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PANORAMA 

Abbau von 151 Windrädern 

Rentierzüchter siegen im Streit um Windparks 

12.10.2021, 03:01 Uhr

Europas größtes Windenergie-Projekt muss sich schon bald in Luft auflösen. Ein Gericht erklärt den Bau von zwei Windparks in Norwegen für illegal. Die Begründung: Die Anlagen verletzten die Rechte von Indigenen, weil deren Rentierherden gestört werden.

Indigene Rentierzüchter in Zentral-Norwegen haben im Streit um zwei große Windparks einen juristischen Sieg gefeiert. Der Oberste Gerichtshof entschied, dass die Genehmigungen für den Bau und den Betrieb der Anlagen ungültig seien, da sie die Rechte der Volksgruppe der Samen verletzten und gegen den UN-Zivilpakt verstießen.

In dem internationalen Abkommen heißt es, dass Angehörigen ethnischer Minderheiten nicht das Recht vorenthalten werden dürfe, "gemeinsam mit anderen Angehörigen ihrer Gruppe ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen". Nach Einschätzung des Gerichts ist die traditionelle Aufzucht von Rentieren durch die Samen eine schützenswerte kulturelle Praxis.

Welche Folgen das Urteil hat, ist bislang unklar. Die Anwälte der Rentierzüchter verlangten nach der Gerichtsentscheidung den Abriss der 151 Windräder, die sich zum Teil auf den Weideflächen für die Rentiere befinden. "Ihr Bau wurde für illegal erklärt und es wäre illegal, sie weiter zu betreiben", sagte der Anwalt Andreas Bronner, der in dem Prozess eine Gruppe von Hirten vertrat.

Urteil relevant für andere Windparks

Der Betreiber der Windparks äußerte sich "überrascht" über das Urteil. Die Anlagen seien auf Grundlage offizieller Genehmigungen errichtet worden. Bei dem Entscheidungsprozess hätten auch die Rechte der Rentierzüchter eine wichtige Rolle gespielt, erklärte das Unternehmen Fosen Vind. Das Energieministerium müsse nun eine Entscheidung treffen.

Die Regierung wollte zunächst keine Schlussfolgerungen aus dem Urteil ziehen. Ein Sprecher des Energieministeriums sagte lediglich, die Entscheidung des Gerichtshofs mache "eine Klärung der Situation erforderlich". Über die weiteren Schritte werde ich zu einen späteren Zeitpunkt informiert.

Die Windparks in Storheia und Roan sind Teil Europas größtem Windenergie-Projekt an Land, das ein Volumen von 1,12 Milliarden Euro hat. Dem Entwickler der Windanlagen, Fosen Vind, gehört die Mehrheit am Windpark Storheia. Das Unternehmen ist im anteiligen Besitz von Statkraft, TroenderEnergi und Nordic Wind Power DA. Neben einem Konsortium für Energieinfrastruktur ist auch die Schweizer Energiefirma BKW am Windpark beteiligt. Der Windpark in Roan wird von Roan Vind betrieben. Dieses Unternehmen gehört den Stadtwerken München, Troender Energie und Nordic Wind Power.

Das Urteil könnte auch Folgen für andere Projekte haben, sagte Anwalt Hurum. "Das wird sich auf spätere Entwicklungen innerhalb des samischen Rentiergebiets auswirken. Es ist sicherlich relevant für andere Windparks, aber auch für Minen und andere große Entwicklungsprojekte, zum Beispiel Straßenbau."

Quelle: ntv.de, Ive/AFP/rts