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Expansive Geldpolitik: Alles nur Geldverschwendung?

Eine Analyse des Monetarismus unter der Berücksichtigung von Chaostheorie, Schmetterlingseffekt und dynamischen Prozessen in Volkswirtschaften.

von M.A. Zechner, 1009151

Universität Wien

(07.07.2012)

1. Einleitung

Speziell in Zeiten der Krise ist die Frage nach der richtigen Geld- und Finanzpolitik ein Streitpunkt vieler Ökonomiebegeisteter und dennoch werden in diesen Diskussionen Standpunkte vergessen, die wesentlich für den Ausgang einer solchen Politik sind. Ich möchte im folgenden Text untersuchen, inwiefern expansive Geldpolitik einer Volkswirtschaft helfen kann indem sie Unternehmen in Krisenzeiten ermöglicht, den technischen Fortschritt auf einem konstanten Niveau zu halten und durch den technischen Fortschritt reales Wirtschaftswachstum entsteht.

Dabei möchte ich zuerst erörtern, welche Möglichkeiten einer Nationalbank zur Verfügung stehen und welche Effekte ihre Politik verursacht.

2. Geldmengensteuerung

Welche Maßnahmen kann eine Nationalbank ergreifen um die Geldmenge in einer Volkswirtschaft zu kontrollieren? Als erstens wären da die Offenmarktgeschäfte zu nennen. Bei Offenmarktgeschäften kauft die Nationalbank Wertanlagen wie z.B. Staatsanleihen oder in früheren Zeiten Gold und emittiert dabei ihr selbst erzeugtes Geld. Offenmarktgeschäfte sind die bevorzugte Variante der Geldemission bei so ziemlich allen Nationalbanken weltweit, da sie ein sehr präzises Mittel zur Geldsteuerung sind. Wenn zuviel Geld in einer Volkswirtschaft vorhanden ist, kann die Nationalbank ihre Anteile an Staatsanleihen, Gold oder sonstigen Anlagen wieder verkaufen und nimmt damit der Volkswirtschaft das Geld, mit dem Ziel die Inflation in einem Währungsraum zu bremsen.

Ein anderes Mittel ist die Bestimmung des Mindestreservesatzes für Banken. Die Nationalbank schreibt Banken direkt vor, wie viel Geld sie hinterlegen müssen, wenn sie eine gewisse Summe an Geld anvertraut bekommen. Dieser Quotient ist in der Regel sehr niedrig und ermöglicht es Banken, weitaus mehr Geld an ihre Kunden zu verleihen, als sie überhaupt haben. Das funktioniert wiederum nur, solange genügend Leute ihr Geld auf der Bank lagern. Angenommen jeder Bankkunde möchte morgen sein Geld von der Bank abheben, wäre die Bank gar nicht in der Lage jedem sein Geld zurückzugeben und wäre innerhalb kürzester Zeit Pleite. Vor diesem Problem steht übrigens gerade Griechenland, wo in den letzten 5 Monaten um die 60 Milliarden Euro von Bankguthaben abgehoben wurden. In Großbritannien war es die Bank Northern Rock, vor der sich, wegen der pessimistischen Stimmung, große Schlangen vor den Schaltern bildeten.

Ein sogenannter Bank-Run ist so gesehen das Schlimmste was einer Bank und einer Volkswirtschaft passieren kann, weshalb auch die Regierung private Einlagen bis 100.000 Euro staatlich absichert.

Die Festlegung des Multiplikators, ein eigentlich sehr mächtiges Instrument der Zentralbank, sollte dabei stets in Abhängigkeit der Wirtschaftslage geschehen. Um die Inflation und die Geldmenge im Zaum zu halten, fordert die Nationalbank in Zeiten guter Konjunktur eine höhere Mindestreserve, indes in Krisenzeiten einen niedrigeren Wert vorgibt, da damit der Volkswirtschaft dezentral Geld zu Verfügung gestellt werden kann und es die Wirtschaft durch billigeres Geld stimuliert.

Interessant in diesem Zusammenhang sind auch die Überlegungen basierend auf der Vorlesung von Professor Gehrig, der sich mit Basel III und den Eigenkapitalregeln für Banken auseinandersetzte, und durch dessen Analyse ich zu der Theorie kam, dass es für Banken und Volkswirtschaften effizienter sei, wenn Banken in Krisenzeiten auf Grund der allgemeinen Unsicherheit mehr Eigenkapital halten, während in Zeiten einer gesunden Konjunktur, weniger Eigenkapital förderlich sei, weil dieses Geld sonst unnötig bei den Banken läge und es nicht investiert wird, obwohl es gebraucht wird und produktiv verwendet werden kann. Durch die vertragliche Rückzahlung des „Mehr“ an Geldes, wird dieses Geld auch wieder dem Wirtschaftskreislauf entzogen und somit kommt es zu keiner Inflation. Doch den idealen Eigenkapitalquotienten für Banken zu finden ist nicht ganz trivial.

Die dritte Möglichkeit wie eine Nationalbank die Zinsen steuern kann, ist über Kredite an die Geschäftsbanken, bei denen die Zinssätze entweder direkt von der Nationalbank bestimmt werden (Zinstender), oder eine gewisse Menge an Geld angeboten wird (Mengentender), und nach einem Bieterverfahren derjenige der den höchsten Zinssatz bietet, den Zuschlag bekommt. Doch diese Kredite sind hauptsächlich ein Privileg und wenn sich eine Bank zu oft Geld von der Nationalbank leiht, kann es erstens sein, dass andere Banken und Investoren dieser Bank nicht mehr trauen und zweitens führt es zu einer direkten Abhängigkeit von der Nationalbank. Deshalb nehmen Banken sogar lieber Kredite untereinander auf, als zur Nationalbank zu gehen, obwohl die Zinsen untereinander höher sind als von der Nationalbank (z.B Libor). So gesehen betrachtet man die Nationalbank als „lender of last ressort“, sprich, wenn man sich von privaten Marktsubjekten kein Geld mehr leihen kann, springt notfalls immer noch die Nationalbank ein und versorgt Banken mit Kapital. Wobei man hier speziell erwähnen sollte, dass exakt dieser Kanal während der letzten zwei Jahre massivst ausgebaut wurde und den Banken in Europa eine fast Billion Euro zur Verfügung gestellt wurde. Im Dezember 2011 waren es fast 500 Milliarden und im zweiten Tender im Februar 2012 nochmal 500 Milliarden zum Zinssatz von einem Prozent.

Diese drei Mittel stehen also einer Nationalbank zur Verfügung, wenn sie die Geldmenge und damit indirekt die Zinsen in einem Land kontrollieren möchte.

Ein größeres Angebot an Geld in einer Volkswirtschaft führt zu niedrigeren Zinsen, was wiederum zu mehr Investitionen führt und die Wirtschaft stimuliert und zu einem höherem Wachstum führt. Die Idee dahinter ist es, das Überangebot der Zentralbank an billigem Geld zu nutzen und in dieser Zeit Kredite aufzunehmen um Investitionen zu tätigen. Für den Schuldner und die Schuldnerin sind niedrige Zinsen immer ein Segen, bedeutet das für ihn doch, dass er weniger Geld zurückzahlen müsste, als bei hohen Zinsen. Hier wird natürlich ein Substitutionseffekt unterstellt, der eine Investition in der Gegenwart günstiger macht als eine Investition in der Zukunft.

Der Inlandskonsum nimmt ebenfalls zu, da durch die höhere Geldmenge das Geld als „Ware“ real weniger wert ist und somit weniger Kaufkraft besitzt. Auch weichen Konsumenten und Konsumentinnen eher von importierten Gütern ab und kaufen inländische Güter was sich wiederum positiv auf die Volkswirtschaft auswirkt.

Weniger Geld sorgt dafür, dass sich das Angebot an Geld verringert und sich somit die Zinsen erhöhen. Dies freut Sparer die Kapital besitzen, heißt das doch, dass ihr Geld mehr Wert ist und sie bessere Zinsen für ihre Einlagen bekommen. Schuldner trifft dies härter, müssen sie doch einen höheren Anteil an Geld zurückzahlen, weshalb sich Wirtschaftssubjekte in Zeiten von hohen Zinsen eher mit Investitionen zurückhalten. Im Laufe der VO gab es unter anderem auch die Argumentation, dass speziell hohe Zinsen eine Scheinsicherheit vortäuschten und gerade deshalb viele risikoreiche Investitionen getätigt werden, doch wäre das Thema einer anderen Arbeit.

3. Transmissionskanäle

Wie geldpolitische Entscheidungen schlussendlich in einer Volkswirtschaft wirken, hängt von den Institutionen, den sogenannten Transmissionskanälen ab. Transmissionskanäle übertragen die wirtschaftlichen Impulse, die von einer Nationalbank ausgehen und haben unterschiedliche Effekte auf unterschiedliche Bereiche, doch über die Präzision eines solchen Impulses lässt sich streiten, denn schlussendlich kann eine Nationalbank nur die Preisentwicklung steuern.

(http://www.oenb.at/de/img/transmissionskanaele_tcm14-174082.jpg)

Selbst wenn der Nationalbank unterschiedliche Methoden zur Geldsteuerung zur Verfügung stehen, verbucht nicht jede ihrer geldpolitischen Steuerung automatisch Erfolg. So unterscheidet die keynesianische Wirtschaftstheorie zwischen zwei Arten, bei denen die Transmissionsmechanismen versagen; die Liquiditätsfalle und die Investitionsfalle. Entscheidend für Wachstum ist, dass die Zinsen sinken und daraufhin die Investitionen steigen. Diese zweistufige Wirkungskette kann jedoch schon beim ersten Glied brechen, wenn das Geld, das die Zentralbank emittiert für überteuerte Wertpapierkurse draufgeht. Die Theorie dahinter besagt, dass in einer Rezession und bei einem bereits vorhandenem Überangebot an Geld eine Übernachfrage nach Wertpapieren herrscht, die Wertpapierkurse also bereits sowieso hoch sind und eine Zentralbank, die nun Offenmarktgeschäfte betreibt, eigentlich nur überteuerte Aktien kauft und der Stimulus somit verpufft, denn die starken Kursanstiege und eine Zinssatzsenkung bleiben hier aus. Ob das auch etwas mit dem gegenwärtigen direktem Leihen der Zentralbank von 500 Milliarden an die europäischen Banken zu tun, wäre ein spannend zu untersuchen.

Wenn der Transmissionsmechanismus auf zweiter Ebene scheitert, spricht man von der Investitionsfalle. Wenn Unternehmen genügend Geld für Investitionen halten, dieses aber auf Grund der allgemeinen Unsicherheit in einer schweren Rezession nicht investieren wollen, bringt ihnen ein sinkender Zinssatz wenig, da sie sowieso nicht zusätzlich investieren wollen. Springen die Investitionen nicht an, so kommt es zu keiner Beschäftigungswirkung und keinem Güternachfrageimpuls. Das lässt natürlich die Effektivität von expansiver Geldpolitik, gerade wenn man sie in Zeiten von heftigen Rezessionen braucht, als zweifelhaft erscheinen, weshalb Keynesianer und Keynesianerinnen eine expansive Finanzpolitik favorisieren, da hier der Staat direkte Nachfrage durch Investitionen erzeugt.

Man nehme nun an ein Nationalbank betreibe eine solche expansive Geldpolitik, da die Wirtschaft in eine Rezession geraten ist und Marktsubjekte sich mit Investitionen aus Vertrauensverlust in eine baldige Stabilisierung, zurückhalten. Um die Wirtschaft anzukurbeln und private Investitionen zu fördern, senkt sie Nationalbank die Zinsen mit einer ihrer drei Möglichkeiten und hofft, dass getrieben vom günstigen Investitionsklima und der drohenden Inflation bzw. Geldentwertung wieder mehr investiert wird.

4. Die Geldillusion

Monetaristen argumentieren nun, dass wenn die Geldmenge, die die Zentralbank zur Verfügung stellt zu groß ist, sprich im Verhältnis zur Produktivität und somit zur Geldnachfrage zu viel Geld in eine Volkswirtschaft geleitet wird, dieses überschüssige Geld zu einer höheren Inflation führt. Sie nehmen an, dass Inflation endogen ist, dass heißt aus der von der Zentralbank zur Verfügung gestellten Geldmenge entsteht und schlussendlich das Problem der Inflation rein auf die Geldmengensteuerung zu begründen ist und deshalb jeder Versuch, die Wirtschaft mit Geldsteuerung zu sanieren langfristig sowieso keinerlei Effekt hat, außer dass es das Preisniveau steigen lässt.

Viel eher schlagen Monetaristen vor, man solle das Zinsniveau ausschließlich an der Produktivität eines Landes anpassen und die Notenbank soll einzig und allein die Geldstabilität im Auge behalten. In Zeiten von Krisen, wäre es ihrer Definition nach klüger, es zu einer Bereinigung des Marktes kommen zu lassen, in der unrentable Firmen die unrentable Investitionen getätigt haben Pleite gehen sollten. Das Arbeitskräftepotential kann dann in anderen Bereichen produktive Arbeit effizienter leisten; doch sei dabei zu berücksichtigen, dass es erstens nicht leicht ist beispielsweise als Entrepreneur wieder ganz von Neuem anzufangen und zweitens gehen bei einem Konkurs in Geld nur schwer messbare Faktoren wie talentierte Mitarbeiter, know-how, die Marke und Firmenkontakte verloren.

Die makroökonomischen Ideen der Monetaristen basieren schlussendlich auf den Überlegung der Mikroökonomie. Im Optimum herrscht ein Zustand bei dem das Güterangebot dem gewinnmaximalen Produktionsniveau aller Firmen entspricht, wo der Grenznutzen einer zusätzlichen Einheit genau den Grenzkosten entspricht. Geld ist dabei nur das reine Tauschmittel um Leistung gegen Güter und umgekehrt zu tauschen und jedwede Erhöhung der Geldmenge durch die Zentralbank führt nur zu einer Erhöhung der Nominallöhne, da die künstliche zusätzliche Nachfrage auf das gewinnmaximale Produktionsniveau stößt und die Firmen deshalb die Preise für Güter erhöhen. Da die Preise für die Güter steigen, steigen nun auch die geforderten Gehälter der Arbeiter und Arbeiterinnen bis sich ihre neuen Löhne, den alten Reallöhnen angepasst haben. Die gesamtwirtschaftliche Nachfragekurve verschiebt sich graphisch nach oben und bei einem neuen Preisniveau herrscht dasselbe Gleichgewicht.

Das rein neoklassische Ergebnis ist, dass eine expansive Geldpolitik sinnlos verpufft, da sich nur das Preisniveau ändert. Auf lange Sicht gesehen, leuchtet dies auch ein, doch all diese Anpassungen der Marktteilnehmer brauchen Zeit. Es herrscht eine Friktion und bis nicht alle Marktteilnehmer von dem zusätzlichen Geldregen wissen, funktioniert die Illusion des zusätzlichen Geldes. Auch wenn es sich dabei nur um einen Zeitraum von wenigen Monaten bis zu einem Jahr handeln sollte, so kann in diesem Bereich für diese Monate eine andere Art Wirtschaftswachstum gefördert bzw. aufrecht erhalten werden, nämlich der technische Fortschritt. Doch später mehr dazu.

Ergänzend nimmt die Neoklassik drei wichtige Annahmen über den Arbeitsmarkt an, unter anderem, dass die Nominallöhne flexibel sind, was sie in der Realität kaum sind, dass das Arbeitsangebot der Arbeitnehmer frei wählbar ist und ganz wichtig, dass der Substitutionseffekt den Einkommenseffekt dominiert, sprich, wenn man weniger verdient, man auch weniger arbeiten geht, da Freizeit „billiger“ wurde.

Um die Geldstabilität notfalls aufrecht zu erhalten, wird der Zinssatz des Geldes gerade so hoch gehalten, wie es dem Wachstum der Produktivität gerecht wird. Doch können sich nun Firmen wichtige Investitionen speziell in Krisenzeiten nicht mehr leisten und sie werden eventuell weniger Leute einstellen, die Kaufkraft der arbeitenden Bevölkerung sinkt, die Arbeitslosigkeit steigt, da in Krisenzeiten nur wenige Firmen Menschen neu einstellen, das Lohnniveau sinkt ebenfalls und das setzt sich solange fort, bis sich die Wirtschaft wieder ihrem „natürlichem“ Gleichgewicht ankommt, in der es für Firmen wieder rentabel ist, Arbeiter einzustellen, weil sie geringere Reallöhne verlangen. Monetaristen ist dieses Gleichgewicht heilig und sie haben in dem Sinne Recht, dass ein Überangebot an Geld langfristig zu Inflation führt. Doch speziell in der kurzfristigen Zeit der Geldillusion, bei der sich die Lohn-Preis-Spirale in Gang setzt, entstehen täglich unglaublich viele Möglichkeiten des technischen Fortschritts, dem wahren Auslöser für Wirtschaftswachstum.

5. Kleine Ursache, große Wirkung

Um zum Kern meiner Überlegung zu gelangen, möchte ich zuvor noch eine traditionelle afrikanische Überlieferung anbringen, die ich vor langer Zeit im Radio gehört habe.

Dabei grasten die Wildtiere der Savanne in der Nähe eines gemächlich fließenden Flusses, mit Palmen, Gras und ausreichend Platz für alle Wildtiere. Ein Affe saß auf einer dieser Palmen und machte sich gerade daran, deren Kokosnüsse zu ernten als er plötzlich aus lauter Unvorsichtigkeit von einer Wespe gestochen wird. Der Affe schrie schmerzerfüllt so laut auf, dass seine Artgenossen völlig panisch reagierten und einer der anderen Affen im Tumult eine Kokosnuss zu Boden fallen ließ, wo ausgerechnet unter der Palme der Löwe Wasser trank. Der Löwe, getroffen von der Kokosnuss heulte auf und sein tobendes Brüllen erschrak die umliegende Herde an Zebras, die panisch in die Herde der Büffel rannte und dort in einer noch größeren Herde weiteres Erschrecken auslöste. So galoppierten die Büffel, die anderen Wildtiere vor sich hertreibend, direkt auf ein kleines Dorf zu und in ihrer Panik zertrampelten sie das halbe Dorf.

Der Kern der Geschichte soll darstellen, wie kleine Dinge große Auswirkungen haben können, wenn die Strukturen für einen solchen Prozess vorhanden sind. So kann beispielsweise ein kleiner Stich einer Wespe ein ganzes Dorf zerstören. Erstmals wissenschaftlich dokumentiert wurde diese Art der dynamischen Prozesse von dem Amerikaner Edward Lorenz, der sich mit Wettersimulationen beschäftigte und die kleinsten Änderungen seiner Zahlen in einer Simulation massive Effekte auf das Wetter in anderen Teilen der Welt hatte.

6. Schmetterlingseffekt in Unternehmertum

Ich persönlich, großer Anhänger der Chaostheorie, die auf den Ideen des englischen Mathematikers Alan Turings basiert, bin der Meinung, dass der Schmetterlingseffekt, der beschreibt wie kleinste Veränderungen über eine lange Wirkungskette und über viele Institutionen große Tragweite erzielen, stärker in die Überlegungen der Ökonomie miteinbezogen werden sollte. Chaostheorie hilft uns das zeitliche Verhalten von Systemen, sprich dessen Dynamik zu beschreiben, wenn diese Dynamik zwar kausal ist, aber auf Grund ihrer Komplexität einfach nicht beschreibbar ist. In den Wirtschaftswissenschaften steht uns eine Vielzahl an Zahlen und Daten zur Verfügung und je mehr Daten über die Jahre gesammelt wurden, desto eher lassen sich Trends herauslesen und deren Auswirkungen abschätzen. Chaostheorie bedeutet nun nicht, dass Vorgänge chaotisch sind, sondern wurde dieser Begriff von Mathematikern gewählt, um zu beschreiben, dass eine kleinste Änderung einer Anfangsbedingung eine riesige Änderung in der Zukunft bedeutet.

Doch was tangiert die Chaostheorie eine expansive Geldpolitik in einer Volkswirtschaft? Die Verbindung geschieht über Forschung und Entwicklung und deren direkte Auswirkung auf den technischen Fortschritt. Indem ich die Ausgangssituation Forschung und Entwicklung staatlich fördere bzw. aufrecht erhalte, kann eine positive Änderung des Anfangssystem in einigen Jahren einen großen Nutzen für die Bevölkerung haben. Interessant dabei ist, dass man, obwohl man die Schritte mathematisch beschreiben kann, nicht exakt vorhersehen kann, was in der Zukunft geschieht. Ich bin zwar der Meinung, dass sich Trends bestimmen lassen, zum Beispiel die kurzfristigen Effekte einer expansiven Geldpolitik auf die aggregierte Nachfrage, aber die exakte Zukunft in 3-4 Jahren kann niemand vorhersagen. Selbst einem Meteorologen ist es unmöglich, dass Wetter für den nächsten Monat vorherzusagen, obwohl das Wetter den exakten und klar definierten Regeln der Physik untersteht. Und ähnlich wie Moleküle in der Atmosphäre sich gegenseitig beeinflussen, beeinflussen stark vernetzte Marktsubjekte sich gegenseitig und irgendwann entsteht ein dynamischer Prozess, den man nicht hätte vorhersagen hat können. Doch der Mensch ist in der Lage die Zukunft dadurch zu beeinflussen, dass er gewisse Trends stärker fördert als andere und es damit wahrscheinlicher macht, dass dieser Bereich sich entwickelt. Und die größte Triebfeder um solche Prozesse zu stärken, ist nun einmal Kapital. In den 60er und 70er Jahren gingen die klügsten Ingenieure und Mathematiker zur NASA, weil dort erstens viel Geld floss und zweitens die Reputation sehr hoch war. Heutzutage werden Mathematiker mit Geld zur Wall Street gelockt, damit sie dort immer ausgeklügelter Verfahren für den automatisierten Handel entwickeln. Der Nutzen für die gesamte Menschheit, der durch die Raumfahrt entstand, hätte wohl niemand vorhersehen können (GPS, Hubble, Satellitentechnik, etc), während der Nutzen vom automatisierten Handel eher wenigen zufällt. Aber die Idee sollte klar sein. Wer Geld für Forschung und Entwicklung zur Verfügung stellt, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass geniale Erfindungen zur Wohlfahrtsförderung entstehen. Die Firma Google benutzt diese Idee als Geschäftsmodell. Sie holen sich die klügsten Köpfe der Industrie und profitieren von deren Kreativität. Und auch wenn von 100 Ideen vielleicht nur eine brauchbar ist, kann man auf dieser Idee immer weiter aufbauen und am Ende entsteht etwas, was die ganze Welt verändert und eine Nutzenerhöhung für alle ergibt. Die Förderung der Anfangsbedingung Innovation erschuf Wirtschaftswachstum und veränderte die gesamte Welt und auf diesen Ideen aufbauend, wird sich wahrscheinlich noch mehr ändern, da es Lerneffekte von anderen Marktsubjekten gibt, die inspiriert werden und dadurch neue Innovation entsteht. Das meine ich mit Schmetterlingseffekt in der Wirtschaft, wobei natürlich speziell dem IT-Sektor dem physisch kaum Grenzen gesetzt sind.

Dezentrale Unternehmer wissen am ehesten, welche innovativen Bereiche, wobei ich hier speziell mit der Produktion an nachhaltigen Gütern sympathisiere, gefördert werden sollen. Die Notenbank hilft lediglich dabei, diese Innovation in Krisenzeiten mit Unterstützung aufrecht zu erhalten und in diesem wichtigem Bereich nicht zu sparen.

Wie bereits oben kurz erwähnt, glaube ich, dass speziell expansive Geldpolitik Unternehmen in Krisenzeiten helfen kann, weiterhin Geld für Investitionen aufzunehmen und durch dieses billigere Geld, ein Konkurs vermieden werden kann und dadurch die Forschung und Entwicklung innerhalb dieses Unternehmens weiterhin bestehen kann und langfristig durch die technische Weiterentwicklung von Prozessen oder Gütern, Innovation und somit reales Wirtschaftswachstum entsteht.

Ähnlich wie wenn ein großer Wissenschaftler stirbt, betrachte ich eine Firma als eine juristische Person die „stirbt“ und dann all ihr Wissen, ihre Firmenkontakte, ihr know-how, ihre Reputation und viele weitere nonmonetäre Güter zum größten Teil einfach verloren gehen.

7. Mögliche Beispiele

Expansive Geldpolitik hilft nun, dass Unternehmen, die in der kurzen Frist in die Bredouille geraten, Zeit bekommen sich anzupassen und im Idealfall ihre Innovation aufrecht zu erhalten und dadurch neue Güter entstehen, die eine neuerliche Nachfrage erzeugen.

Beispielsweise als 2009 General Motors in den USA durch den Staat direkt, also durch eine finanzpolitische Entscheidung, vor dem Konkurs gerettet wurde, gab es einen großen Sturm der Entrüstung und viele vertraten die Meinung, dass man die Firma auf keinen Fall retten hätte dürfen. Doch ist GM mittlerweile wieder ein rentables Unternehmen und deren technische Weiterentwicklung stand in den letzten Jahren nicht still, was der Chevrolet Volt, der genaugenommen von Opel entwickelt wurde, widerspiegelt. Durch die Entwicklung eines cleveren Nischenproduktes entsteht nun zusätzliche Nachfrage und das BIP steigt real.

Im kleinen Maßstab kann man sich ein Unternehmen (eventuell ein Software-Unternehmen) vorstellen, das durch die künstliche zusätzliche aggregierte Nachfrage einen Lehrling mehr einstellt und diesem Lehrling während dem Arbeiten an einer Maschine auffällt, dass ein Prozess unnötig ist und man sich Kosten sparen könnte, würde man ein anderes Verfahren anwenden. Durch die Gedanken des Lehrlings entstand technischer Fortschritt, spart sich doch die Firma Kosten durch diese Neuentwicklung und wurde somit wettbewerbsfähiger. Doch wurde der Lehrling nur eingestellt, weil Kredite günstiger wurden und sich eine Investition in den Ausbau durch die künstliche Mehrnachfrage am Markt lohnte.

Man muss man eingestehen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass irgendein Unternehmen oder deren Angestellte plötzlich die Erleuchtung findet, gering ist. Doch je breiter die finanzielle Unterstützung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Innovation entsteht, weil mehr Personen betroffen sind und somit mehr potentielle Ideen existieren. Innerhalb der Eurozone arbeiten täglich hunderte Millionen Menschen und die Wahrscheinlichkeit, dass von ein paar hundert Millionen Menschen, über einen Zeitraum von einem Jahr ein paar tausend Leute wirklich zündende Ideen haben und diese Ideen bei ihrer Arbeit umsetzen, ist sehr hoch. Je stärker die Volkswirtschaft auf Innovation basiert, desto eher lässt sich dieser Effekt beobachten. Sofern die Strukturen für eine gesunde Volkswirtschaft vorhanden sind, kann die Aufrechterhaltung der Innovation der Schlüssel aus der Krise sein und um Innovation aufrecht zu erhalten, ist ein Mittel wie eine expansive Geldpolitik gerechtfertigt. Dabei wäre speziell Japan ein interessantes Beispiel das man untersuchen könnte.

Ein weiteres Szenario könnte eine Ein-Personen-Firma, vielleicht ein Grafikgestaltungs-Büro, sein, die eine durch billigeres Geld induzierte Investition tätigt und deshalb einen Praktikanten oder eine Praktikantin einstellt. Der Neuankömmling identifiziert sich sehr schnell mit der Arbeit und freundet sich mit dem Chef oder der Chefin an. Durch gemeinsamen Gespräche finden beide Lösungen, die weit fortgeschrittener und kreativer sind, als was sie alleine zu Stande gebracht hätten. Ihre Firma boomt und sie zahlen auf Grund höherer Gewinne mehr Steuern und das BIP steigt.

Open-Source-Software basiert auf demselben Prinzip und erzeugt allein durch die Kreativität ihre vernetzten Gemeinde Güter und Lösungen, die das Wirtschaftswachstum fördern. Alles was es braucht sind die richtigen Institutionen bzw. Möglichkeit etwas zu schaffen und mit anderen Menschen zu kommunizieren.

Ich selber kenne eine befreundete Person bei der genau dies vor 4 Jahren zutraf und durch die Anstellung seines Freundes und Buchhalters, die Firma endlich Gewinne abwarf. Die Arbeit des Buchhalters ist dabei nur schwer zu messen, liegt doch fast die Hälfte davon im Austausch von Ideen und den Beziehungen zwischen anderen. Doch gab es diese Firma nur, weil in der Industrie künstliche Nachfrage erzeugt wurde und deshalb erst diese Anstellung möglich wurde.

Auch bin ich zweifelnd, ob eine Behörde wie die NASA jemals hätte so groß werden können, hätte nicht die US-Regierung großzügig Projekte gesponsert. Viele alltägliche Dinge, die wir der Raumfahrt zu verdanken haben, wären wohl noch immer nicht erfunden und unser Wissen für die Welt wäre weit eingeschränkter. Der Nutzen für die gesamte Menschheit ist gewaltig und auch die Industrie profitiert stark von der Forschung der NASA. Ob es privaten Unternehmen irgendwann auch gelungen wäre mit demselben Geld ähnliche Leistungen zu erbringen, glaube ich persönlich nicht, basieren doch viele Projekte auf rein ideologischen Motiven und Eitelkeit zwischen zwei Ländern und niemand hätte vor 60 Jahren ernsthaft eine Kostenanalyse für solche Projekte durchgerechnet. Der Staat musste hier die Pionierarbeit leisten und einen Grundstock an Wissen und Innovation liefern, auf dem man aufbauen kann.

Doch ist es im Nachhinein immer schwierig zu sagen, ob ein Prozess nur stattfand, weil jemand im richtigen Moment Geld bekam bzw. gefördert wurde, oder ob dieser Ausgang nicht anderweitig zustande hätte kommen können. Ob es jemals solch eine breite Entwicklung an Smartphone gegeben hätte, wenn die künstliche Nachfrage in den USA während der Zeiten der Immobilienblase nicht existiert hätte, ist fraglich. Welche Faktoren sind maßgeblich für den technischen Fortschritt? Um das herauszufinden, müsste man noch mehr in diesem Bereich forschen, doch glaube ich, dass der technische Fortschritt von den Faktoren Bildung, der aggregierten Güternachfrage und der Anzahl der beschäftigten Bevölkerung abhängt, da mehr Personen, eine höhere Wahrscheinlichkeit implizieren, Ideen zu haben.

Wie gesagt, lässt sich der Ursprung eines Prozesses im Nachhinein nur schwer nachweisen und man kann nur kaum feststellen, welche kausalen Zusammenhänge zu der Situation im Jetzt geführt haben. Außerdem macht die Theorie natürlich nur Sinn, wenn man Angestellten gewisse Wissenseigenschaften und Lerneffekte unterstellt, die in der realen Welt aber eigentlich vorhanden sind. Denn nur so kann man behaupten, dass ein konstruktiver Mensch oder eine Firma sich in einer Krise anpasst und Neues erschaffen kann.

Hätten japanischen Unternehmen in den letzten 20 Jahren auch ohne der massiven Niedrigzinspolitik der Notenbank so innovativ sein können und Dinge wie einen Hybrid-Motor, LEDs oder eine Playstation 3 hervorgebracht? Hätte deren Medizintechnik auch dann solch große Erfindungen gemacht, wenn die künstliche Geldspritze nicht bestünde? Oder wäre es theoretisch klüger gewesen, Firmen in Konkurs gehen zu lassen und zu hoffen, dass sich am besten ohne Eingriff in das Marktgeschehen ein Gleichgewicht entwickelt und die unsichtbare Hand des Marktes alleinig für Wohlstand sorgt? Leider kann man keine Experimente mit Volkswirtschaften durchfuhren, doch lässt sich über ein solches Geschehen durchaus nachdenken.

8. Unternehmerische Innovation gefördert durch staatliche Vorgaben

Interessant ist auch, dass der Gesetzgeber alljährlich neue Vorschriften und Normen für Unternehmen vorgibt und sie dadurch zwingt, Geld in die technische Weiterentwicklung zu stecken und somit der Staat auf eine besondere Art auch das Wirtschaftswachstum hochtreibt. Vielleicht ist diese Kombination aus gesetzlich vorgegebener Innovation und expansiver Geldpolitik eine neue Art über Volkswirtschaften nachzudenken. Der Staat fordert und fördert Innovation mit dem Ziel, das Wirtschaftswachstum durch technischen Fortschritt wachsen zu lassen. Herauszufinden in welchen Bereichen diese Art der Wirtschaftspolitik etwas bringen könnte, wird durch die Dezentralität der Marktsubjekte bestimmt, die am ehesten die Informationen darüber haben, welche Bereiche gefördert gehören. Und müsste man auch an dieser Stelle weiter differenzieren und bestimmen, welcher Nutzen für die Gesellschaft bestünde u.a. Investition in Bildung etc.

Die Grundidee besteht jedenfalls: In Krisenzeiten wird die Nachfrage künstlich durch den Staat oder die Nationalbank erhalten, dabei „produzieren“ Firmen über einen gewissen Zeitraum technischen Fortschritt und wodurch reales Wirtschaftswachstum in der Zukunft entsteht.

9. Quellen

(http://www.oenb.at/de/img/transmissionskanaele_tcm14-174082.jpg)

(Folien Ph.D. M. Merz aus Vorlesung, 27. März 2012)

(MANIAS, PANICS, AND CRASHES; Charles Kindleberger, Allan and Urwin, 1984)

(A modern guide to macroeconomics, Snowden, Vany, Wynarczyk, 1994, E. Elgar Pub)

(Effektive Nachfrage, Einkommensverteilung und Inflation, Engelbert Stockhammer, Becker et al. 2009)

(Review of Political Economy, Volume 15, Number 3, July, 2003; GIUSEPPE FONTANA, Post Keynesian Approaches to Endogenous Money: a time framework explanation)

(Haushaltskonsolidierung und das Europäische Sozialmodell; ARNE HEISE UND HANNA LIERSE, März 2011, Friedrich Ebert Forschung)

(Ungleichgewichte im Euro-Raum; Stefan Ederer; WiFo 2010)

(BIS 82nd Annual Report, IV. The limits of monetary policy; 2011)

(Volkswirtschaftslehre; Prof. Dr. Bernd Woeckener, Springer, 2010)

(http://www.youtube.com/watch?v=xxFDqRLPQJs, Quarks & Co mit Ranga Yogeshwar, 2002)

(http://www.youtube.com/watch?v=HKQQAv5svkk, Carl Sagan, Stephen Hawking and Arthur C. Clarke - God, The Universe and Everything Else, 1988)

(The Secret Life of Chaos, BBC, Professor Jim Al-Khalili , 2010)

(http://derstandard.at/1336698144419/An-Firmen-Abschied-von-der-legeren-Kreditvergabe)

(http://wirtschaftswissenschaften.univie.ac.at/archivliste-presse/single-presse/article/dienstag-29-mai-2012-finanzmartktregulierung-und-bankenaufsicht/?tx_ttnews[backPid]=87435&cHash=8728804f59995096d19e7fc598ccce0e)