Antrag PIRATEN-KPT

Bonn, 2012-09-15

Antrag

Umstände der Abschiebung eines Flüchtlings trotz einstweiliger Anordnung

Antragstext

Die Mitgliederversammlung möge beschließen:

Die Piratenpartei Bonn setzt sich für eine umfassende Aufklärung der Umstände ein, die zur Abschiebung eines afghanischen Flüchtlings trotz hiergegen ergangener einstweiliger Verfügung führten. Dies soll möglichst gemeinsam mit den Kreisverbänden der Umgebung geschehen.

Begründung

Was geschehen ist

Der 21-jährige Aziz L. war Anfang des Jahres vor dem Krieg in Afghanistan über Umwege nach Hamburg geflohen, hatte einen Asylantrag gestellt und wurde von der Ausländerbehörde wegen der »Gefahr des Untertauchens« mit richterlicher Duldung in Abschiebehaft gesteckt. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, die Abschiebung nach Italien sollte gleich am nächsten Tag erfolgen. Seinem Rechtsanwalt gelang es, die Anordnung im Eilverfahren aussetzen zu lassen.

Nach Recherchen der Neuen Westfälischen ist er am 21. 8. am Flughafen Köln/Bonn um 12.04 Uhr – und damit nach der Entscheidung des Verwaltungsgericht in Oldenburg, dass er vorerst in Deutschland bleiben durfte – abgeschoben worden.

Laut einem internen Vermerk war die Bundespolizei zuvor von den Ausländerbehörden telefonisch über den Gerichtsbeschluss unterrichtet worden, bestand aber auf einem Fax, das erst um 12.05 Uhr, also »eine Minute zu spät« eingegangen ist.

Dem Anwalt zufolge hatten die Richter Bedenken gegen eine Abschiebung nach Italien gehabt weil die Bedingungen der dort ankommenden Flüchtlinge so katastrophal sind, dass viele Gerichte mittlerweile Abschiebungen nach Italien aussetzten.

Warum sich die hiesigen PIRATEN-Kreisverbände äußern sollten

Da die Abschiebung vom Flughafen Köln/Bonn „Konrad Adenauer“ erfolgte, der „Tatort“ also direkt vor der Haustür liegt, erscheint es naheliegend, dass sich vor allem die hiesigen Kreisverbände mit dem Vorgang auseinandersetzen, der mehrere Piratenthemen betrifft.

  1. Da ist zunächst einmal die Transparenz des Staatswesens. Konkret ist hier zu fragen, inwieweit die Abschiebung auf eine schlechte Kommunikation zwischen Rechtsprechung und ausführende Gewalt zurückuführen ist und wie weit sie der Unwilligkeit der der Bundespolizei geschuldet ist, die Abschiebung in letzter Sekunde abzublasen.
  2. Wir fordern das Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe für alle Menschen. Das muss auch für Menschen gelten, die sich als Flüchtlinge in unserem Land aufhalten. Ein willkürlicher, einer Gerichtsentscheidung eklatant widersprechender Umgang der Bundespolizei mit einem solchen Flüchtling kann man mit diesem Recht kaum vereinbaren.
  3. Wir setzen uns dafür ein, Zuflucht vor Verfolgung und Krieg sicherzustellen. Im Parteiprogramm steht ausdrücklich: »Zuflucht zu gewähren vor politischer Verfolgung und den Folgen von Krieg und Bürgerkrieg gehört zu den elementaren Verpflichtungen des Völkerrechts. Diese Pflicht ist eine europäische Gemeinschaftsaufgabe. Dem widerspricht es, wenn europäische Staaten – darunter auch die Bundesrepublik Deutschland – sich dieser Aufgabe zu entziehen versuchen. Menschen, die in Europa Zuflucht suchen, haben das Recht auf ein menschenwürdiges Leben, auf Bewegungsfreiheit und die Teilhabe an der Arbeitswelt, an Bildung und Kultur. Das gilt bereits, wenn die Gründe der Flucht noch nicht anerkannt sind. Es gilt auch, wenn eine Rückkehr in das Herkunftsland nicht möglich ist.«

Was noch dafür spricht, bei diesem Thema Stellung zu beziehen

Bonn ist eine UN-Stadt, wir als Bonner Kreisverband sollten uns daher als in besonderer Weise der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verpflichtet sehen, speziell

Der so genannte »Asylrechtskompromiss«, der ganz wesentlich zur aktuellen unmenschlichen Behandlung der Asylsuchenden geführt hat, wurde beschlossen als Bonn Hauptstadt war. Es wäre daher wünschenswert, wenn sich Bonner dabei hervortun, auf die negativen Folgen der Entscheidung hinzuweisen und aktiv an ihrer Behebung mitwirken.