Kurz Notiert – 1989 |
Brennpunkt:
Der Zusammenbruch der sozialistischen Staatengemeinschaft und die Ereignisse im Vorfeld werden zum beherrschenden Thema. Einzelheiten dazu finden Sie nach der allgemeinen Betrachtung zum Jahr 1989
🡪 Das Ende der sozialistischen Staatengemeinschaft
Das Ende der DDR, die Chronik des Zerfalls (s. Ausführungen „Ende der 80er Jahre“)
Ausgesuchte Ereignisse:
29. 01. - BRD: Rechtsradikale Republikaner ziehen (in Berlin) erstmals ins Parlament ein
03. 02. - Paraguay: Militärputsch beendet 35-jährige Diktatur und eröffnet einen demokratischen Kurs
14. 02. - Iran: Chomeini ruft zur Tötung des Schriftstellers Salman Rushdie („Satanische Verse“) auf
15. 02. - Afghanistan: sowjetischer Truppenabzug wird abgeschlossen
12. 03. - Österreich: die rechtsgerichtete FPÖ (Jörg Haider) gewinnt mehrere Landtagswahlen
05. 04. - Polen: Solidarnosc wird wieder zugelassen, eröffnet Dialog zwischen Regierung und Opposition
02. 05. - Ungarn: Abbau seiner Grenzsperren zu Österreich
04. 06. - China: ein Militäreinsatz beendet blutig, die seit April anhaltende Protestbewegung von Studenten
auf dem „Platz des Himmlischen Friedens" in Peking; zugleich wird der Reformkurs der Regierung
gestoppt, um weitere Unruhen zu vermeiden; der Militäreinsatz forderte etwa 3.000 Opfer
04. 06. - Iran: Ayatollah Chomeini stirbt, wodurch sich der fundamentalistische Kurs änderte
04. 06. - Polen: erster nicht kommunistischer Ministerpräsident T. Mazowiecki wird gewählt, aber General
Jaruzelski bleibt Staatspräsident und sichert somit den Führungsanspruch der kommunistischen Partei
12. 06. - BRD: Staatsbesuch von Michail Gorbatschow (UdSSR), erregt SED-Regierung in der DDR
14. 08. - Südafrika: Machtkampf zu Gunsten de Klerks und er beendet die Apartheidpolitik von Botha
19. 08. - DDR: Exodus beginnt mit der Flucht von 700 DDR-Bürgern über die ungarische Grenze
04. 09. - DDR: erste Montagsdemonstration in Leipzig, mit hoher Beteiligung
30. 09. - Tschechien: DDR-Flüchtlinge in der BRD-Botschaft in Prag dürfen in die BRD ausreisen
07. 10. - DDR: Ausschreitungen am Rande des Nationalfeiertages zwingt die SED zum Kurswechsel, worauf
Erich Honecker zurücktritt und Egon Krenz Nachfolger wird (personeller Austausch)
23. 10. - Ungarn: Ausrufung der Republik, wodurch freie demokratische Wahlen möglich wurden
09. 10. - DDR: Unerwartete Öffnung der Berliner Mauer (Grenze)
10. 11. - Bulgarien: Sturz des Regimes von Todor Schiwkow
27. 11. - BRD: Kanzler Helmut Kohl legt 10-Punkte-Programm für eine Wiedervereinigung vor
03. 12. - DDR: Egon Krenz tritt zurück und Hans Modrow (SED) leitet die Übergangsregierung
14. 12. - Chile: Ende der Diktatur Pinochets, durch erste freie Wahlen; Patricio Aylwin wird Präsident
20. 12. - Panama: Invasion der US-Truppen, um Manuel Noriega zu stürzen, der nicht mehr die Interessen
der USA unterstützte, diktatorisch regierte und den Panamakanal (US-Option) verstaatlichen wollte
25. 12. - Rumänien: blutiger Aufstand gegen das Nicolae Ceausescu Regime
29. 12. - Tschechoslowakei: Reformer Vaclav Havel wird neuer Präsident
Sonstiges:
Erster langer Donnerstag in der BRD (verlängerte Ladenöffnungszeit) - - - ab 31. Dezember stellt die BRD
das Begrüßungsgeld für DDR-Bürger ein - - - Japan bringt die Handspielkonsole Game Boy auf den Markt
- - - 4.400 Jahre alte Mumie wird in der Cheops-Pyramide (Ägypten) gefunden - - - die erste Loveparade (Techno Party) in Berlin - - - in New York (USA) wird David Dinkins erster afroamerikanischer Bürger-
meister einer Großstadt - - - ein geomagnetischer Sturm legt die Stromversorgung in der kanadischen
Provinz Quebec lahm - - - vor Alaskas sinkt der Großtanker Exxon Valdez und verursacht eine schwere Ölpest, zahlreiche Tiere sterben - - - eine undichten Erdgaspipeline bei Ufa (Sowjetunion) führt zur Explosion der sich bildenden Gaswolke, als zwei voll besetzte Züge die Stelle passieren; 575 Tote und 623 Verletzten - - -
in Sheffield (Großbritannien) bricht beim FA-Cup- Spiel Nottingham Forest gegen FC Liverpool eine Panik
aus; 96 Menschen sterben und 730 werden verletzt - - - ein Erdbeben bei San Francisco (USA) fordert 62
Menschenleben - - - wegen eines Kommunikationsfehlers beim Landeanflug, zerschellt eine Boeing 707
auf den Azoren (Portugal) an einem Berg - - - ein niederländisches Flugzeug stürzt bei dichtem Nebel in den Dschungel von Paramaribo (Suriname), 168 Personen sterben, aber 15 Personen überleben - - - bulgarischer Schlepper kollidiert auf der Donau, bei Galati, bei schlechter Sicht mit einem rumänischen Fahrgastschiff;
207 Menschen sterben
Sport 1989
- Fußballmeister BRD: 1. FC Bayern München 2. 1.FC Köln 3. Werder Bremen
- Fußballmeister DDR: 1. Dynamo Dresden 2. BFC Dynamo (Berlin) 3. FC Karl Marx Stadt
- Pokalsieger der BRD: Borussia Dortmund // Pokalsieger der DDR: BFC Dynamo
- Europapokal der Landesmeister: AC Mailand – Steaua Bukarest 4:0; in der ersten Runde trifft der BFC
Dynamo auf Werder Bremen gewinnt 3:0, verliert aber im Rückspiel 0:5, Bremen wird dann im ¼ Finale
von AC Mailand gestoppt;
- Europapokal der Pokalsieger: FC Barcelona – Sampdoria Genua 2:0;
- UEFA-Cup: SSC Neapel – VfB Stuttgart 2:1; 3:3; im ½ Finale unterlag Dynamo Dresden dem VfB Stuttgart
(1:1; 0:1) und Bayern München dem SSC Neapel (2:2; 0:2)
- Bei der 3. Fußball-EM der Frauen in Deutschland holte der Gastgeber der Titel; BRD besiegte im Finale
Norwegen 4:1; EM mit vier Teams, außer den Finalisten noch Schweden und Italien
- Tennis: beim Wimbledon Championship gewinnen in sensationell kurzer Spielzeit Steffi Graf und Boris
Becker ihre jeweiligen Einzelwettbewerbe; Deutschland (B. Becker, C.U. Steeb) gewinnt erneut Davis Cup
- Formel-1- Rennsport: Alain Prost wird zum 3. Mal WM, Teamkollege Ayrton Senna wurde disqualifiziert
- Boxen: Mike Tyson verteidigt seinen WM-Titel im Schwergewicht
Kultur 1989
Gefasst wurde Edgar Mrugalla der 19 Jahre lang 2369 Meisterwerke der Malerei gefälscht hatte - - - komische Oper „Der heiße Ofen“ von Hans Werner Henze - - - Verfilmung des Horrorstücks „Phantom der Oper“ von Gaston Leroux - - - 3. Teil der Fantasy-Saga „Eragon“, „Die Weisheit des Feuers“ - von Christopher Paolini erscheint - - - Roman „Der Turm“, von Uwe Tellkamp - - - Buch „Das Gesicht des Krieges“ von John Keegun
- - - Tagebuch „Die Zunge zeigen“ von Günter Grass - - -
Fernsehen 1989
- Pro 7 startet als dritter TV-Privatsender der Bundesrepublik, mit zunächst 9 Stundenprogramm; und im
Rahmen der EG wird der Spartensender Eurosport gegründet, der zunächst nur in englischer Sprache
ausgestrahlt wird und zunächst nur über eine Satelliten-Schüssel zu empfangen war
- Im ZDF startet erfolgreich die 51-teilige Serie „Mit Leib und Seele“, mit Günter Strack als Pfarrer Kempfert
- Ebenso beliebt wird das Intriganten-Spiel „Rivalen der Rennbahn“ rund um den Pferdesport, mit einer
namhaften Besetzung (u.a. Thomas Fritsch, Jutta Speidel, Ilse Werner, Hans Clarin, Margot Hielscher) und der
Musik von Dieter Bohlen.
- Am 10. 01. läuft die letzte Folge vom heiteren Berufe-Raten „Was bin ich?“ (kam 1955 ins Programm, wurde
kurzzeitig ausgesetzt und wurde 1961 zeitlich auf 30 min. reduziert von der ARD gesendet = 337 Folgen).
Der Moderator Robert Lembke verstarb kurz darauf (14. 01.)
- Die ARD sendet die absurde Comedy-Reihe „Total-Normal“ mit Hape Kerkeling und Achim Hagemann mit
überdrehten Spielen, Sketchen und Parodien; wird sehr schnell zur beliebten Sendung bei den Jugendlichen
- die provokative RTL Interviewshow „Explosiv - Der Heiße Stuhl“, wird stark kritisiert, da der Moderator
Ulrich Meyer absichtlich seine Gäste provoziert. Die Show ist darauf angelegt, dem Gast zu unbedachten
Äußerungen zu reizen, um Aussagen mit skandalösen Potenzial zu erreichen
- ungewöhnlich erfolgreich wird in der ARD die 14-teilige Dokumentationsserie „Tagebuch einer Gänsemutter“
- DDR: Nach dem erfolgreichen Jugendradio DT64 richtet das Fernsehen am 01. 09. das Jugend-TV-Magazin
Elf 99 ein und gestattet den Moderatoren kritische Bemerkungen. Inspiriert davon wagen sich die Moderatoren
immer offener an heikle staatskritische Themen heran.
- die politische Agitations-Sendung „Der Schwarze Kanal“ wird vom DFF eingestellt
- die 75. Ausgabe der DDR-Schlagersendung „Bong“ wird zum Galaabend umgestaltet
- die 100. Unterhaltungssendung vom „Kessel Buntes“ darf Helga Hahnemann moderieren, mit ungewohnten
Freiheiten ohne jegliche Zensur
Kino 1989
- Film- Oscar für „Rain Man“, wird zur zentralen Fantasy-Figur, in einem Beziehungsdrama Drama zwischen
zwei unterschiedlichen Brüdern; Dustin Hoffman, als Autist und Tom Cruise, als erfolgsverwöhnter Bruder;
die sich notgedrungen auf einer gemeinsamen Autofahrt kennenlernen und sich schätzen lernen
- “Ein Fisch namens Wanda“, Komödie um vier Juwelendiebe, die sich in haarsträubende Situationen
verwickeln und um die Liebe von Wanda buhlen
- Auch der 3. Otto Waalkes Film „Otto – der Außerfriesische“ wird zum Kinohit
- weitere deutsche Filme: „Herbstmilch“ ein autobiografischer Film, über das berührende Schicksal einer
einfachen Frau im ländlichen Umfeld - - - nach dem satirischen Bestseller wird auch der Film „Beim nächsten
Mann wird alles anders“ ein Erfolg - - - „Letzte Ausfahrt Brooklyn“ ein Episodenfilm von Bernd Eichinger
und Uli Edel - - - „Das Spinnennetz“, thematisiert den Kieler Matrosen-Aufstand 1918 - - - der DDR-Film
„Coming Out“ widmet sich gefühlvoll der Schwulen-Thematik
- „Die nackte Kanone“ ist ein Angriff auf die Lachmuskeln, mit Slapstick-Komiker Leslie Nielsen
- Steven Spielberg produzierte den Zeichentrickfilm „In einem Land vor unserer Zeit“, und erzählt die
Abenteuer von ein paar Saurier Kindern, auf der Suche zum letzten Nahrungsparadies - - - die neueste
Asterix-Verfilmung „Operation Hinkelstein“ wird ebenfalls ein Kinohit
- „Batman“, die Neu-Verfilmung der Comic Vorlage, mit vielen Effekten und turbulenter Handlung
- „Indiana Jones - Der Letzte Kreuzzug“, wird vorerst die letzte Fortsetzung der Abenteuer Action
- „Harry und Sally“ eine Liebeskomödie mit Meg Ryan und Billy Crystal und „Der Rosenkrieg“, ein
Scheidungsthriller mit Michael Douglas und Kathleen Turner
Sonstiges: „Abyss-Abgrund des Todes“ ein fiktives Unterseedrama - - - „Die fabelhaften Baker Boys“,
um zwei Bar-Pianisten, die sich feindselig entfremden - - - „Lizenz zum Töten“, ein weiterer Action Hit um
den Agenten 007 „James Bond - - - „Die Götter müssen verrückt sein - 2“, ist zwar eine gelungene
Fortsetzung, reicht aber nicht an die natürliche Originalität des 1. Teil heran - - - der Horrorstreifen
„Friedhof der Kuscheltiere“ von Stephen King kommt in die Kinos - - - „Cocktail“ eine Komödie mit
Tom Cruise und Bryan Brown - - - „Gefährliche Liebschaften“ preisgekrönter britischer Film
✞ Verstorben 1989:
12. 01.: Willy Schneider, dt. Volkssänger, 50er Jahre (* 1905)
14. 01.: Robert Lembke, dt. Fernsehmoderator, „Was bin ich?“ (* 1913)
15. 01.: Ernst Neger, dt. Maizer Fastnachtssänger (* 1909)
23. 01.: Salvador Dalí, span. surrealistischer Allround-Künstler (* 1904)
27. 02.: Konrad Lorenz, öster. Biologe, Nobelpreisträger (* 1903)
30. 04.: Sergio Leone; ital. Filmregisseur; u.a. „Spiel mir das Lied vom Tod (*1929)
03. 06.: Ruhollah Khomeini, iran. Führer der islamischen Revolution (* 1902)
16. 07.: Herbert von Karajan, berühmter öster. Dirigent (* 1908)
04. 09.: Georges Simenon; belgischer Schriftsteller, u.a. „Kommissar Maigret“ (*1903)
22. 09.: Irving Berlin, US-Musical-Komponist (* 1888)
06. 10.: Bette Davis, besungene US-Schauspielerin (* 1908)
05. 11.: Vladimir Horowitz, US-Pianist russischer Abstammung (* 1903)
Albanien
1985 starb Enver Hoxha, der bis dahin das Land diktatorisch regierte und in die Isolation führte. Unter seinem Nachfolger Ramiz Alia wurde das Klima unruhiger und führte 1990
zu einer Massenauswanderung Richtung Italien. Aufgrund der angespannten Situation ließ
die Regierung freie Wahlen zu. Nachdem die Kommunisten die Wahl gewannen, wurden Manipulationsvorwürfe laut. Erneut kam es zu starken Protesten in der Bevölkerung und
die Opposition verlangte kontrollierte Neuwahlen. 1992 fanden überwachte Wahlen statt
und der Demokrat Sali Berisha siegte und übernahm die Regierung.
Bulgarien
Unter dem Diktator Todor Schiwkow trieb dessen Geheimdienst sein blutiges Unwesen.
Um von der nationalen Krise abzulenken, hetzte er die Bevölkerung gegen die türkische Minderheit auf und vollzog 1986 eine ethnische Säuberung. Im Zuge jener Maßnahmen wurden 380.000 türkisch stämmige Bewohner zur Auswanderung gezwungen und etwa 400 Personen starben bei Übergriffen der Staatsorgane. Die Bevölkerungsmehrheit ließ sich von der Maßnahme nicht blenden und erkannte, dass nicht die Türken verantwortlich für die wirtschaftliche Talfahrt waren, sondern die Regierung. Ermutigt durch Gorbatschows Rede zur demokratischen Umgestaltung, mündete die Unzufriedenheit in Protesten und innerhalb der KP setzten sich auch die Reformer durch.
Im November 1989 zwangen die neuen Kräfte der KP Schiwkow zur Abdankung, sie bildeten eine Übergangsregierung und beschlossen für 1990 freie Wahlen. Die erste freie Wahl gewann die reformierte BSP, die Nachfolgepartei der KP Bulgariens war. Da die Partei die Probleme nicht gelöst bekam, wurde die BSP 1997 abgewählt.
Polen
Schon 1980 erschütterte die Streikbewegung „Solidarnosc“ das Land. Mit General Jaruzelski hoffte die KP ihre Macht wiederherstellen zu können. Da ein härterer Kurs nicht zum Erfolg führte, versuchte sich Jaruzelski als Reformer. Politisch legalisierte er 1988 die Opposition, deren Führer Lech Walesa wurde. Unter dem Druck der Öffentlichkeit lässt Jaruzelski 1989 Neuwahlen zu, unter der Bedingung einer Mehrheitsquote von 65% für die DVAP.
Mit überwältigender Mehrheit gewinnt die Solidarnosc die Wahlen und zwingt Staatschef Jaruzelski, Ministerposten an die Solidarnosc abzugeben. Parteistreitigkeiten in der DVAP
und der öffentliche Druck erzwingen die Auflösung der kommunistischen Partei. Erste freie Wahlen sind dann 1990 möglich, mit dem erneuten Wahlsieg der Solidarnosc. Lech Walesa wird neuer Staatschef.
Rumänien
Der Despot Nicolae Ceausescu errichtete mit Hilfe der Geheimpolizei Securitate ein selbstverherrlichendes Terrorregime. In einem beispiellosen Personenkult werden Gegner
zum Schweigen gebracht, verhaftet, gefoltert und mitunter ermordet. Skrupellos ließ er 1985 auf Demonstranten in Brasov schießen. Die zunehmende Fluchtbewegung beantwortete das Regime mit einem Schießbefehl für die Grenztruppen, für Flüchtige, die nach Ungarn und Jugoslawien fliehen wollten. In Timisoara sah sich die Bevölkerung, die mehrheitlich von Ungarn und Serben bewohnt wurde, besonders benachteiligt. Die ärmlichen Zustände waren existenzbedrohend und die Regierung zeigte seine Ausländerfeindlichkeit, indem er Ungarn und Jugoslawien beschimpfte. Der Pfarrer Tökes entzündete 1989 einen scharfen Protest
gegen das „Dracula Regime“. Ab dem 16. Dezember begannen zunehmend aufgebrachte Bürger auf die Straße zu gehen.
Einschüchterungsversuche der Securitate erreichten das Gegenteil und erhöhten den Zorn.
Am 17.12. schossen Militäreinheiten der Securitate in die demonstrierende Menge, 58 Menschen starben. Die unbändige Wut mobilisierte über 20.000 Demonstranten. Einen erneuten Schießbefehl verweigerten aber die Soldaten. Ceausescu ließ über die Medien verbreiten, dass die ungarischen Separatisten Timisoara von Rumänien abspalten wollten. Eine staatliche Großkundgebung am 21.12. für den Erhalt des Landes ging nach hinten los. Statt einer Verurteilung, von angeblichen Übergriffen von ungarischen Rumänen, schellte Ceausescu ein Pfeifkonzert entgegen. Der Versuch die Demonstration mit Gewalt aufzu-
lösen wurde zum Revolutionssignal. Einem Befehl, auf die Protestierenden zu schießen,
verweigerte das Militär und sympathisierte mit den Demonstranten.
In Bukarest lieferten sich daraufhin Einheiten der Securitate heftige Feuergefechte mit der Volksarmee. Am 22.12. 1989 stürmten die Demonstranten mit Hilfe des Militärs das Regierungsgebäude. An diesen stürmischen Tagen fanden über 1.000 Menschen den Tod.
Ein Fluchtversuch Ceausescus wurde vereitelt und er wurde am 25.12. standrechtlich erschossen. Im Zuge des Revolutionsgerichtes wurden besonders grausame Handlanger Ceausescus zum Tode verurteilt. Ion Iliescu tat sich als Führer der Revolution hervor und übernahm gestützt auf die Volksarmee die Regierungsgeschäfte. Die ersten freien Wahlen gewann die sozialdemokratische Partei (PSD), die von Reformern der kommunistischen
Partei gegründet wurde. Neue politische Kräfte mussten erst einmal entstehen und somit wurde Iliescu erster frei gewählter Staatspräsident. Bei erneuten Wahlen 1996 gewannen
dann die Christdemokraten, aber bereits 2000 wurden sie wieder abgewählt und die Bevölkerung sprach erneut der PSD das Vertrauen aus.
Tschechoslowakei
Nach dem Prager Frühling von 1968 formierte sich eine Untergrundbewegung, die 1977 als „Charta 77“ in die Öffentlichkeit ging. Die Bewegung suchte den Dialog mit der Regierung, um in erster Linie Menschenrechtsverletzungen zu beseitigen. Da sich in ihren Reihen viele Kommunisten befanden, ging die Regierung nur bedingt mit Härte gegen die Opposition vor. Gestärkt durch Gorbatschows Rede, trat die Opposition gestärkt in Erscheinung.
1989 rief Pavel Havel, als Führer der Bewegung zu Protestdemonstrationen auf. Ohne Widerstand trat die Regierung zurück und nach einer ordnenden Übergangsregierung wurde Pavel Havel 1990 frei gewählter Regierungschef. Im Zuge des Reformprozesses sah sich die Slowakei benachteiligt. Ein wachsender Konflikt zwischen beiden Ländern besiegelte am 31.12. 1992 die Trennung in zwei Staaten (Tschechien & Slowakei).
Ungarn
Schon in den 60er Jahren ging das Land unter Josef Kadar einen liberaleren Weg als alle anderen sozialistischen Staaten. Der „Gulaschkommunismus“ erlaubte westliche Einflüsse, dem im Wesentlichen die historische Gemeinschaft mit Österreich zugrunde lag. Diese Besonderheit machte Ungarn zum beliebtesten Reiseland der DDR, Österreich und auch für die Bundesbürger. Glasnost und Perestroika wurden hier sofort umgesetzt. Der greise Josef Kadar trat 1988 zurück und ließ die demokratische Erneuerung des Landes zu.
Besonders die Forderung des Abzuges sowjetischer Truppen und die Grenzöffnung zu Österreich schlugen hohe politische Wellen. Trotz umfangreicher Reformen wurde das neue Regierungsgespann Gròsz/ Horn im März 1990 bei den ersten freien Wahlen abgewählt.
Neuer Staatspräsident wurde Arpad Göncz (Bund freier Demokraten) und Ministerpräsident wurde Jozsef Antall (demokratisches Forum). Aus der kommunistischen Partei wurde die sozialistische Partei MSzP, die eine der stärksten Parteien blieb und 2002 sogar wieder in die Regierungsverantwortung gewählt wurde.
1985 wurde Michail Sergejewitsch Gorbatschow neuer Parteichef der KPdSU und stellte
die Weichen für umfangreiche Reformen. Wie schon gesagt, löste der radikale Reformkurs auch heftige Kritik aus. Amtsenthebungen, Verhaftungen und Todesurteile machten ihn in
der Bevölkerung nicht gerade beliebt. Besonders die wirtschaftliche Talfahrt konnte Gorbatschow nicht bremsen. Sein demokratischer Versuch, die KPdSU an der Macht zu halten, ging ebenfalls nach hinten los.
Für alle sozialistischen Staaten begann der Reformkurs zu spät und die Bevölkerung hatte kein Vertrauen mehr in eine kommunistische Regierung. Im eigenen Land ging ebenfalls
alles drunter und drüber und er sah als einzigen Ausweg die totale Macht. 1990 bekleidete
er alle hohen politischen Ämter selbst, er war Parteichef, Staatsratsvorsitzender (Staatschef) und ließ sich zum Staatspräsidenten ernennen. Gegen die Machtanhäufung vermehrte sich
der Widerstand und motivierte die Opposition. Zudem verlangten die Unionsrepubliken ihre Unabhängigkeit.
1989 gesellten sich zur wirtschaftlichen Talfahrt auch noch Versorgungsschwierigkeiten.
In Moskau gründet sich die erste Gegenbewegung (Demokraten) aus der KPdSU unter
Boris Jelzin. Die baltischen Staaten forderten ihre sofortige Autonomie und Separatisten lösten in der Provinz Bergkarabach einen blutigen Provinzstreit zwischen Armenien und Aserbaidschan aus.
Gorbatschow glitt die Macht aus den Händen. International als Friedensstifter und Reformer gefeiert, wurde er im eigenen Land eher als Diktator mit demokratischem Anstrich gesehen.
1990 erklärten nacheinander die baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland ihre Unabhängigkeit. Mehr zur Abschreckung marschierten sowjetische Truppen in die Länder
ein und provozierten kleinere Auseinandersetzungen. Durch die Besonnenheit der baltischen Staaten eskalierte die Lage nicht und Gorbatschow zog die Truppen wieder ab.
Lediglich im Provinzstreit um Bergkarabach sorgte die Sowjetarmee mit Gewalt für Ruhe.
Gebunden an sein Wort zur Demokratisierung und mit dem Rücken zur Wand, musste er in Moskau nicht kommunistische Strömungen akzeptieren.
Boris Jelzin als Führer des demokratischen „Kongresses der Volksdeputierten“ gewann 1991 die Präsidentschaftswahl für die russische RSFSR (Russische Sozialistische Föderative Sowjet Republik). Das Wahlergebnis entsprach einer Unabhängigkeitserklärung Russlands und einer Loslösung von den anderen Sowjetrepubliken.
[Sowjetunion = UdSSR = Union der sozialistischen Sowjetrepubliken / Sowjet = Rat, im Sinne von Regierungsrat, somit bedeutet Sowjetunion= eine Vereinigung von den Regierungsräten der Länder mit übergeordnetem Zentralrat.]
Im August 1991 besetzten daraufhin Putschisten das Regierungsgebäude in Moskau und erklärten Gorbatschow als Staatspräsident für abgesetzt. Die Parlamentsbesetzung durch radikale Kommunisten, für ein unabhängiges Russland, lösten sofort Großdemonstrationen aus, die sich für ein Fortbestehen der Sowjetunion aussprachen. Boris Jelzin appellierte daraufhin an die militärischen Einheiten, den Putschisten den Dienst zu verweigern und drängte auf eine friedliche demokratische Lösung. Nach drei Tagen mussten die Besetzer aufgeben. Die Rolle von Gorbatschow in diesen Tagen war sehr zwielichtig. Offiziell wurde er auf der Insel Krim festgehalten, andererseits soll der Putsch in seinem Sinne gewesen sein. Er hoffte, über eine bewaffnete Eskalation die Sowjetunion retten zu können.
Nachdem der Plan misslang, wurde noch im selben Jahr 1991 die Sowjetunion aufgelöst und in eine Staatengemeinschaft GUS (Gemeinschaft unabhängiger Staaten) umgewandelt. Mit dem Ende der Sowjetunion verlor Michail Gorbatschow alle seine Ämter. Als Privatmensch ließ er sich weiterhin als Friedensstifter und Reformator international feiern.
Im eigenen Land stand man ihm weiterhin sehr skeptisch gegenüber.
Russland sah sich als regulärer Nachfolger der Sowjetunion. Mit diesem Machtanspruch verprellte Jelzin die nach Autonomie strebenden Unionsrepubliken, sodass am Ende eine lockere Wirtschaftsgemeinschaft GUS übrig blieb.
Boris Jelzin als Präsident Russland wuchs zu einer zwiespältigen Persönlichkeit heran. Aufgrund seiner Alkoholkrankheit sagte er so manches unüberlegte Wort, machte Schlagzeilen durch peinliche Auftritte und verhielt sich zuweilen wie ein Diktator.
Besonders die Autonomiebestrebungen von russischen Provinzen beantwortete er mit militärischer Gewalt. Sein überheblicher Kurs gegenüber der GUS trug maßgeblich zur politischen Trennung bei und auch wirtschaftlich bestand die Gemeinschaft GUS notgedrungen (Abhängigkeiten).
1. Armenien 11. Russland 15. Usbekistan |
Resümee: Nach dem Zerfall der UdSSR hatte sich für den einfachen Bürger nicht viel geändert. Die neuen demokratischen Herrscher regierten diktatorisch und die Wirtschaft
lag weiterhin am Boden. Im demokratischen Russland wuchs in ländlichen Gegenden besonders Armut und Elend wieder an. Neben den neuen Multimillionären und einer städtischen Mittelschicht profitierte eine relative Mehrheit von dem freiheitlichen Kurs.
Doch auf dem Lande wurden die wachsenden Missstände der neuen Zeit immer deutlicher. Korruption, Kriminalität und Autonomiebestrebungen prägten ein chaotisches Klima, wodurch Nationalisten und radikale Kommunisten einen regen Zulauf bekamen.
Durch den langsamen ansteigenden Wohlstand und den möglichen Chancen für die Zukunft, hielt die Bevölkerungsmehrheit am marktwirtschaftlichen Kurs der Regierung fest und
hoffte auf weitere demokratische Veränderungen. Glaubte den Versprechungen
der Regierung, die von einer momentanen Durststrecke sprachen.
Anmerkung zur Sowjetunion: Die Grundlage der Sowjetunion bildet der Vielvölkerstaat Russland, mit den autonomen Republiken, die sich dem übergeordneten Rat der Föderation
unterordnen und deren allgemeine Gesetzgebung umsetzen.
Autonome Republiken:
1. Baltikum (Estland, Lettland, Litauen): Jene Länder waren in der Vergangenheit verbündet
mit Schweden, Polen oder Deutschland gegen Russland. Nach dem 1. Weltkrieg wurden
sie souveräne Staaten. Mit dem Vertrag zwischen Hitler und Stalin, wurde der Schutz für
das Baltikum aufgehoben und die sowjetischen Truppen besetzten 1939 die Länder.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden die baltischen Staaten in die Föderation eingegliedert.
2. Weißrussland: Gehörte ursprünglich zu Litauen und Polen. Nach dem 1. Weltkrieg wurde
das russisch eroberte Gebiet (1919) zur Sowjetrepublik erklärt. Im Kontrakt mit Hitler
besetzte die sowjetische Armee weitere polnische Gebiete, die an Weißrussland bzw. an
die Ukraine angegliedert wurden. Polen wurde dafür mit deutschen Gebieten entschädigt.
3. Ukraine: Im 1. Weltkrieg proklamierte sich erstmals das Vielvölker Gebiet Ukraine zum
Staat und wurde kurz danach 1919 zur Sowjetrepublik. Im eigentlichen Kosaken-Land
lebten ansonsten überwiegend Litauer, Polen, Russen und Tataren (Mongolen). Das Land
hatte im 2. Weltkrieg die Hauptlast zu tragen und wurde territorial mehrfach verändert,
unter anderem wurde 1954 die Halbinsel Krim an die Ukraine angegliedert.
4. Kaukasus-Staaten (Georgien, Armenien, Aserbaidschan): Nach dem Vertrag von Kars,
wurde nach dem 1. Weltkrieg, die Grenzregelung zwischen der Sowjetunion und der
Türkei beschlossen. Die Landesteile in der Sowjetunion wurden 1922 zur Sowjetrepublik.
Trotz der Oberherrschaft der Sowjetunion, kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen
zwischen den verfeindeten Völkern Armeniens, Georgiens und Aserbaidschans.
5. Moldawien (Bessarabien): Der schmale Streifen zwischen der Ukraine und Rumänien
wurde immer wieder zum Streitpunkt. 1940 erklärte die Sowjetunion das Gebiet zur
moldawischen Sowjetrepublik. Im 2. Weltkrieg eroberten rumänische Faschisten das
Gebiet zurück, aber nach dem Krieg wurde es wieder zur autonomen Sowjetrepublik.
6. Zentralasien (Kasachstans, Kirgisien, Turkmenien, Usbekistan, Tadschikistan):
1920 wurde das besetzte Kirgisien, damals noch mit Kasachstans, zur autonomen
Sowjetrepublik und 1924 folgten Turkmenien und Usbekistan. 1929 wurde Tadschikistan
zur Sowjetrepublik. Um den ethnischen Streit in Kirgisien zu beenden wurde das Land
1936 aufgeteilt und aus dem größeren Teil wurde nun Kasachstan.
Zweck der autonomen Gebiete war, strategische Pufferstaaten zu bilden, um einen möglichen westlichen (z.B.: Deutschland) oder südlichen (z.B.: Türkei, Pakistan) Angriff auf das Mutterland Russland, aufzuhalten bzw. abzuwehren.
Landesverwaltungen:
Jene weiteren 28 Territorien wurden zwar offiziell ebenfalls als Sowjetrepublik bezeichnet, waren aber lediglich ethnische Länder-Verwaltungen. Das betraf beispielsweise die Völker der Tataren, Awaren, Tschetschenen, Osseten, Darginer, Jakuten, die Wolgadeutschen und
die vielen sibirischen Völker. Übrigens, würde man allen Völkern Russland ein autonomes Land geben, so würde das eigentliche Kernrussland Russland territorial nicht größer als die Bundesrepublik Deutschland sein.
Statistisches zu den baltischen Staaten (Lettland, Estland, Litauen):
Land | Hauptstadt | Einwohner in Mio. | Fläche in km² | Hauptbevölkerung |
Litauen | Vilnius | 3,728 | 65.301 | Litauer |
Lettland | Riga | 2,681 | 64.589 | Letten, Russen |
Estland | Tallinn | 1,582 | 45.226 | Esten, Russen |
Unabhängigkeit: 1990 Litauen; 1991 Lettland und Estland |
Statisches zu den ehemaligen Sowjet-Staaten:
Land | Hauptstadt | Einwohner in Mio. | Fläche in km² | Völker (neben Russen) |
Moskau | 148,54 | 17.075.400 | Über 100 weitere Völker | |
Weißrussland | Minsk | 10,26 | 207.595 | Polen, Litauer |
Ukraine | 51,94 | 603.700 | Polen, Litauer, Tataren, Walachen | |
4,36 | 33.843 | Walachen, Rumänen | ||
3,37 | 29.800 | Armenier, Kurden | ||
7,13 | 86.600 | Aserbaidschaner, Lesgier | ||
5,46 | 69.700 | Georgier, Osseten | ||
Alma Ata | 16,79 | 2.717.300 | Mischbevölkerung aus 50 Ethnien | |
4,42 | 198.500 | Kirgisen, Usbeken | ||
5,35 | 143.100 | Iranische Tadschiken, Usbeken | ||
20,70 | 447.400 | Usbeken | ||
3,57 | 488.100 | Turkmenen | ||
Bis auf Turkmenistan, die Ukraine und Georgien sind die restlichen 7 Staaten noch formell im Wirtschaftsverbund GUS mit Russland (Stand 2020) |
Anmerkung: Alle Tabellen-Angaben beziehen sich auf das Jahr 1991
Vorwissen: Bedingt durch den 2. Weltkrieg verbindet Serbien und Russland eine tiefe Freundschaft. Der eigene Weg Jugoslawiens, scheinbar losgelöst von Moskau, erklärt sich aus drei Hauptgründen: serbischer Kontrolle. Belgrad brauchte dafür freie Hand, vor allem gegenüber Slowenien, die sich zu Österreich hingezogen fühlten und Kroatien, die als ehemaliger Bündnispartner Hitlers viele Gräueltaten in Serbien begangen hatten und denen man politische nicht trauen konnte. |
2. Das Land spielte eine wichtige Rolle bei den stets aufflammenden Volksbewegungen in
Griechenland. Um das Klima im Kalten Krieg nicht zu verschärfen, blieb Jugoslawien
deshalb bündnisfrei und konnte die griechischen Kommunisten unterstützen. Die USA
konnte somit Moskau keine direkten Aktivitäten vorwerfen und den Warschauer Pakt
nicht beschuldigen, in einem NATO Staat zu intervenieren. Zudem war Jugoslawien
eine wichtige Stütze der italienischen Kommunisten.
3. Der Staatsführer Josip Broz Tito zog es vor, mit Billigung Stalins, seinen eigenen Kurs
zu fahren. Unter seiner Führung wurde mit harter Hand ein allseits stabiles Jugoslawien
errichtet. Trotz diktatorischen Kurs, gab sich das Land zur westlichen Welt offen (Reise,
Handel, Kultur) und machte seinem Volk demokratische Zugeständnisse.
Übrigens: Normalbürger der DDR durften deshalb nicht nach Jugoslawien reisen.
Der Zerfall:
1980 starb Josip Tito und löste ein Machtgerangel um seine Nachfolge aus. Aufkommende Autonomiebestrebungen der Föderationsländer, beantworteten serbische Politiker mit noch stärkerer Bevormundung und luden zudem dort ihre wirtschaftlichen Probleme ab.
Die politische und wirtschaftliche Instabilität bestärke aber jene Länder ihre Autonomie
einzuklagen. Neben den Länderstreit, verstärkte sich die Wirtschaftskrise weiter und nahm inflationäre Ausmaße an.
1987 setzte der neue KP Führer Slobodan Milosevic, die autonomen Zugeständnisse (von
Tito gegeben) für den Kosovo und der Vojvodina außer Kraft. 1988 folgten daraufhin
massive Unruhen im Kosovo, die mit Waffengewalt beantwortet wurden und zugleich als Warnung für die anderen Unionsstaaten galten.
Im Zuge von Glasnost und Perestroika forderten die Länder und Provinzen verstärkt ihre demokratische Autonomie. Sie ließen sich nicht länger von Milosevic einschüchtern. In Kroatien formierten sich 1990 Großdemonstrationen, die die Unabhängigkeit forderten. Kroatien, das wirtschaftsstärkste Land der Föderation, erklärte schließlich daraufhin
einseitig seine Autonomie.
Ein geplantes militärisches Eingreifen Serbiens fand im Länderparlament keine Mehrheit. Serbien erklärte aber dafür die wirtschaftlich bedeutende kroatische Provinz Krajina zum serbischen Territorium. Mit der Touristenhochburg an der Adria sollte dem autonomen Kroatien die Basis der Selbstständigkeit genommen werden.
Unbeirrt ging Kroatien seinen Weg weiter, dem sich nun auch Slowenien anschloss.
Serbien versuchte, eine militärische Eskalation herbeizuführen, die bis auf wenige Feuergefechte misslang. Kritisiert und gewarnt, vor einem Eingreifen der NATO, waren Serbien die Hände gebunden, zumal sich ihr großer Bruder Sowjetunion selbst in der Krise befand und in der Hauptstadt Belgrad die serbische Bevölkerung gegen die Eskalation
Politik von Milosevic demonstrierten.
1991 erklärten Kroatien und Slowenien ihre Unabhängigkeit. An der Grenze kam es erneut
zu Feuergefechten zwischen Serben und Kroaten. Im gleichen Jahr erklärte Makedonien
seine Unabhängigkeit. Die USA boten den unabhängigen Staaten militärischen Schutz an. Mazedonien verzichtete darauf, da sie trotz Unabhängigkeitserklärung die freundschaftliche Beziehung zu Serbien aufrecht hielten.
1992 erklärte dann Bosnien-Herzegowina seine Unabhängigkeit von Jugoslawien.
Im Vielvölkerland lebten drei Hauptvolksgruppen, Kroaten, Serben und Muslime.
Jedes Volk beanspruchte die Regierungsgewalt für sich bzw. forderte den Anschluss an Serbien bzw. Kroatien. Schnell eskalierte die Situation und es kam zu Übergriffen, die in einen Bürgerkrieg mündeten. Die westliche Welt machte Serbien für die kriegerischen Auseinandersetzungen verantwortlich. Serbien, als das einzigste sozialistische Land in Europa, wurde von den westlichen Medien heftig kritisiert. Ihrer Unterstützung für die Bosnienserben wurde besonders zum Aufhänger, obwohl Kroatien ihre Bosnienkroaten genauso unterstützte.
Wegen der anhaltenden Kämpfe an der kroatischen Grenze wurde Serbien als Aggressor gesehen. Die westliche Welt nutzte die Stimmungslage aus und verhängte Sanktionen gegen Restjugoslawien. Das befreundete Russland konnte aber wirtschaftliche UNO Sanktionen verhindern, aber nicht den Einsatz von UNO Schutztruppen. Sie sollten den ausgehandelten Waffenstillstand in Bosnien sichern, jedoch hielt er nur kurz an. Es verschärfte sich die Situation durch das brutale Vorgehen bosnischer Milizen und kroatischer Einheiten
gegenüber der serbischen Zivilbevölkerung.
Die Bosnienserben wurden vertrieben, ihre Dörfer zerstört und Gräueltaten begangen. Mithilfe der serbischen Volksarmee schlugen ihrerseits die Bosnienserben zurück, ebenfalls rücksichtslos und barbarisch. Zwischendurch bekämpften sich auch Kroaten und Muslime, aber mit den serbischen Aktivitäten bildeten die bisher verfeindeten Gruppierungen wieder eine Einheitsfront und wurden von Kroatien unterstützt.
In den westlichen Medien wurden einseitig betrachtet die Serben für ihre Grausamkeiten verantwortlich gemacht. Die ethnischen Übergriffe auf allen drei Seiten, gegenüber der Zivilbevölkerung, erinnerten an die schrecklichen Bluttaten der kroatischen Faschisten
im 2. Weltkrieg.
1993 ging der Bürgerkrieg unvermindert weiter, auch die Übergriffe auf die Bevölkerung. Diplomatische Lösungen fruchten nicht und es kam zu Angriffen auf UNO Soldaten. Nachdem eine Dreiteilung Bosniens für die Konfliktparteien inakzeptabel war, entwickelte sich Bosnien zum Schlachtfeld Europas. Aus ganz Europa lassen sich Söldner anwerben und kämpfen auf serbischer oder kroatischer Seite. Gemäß einer UNO-Resolution greifen nun Kampfflugzeuge der USA direkt in die Kämpfe ein, da mithilfe der serbischen Volksarmee
die Eroberung Bosnien bevorstand. Mit dem UNO-Mandat für die NATO wendete sich das Blatt, trotz vehementer Proteste Russlands.
1994 erzwangen US Kampfflugzeuge, dass serbische Einheiten ihre Militärmaschinen nicht einsetzen konnten. Mit der Einmischung von NATO-Flugzeugen werden UNO-Truppen zunehmend angegriffen. Auf diplomatischem Weg wird Belgrad zur militärischen Zurückhaltung aufgefordert. Auf Druck der USA stellen bosnische Muslime und Kroaten
ihre Feindseligkeiten ein. Ziel war es, die Bosnienserben zu isolieren, was letztendlich
darauf zielte, Restjugoslawien zu schwächen. Die serbische Provinz Krajina, an der Adria, greift als autonomes Gebiet in den Krieg ein. UN-Soldaten und Personal werden nicht nur angegriffen, sondern werden oftmals als menschliche Schutzschilde benutzt. Die NATO fordert deshalb ein direktes Eingreifen mit Bodentruppen in die Kampfhandlungen.
1995 nahm der Krieg an Heftigkeit zu und auch die gegenseitigen Gräueltaten.
Besonders das Massaker in Srebrenica durch serbische Einheiten sorgt für weltweites Entsetzen. Fast 7.000 Männer werden getötet und bringen Serbien als Nation auf die Anklagebank. Angesichts der Gräueltaten war die Schutzmacht Russland gezwungen, Restjugoslawien zum Einlenken zu überreden. Mithilfe der NATO wird die Provinz Krajina zur Kapitulation gezwungen und wird zurück an Kroatien angegliedert. Isoliert geben die Bosnienserben die Belagerung Sarajevos auf. Bei den Friedensgesprächen werden Schutzzonen für Kroaten, Serben und Muslime festgelegt und von UNO-Truppen überwacht. Am 31.11. 1995 endete der Bosnienkrieg offiziell, auch wenn es weiterhin zu vereinzelten Übergriffen kam. Circa 250.000 Todesopfer waren zu beklagen, wovon etwa 40 % Zivilisten waren. Besonders hoch war die Zahl an muslimischen zivilen Opfern (70.000).
Etwa 30.000 serbische und 10.000 kroatische Zivilisten wurden getötet.
Über 2 Millionen Menschen flohen aus Bosnien und die internationalen Opfer betrugen aufseiten der UNO bzw. NATO etwa 100 Soldaten. Über die Zahl der freiwilligen Söldner
aus europäischen Staaten gibt es keine verlässlichen Angaben.
Der Bosnienkrieg isolierte in der Folge Restjugoslawien, eine Föderation, die nur noch aus Serbien und Montenegro bestand. Mazedonien als autonomer Staat blieb Belgrad als Bündnispartner verpflichtet und international bestand weiterhin die Freundschaft zu
Russland. Da Russland aber wirtschaftlich und politisch eigene Probleme hatte, konnten sie Jugoslawien lediglich sporadisch unterstützen. Das wirtschaftlich angeschlagene Milosevic Regime geriet deshalb innenpolitisch unter Druck, wodurch die Opposition im Lande stärker wurde. Zudem strebte nun auch Montenegro seine Autonomie an.
Wegen der Missstände in Albanien wandern zahlreiche Einwohner aus, unter anderem in die serbische Provinz Kosovo, in der mehrheitlich eine albanischstämmige Bevölkerung lebte. Bedingt durch die Zuwanderung verlangte der Kosovo seine Eigenständigkeit zurück, die sie unter Josip Tito besaßen. 1998 formierte sich die UCK und versuchte mit Terroraktionen die Unabhängigkeit zu erzwingen. Milosevic antwortet mit der serbischen Volksarmee.
Neben der Jagd und den Kämpfen mit UCK Rebellen, ging das Militär dazu über, die albanische Bevölkerung zu vertreiben.
In dem Konflikt versuchte Mazedonien neutral zu sein und erlaubte weder der NATO als Aufmarschgebiet zu fungieren, noch albanische Flüchtlinge aufzunehmen.
Erneut gab es grausame Übergriffe auf beiden Seiten, worunter erneut die Bevölkerung
zu leiden hatte. International forderte die UNO Belgrad auf, ein autonomes Kosovo im jugoslawischen Bund anzuerkennen. Inzwischen sah die Realität anders aus. Die UCK
wollte einen Anschluss des Kosovos an Albanien und Belgrad wollte das Gebiet zu einer
rein serbischen Provinz umgestalten. Auf eine militärische Drohung der NATO gegenüber Serbiens reagierte Russland seinerseits mit militärischen Konsequenzen. Ungeachtet dessen flogen NATO Flugzeuge Angriffe gegen serbische Truppen im Kosovo.
Der Erfolg war im gebirgigen Gelände gleich null und traf zudem oftmals versehentlich
die Zivilbevölkerung. Währenddessen liefen russische Kriegsschiffe nach Jugoslawien aus, waren aber mehr als Warnung gegenüber der NATO gedacht. Die russische Armee war in jener Zeit nicht in der Lage, einen Krieg führen zu können. Moskau erreichte wenigstens ein Verbot von NATO Bodentruppen. Ein solcher Einsatz war auch nie ernsthaft geplant, da die eventuellen Verluste in dem unübersichtlichen Gelände unkalkulierbar gewesen wären. Stattdessen flog die NATO direkt Ziele in Serbien an und verfehlte dort oftmals militärische Ziele. Neben mehreren zivilen Gebäuden traf eine Rakete irrtümlich die bulgarische
Botschaft (oder doch warnende Absicht? Da Russland über Bulgarien militärisch Serbien
helfen könnte).
1999 einigten sich die NATO und Serbien auf einen Kompromiss. Die Friedenstruppen
KFOR sollte das gleichberechtigte Zusammenleben von Serben und Albanern regeln.
Der Kosovo blieb serbische Provinz mit autonomen Sonderrechten. In einer Nacht- und Nebelaktion landeten russische Truppen in der Hauptstadt Pristina und stellten klar, dass sie den größten Teil der KFOR stellen wollten, entgegen den Vorstellungen der USA.
Der NATO Oberbefehlshaber gab daraufhin die Order, die russischen Truppen zu stoppen.
Vor Ort weigerte sich der britische Truppenkommandant Mike Jackson, den Befehl zu befolgen, da er nicht einen dritten Weltkrieg auslösen wollte. Die USA akzeptierte notgedrungen die russische Präsenz, die von Serbien sehr begrüßt wurde und letztendlich
den Kosovo Konflikt beendete. Etwa 10.000 Albaner und 2.500 Serben starben, darunter waren circa 200 Personen, die irrtümlich durch NATO Einsätze getötet wurden.
Im Konflikt starben 500 serbische, 300 albanische und 60 NATO Soldaten.
Im Jahr 2000 hatte die Bevölkerung genug vom Milosevic Regime und Montenegro erklärte seine Unabhängigkeit. Eine tiefe Wirtschaftskrise bewirkten zunehmende Demonstrationen und gewaltsame Übergriffe auf Oppositionelle, brachten das Fass zum Überlaufen.
Milosevic liefen seine Anhänger davon, worauf er freie Wahlen zuließ und seinen Rücktritt erklärt. Er versuchte unterzutauchen, wurde aber 2001 verhaftet und hatte sich in Den Haag vor dem UN-Kriegsverbrecher-Tribunal zu verantworten. 2006 wurde Milosevic in seiner Zelle Tod aufgefunden (Suizid oder Herzinfarkt?).
Der letzte sozialistische Staat in Europa verschwand und Serbien trennte sich 2006 von
der Bezeichnung Jugoslawien, da es keinen Vielvölkerstaat mehr gab.
Begriff: Jugoslawien = Süd-Slawien; meint als Föderation (Union), die Gemeinschaft
südlicher slawischer Völker (Balkan-Union).
Blick nach China
Nachdem der Despot Mao Zedong 1976 starb, fand in China eine umwälzende Erneuerung statt. Unter Deng Xiaoping wurde das Land aus der Isolation geführt und entwickelte wirtschaftlich eine sozialistische Marktwirtschaft und vollzog mehrere demokratische Reformen. Vorsichtig wurden jedoch die Auswirkungen von Neuerungen überprüft und manches wieder verworfen. Speziell den Studenten ging der Demokratisierungsprozess zu langsam und war ihnen nicht umfassend genug.
Im April 1989 verstarb Hu Yaobang, der 1987 als Ministerpräsident zurücktreten musste,
da unter seiner Führung die Demokratisierung Gefahr lief, einen unkontrollierten Verlauf
zu nehmen und die Führung der KP gefährdete.
Die Trauerfeierlichkeiten der Studenten um Yaobang mündeten in eine Protestkundgebung, die eine schnelle Rückkehr zum Demokratisierungskurs forderten.
Auf den Platz des Himmlischen Friedens (Tian’anmen) versammelten sich im April die Studenten, denen sich zunehmend immer mehr Menschen anschlossen. Im Juni räumte die Volksarmee nach mehrmaligen Warnungen den Platz. Auf dem Pekinger Platz selbst, gab
es keine Todesopfer, aber in den Straßen von Peking und bei Protesten in anderen Städten starben schätzungsweise 2.600 Menschen, darunter auch Soldaten.
Trotz massiver internationaler Proteste wegen des Vorgehens gegen die Opposition, konnte die chinesische Regierung ihr Gesicht wahren und rechtfertigte sich für ihr Handeln.
Sie wollten eine anarchistische Eskalation verhindern. Unbeirrt setzte die Regierung seinen kontrollierten Demokratie Kurs durch und der Aufbau einer sozialistischen Marktwirtschaft sollte sich schon bald auszahlen. China stieg zu einer Wirtschaftsmacht empor und mit dem kontrolliert steigenden Wohlstand war die Mehrheit der Chinesen zufrieden.