan, deutschkurdischer Aktivist, Aachen
Franz Pöschl, Apotheker, Bergisch Gladbach
Stefan Rossi, Aktivist Euroexit, München
Harry Ruderisch, Dipl.-Ing. Bauwesen , Duisburg
Andreas Wisuschil, Anwalt, München
Thomas Zmrzly, gewerkschaftlicher Aktivist im Gesundheitswesen, Duisburg

Frankreich:
Devoir de résistance - La Sociale
Les Insoumis democrats
MS 21
Pardem
RPS FIERS

Denis Collin, Professor, Journalist
Jacques Cotta, Journalist und Autor
Michèle Dessenne, Präsidentin Pardem
Patrice Hemet, Sprecher MS21
Djordje Kuzmanovic, Präsident und Gründer von République souveraine
Jacques Nikonoff, Volkswirt und ehemaliger Vorsitzender von Attac
Patrick Richard, Les Insoumis democrats
Jacque Sapir, Volkswirt


Griechenland:
Paremvasi
EPAM
www.antapocrisis.gr

Lampropoulos Aris, Anwalt, Athen
Nikos Progoulis, Gymnasiallehrer, Athen
Yiannis Rachiotis, Anwalt, Präsident der Hellenischen Union Fortschrittlicher Anwälte, Athen
Maria Tzortzi, Anwältin, Athen
Gerassimos Sklavounos, Autor und Aktivist, Athen


Italien:
Humanistische Partei
Liberiamo L'Italia
MPL-Programma 101
Nuova Direzione
SIAMO
Riscossa Italia

Tiziana Alterio, Journalistin
Thomas Fazi, postkeynesianischer Volkswirt
Carlo Formenti, Buchautor
Diego Fusaro, Philosoph
Alessandro Gallo, Aktivist R2020
Paolo Maddalena, emeritierter Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs)
Leonardo Mazzei, Liberiamo l’Italia
Gianluigi Paragone, Senator der Fünfsternebewegung (aus der Partei ausgeschlossen)
Moreno Pasquinelli, Liberiamo l’Italia
Mauro Scardovelli, Jurist
Alessandro Visalli, Koordinator Nuova Direzione

Norwegen:
Trond Andresen, associate professor in control systems, Norwegian University of Science and Technology, Trondheim

Österreich:
Antiimperialistische Koordination
Personenkomitee Euroexit
Solidarwerkstatt Österreich
Steirische Friedensplattform

Peter Bachmaier, Osteuropahistoriker, Wien
Gernot Bodner, Assistenzprofessor Universität für Bodenkultur
Wolfgang Friedhuber, Aktivist, Graz
Leo Xavier Gabriel, Politologe, Wien
Leo Gabriel senior, Sozialanthropologe, Mitglied im Rat des Weltsozialforums, Wien
Imad Garbaya, Linksoppositioneller aus Tunesien, Wiener Neustadt
Markus Gartner, politischer Autor und Aktivist, Hornstein, Burgenland
Gerhard Hertenberger, Biologe und freier Autor
Manfred Hitmannsberger, Pensionist, Salzburg
Christine Hödl, Palästina-Aktivistin, Graz
Werner Krotz, Autor und Christ, Pressbaum
Wilhelm Langthaler, Autor, Antiimperialistische Koordination, Wien
Boris Lechthaler, Solidarwerkstatt Österreich, Linz
Brigitte Lindner, Sozialwissenschaftlerin, Wien
Werner Murgg, Abgeordneter zum steirischen Landtag, KPÖ
Gerald Oberansmayr, Erwachsenenbildner und Verleger, Solidarwerkstatt, Linz
Thomas Pierer, Krankenhausbediensteter, KPÖ Steiermark
Lotte Podgornik, Filmemacherin in Pension, Wien
Albert F. Reiterer, Sozialwissenschaftler
Waltraud Schauer, Friedensaktivistin, Wien
Konrad Schön, Friedensaktivist, Graz
Helmut Seidl, Tischler, Pöllauberg Steiermark
Maria Seidl, Friedensaktivistin, Pöllauberg Steiermark
Franz Sölkner, ehemaliger Gemeinderat Thal bei Graz
Irina Vana, Soziologin, Wien
Gerhard Weinwurm, Pensionist, Wien

Polen:
Kacper Wittig, Student, Szczecin

Spanien:

Colectivo Prometeo
Coordinadora Salir del euro
Moviment Socialista de Catalunya
Partido Socialista Libre Federación
Socialismo 21

Javier Aguilera, Anwalt
José Aguza Rincón, Sanitäter
Jorge Alcazar, Professor
Jorge Amar Benet, Volkswirt, Global Institute for Sustainable Prosperity, Valencia
Alejandro Andreassi Cieri, Professor (pensioniert) Universitat Autònoma de Barcelona
Juan Balsera, pensionierter Bankangestellter
Antonio Bujalance Cantero, Gewerkschafter im Bildungswesen
Rosa Cañadell Pascual, Professorin und Mitglied XS21
Rafael Carretero Moreno, Professor
Rafael del Castillo Gomáriz, Professor
Maite Cebrian, Kauffrau
Remedios Copa, pensionierte Beschäftigte des Gesundheitswesens
Sergi Cutillas, Volkswirt
Ramón Franquesa, Volkswirt Universidad Barcelona
Carlos García Hernández, Verleger
Asier García Moradillo, arbeitslos, Barakaldo
Ernesto Gómez, ehemailger Vizepräsident der Gewerkschaft CCOO der Hafenarbeiter
Luis Miguel González López, Volkswirt
Eduardo Luque, Journalist
Carlos Martínez, Politologe
José Manuel Martínez Monereo, Arbeiter
José Manuel Mariscal Cifuentes, ehemaliger Senator der Izquierda Unida
Antonio J. Mayor, Volkswirt
Stuart Medina, Volkswirt
Manolo Monereo, ehemaliger Abgeordneter von Unidos-Podemos
José Manuel Montes, Regisseur
Pedro Montes, Volkswirt
Manuel Mulet Romero, Sozialarbeiter
María Dolores Nieto, Feministin
Rafael Pedrera, Techniker
Silvio Peressini Prado, Pensionistin
Emilio Pizocaro, Journalist
Juan Rivera, Professor
Rafael Robles, Pensionist SAS
Luis Rodríguez Cabrera, Schweißer, Palma
Rafael Juan Ruiz, Techniker
Juan Vázquez Sanz, Ingenieur
Diosdado Toledano, Aktivist

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