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Preussische Provinzial-Blätter, Volume 11 1866 [Google Books, ]

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p. 374 Dr. Melchior Pyrnesius ( 1589)

 *) Thereof an illustration can be found in Hartknoch “Alt- und Neues Preussen”, pg 371.

Der zweite Haupttheil des vorstehenden Aufsatzes hat die Aufgabe zu berichten, in welcher Weise die dankbare Nachwelt bemüht gewesen ist, in der GeburtSstadt des Copernicus sein Gedächtnis ehrend zu pflegen.

In Thorn ist zu derselben Zeit, als der Bischof Cromer die Anregung zu einem Epitaph für Copernicus im Frauenburger Dome gab, ein einfaches Denkmal in der St. Johanniskirche errichtet worden *). Ein jüngerer Zeitgenosse und Landsmann des Copernicus, der Thorner Stadtphysikus Dr. Melchior Pyrnesius († 1589) hat dasselbe setzen lassen **).  Auf einer c. 4' hohen Tafel sieht man

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*) Eine Abbildung desselben findet man bei Hartknoch „Altes und Neues Preußen", S. 371.

** ) Ueber die Lebensverhältnisse von Pyrnesius ist weiter Nichts bekannt, als was Zernecke in seiner „Thornischen Chronica" über ihn mitteilt. Derselbe erzählt, daß er im Jahre 1570 zum Stadt- Physico ordinario in Bestallung genommen und im Jahre 1589 gestorben sei. Es läßt sich nicht einmal mit Sicherheit angeben, welcher Confession er angehört hat, was für die vorliegende Frage in mehrfacher Beziehung von Interesse wäre. Seine Berufung zum Stadt- physikus erfolgte zu einer Zeit, wo die Stadt sich bereits der Reformation-zugewandt halte. Ebenso spricht die Verheiratung seiner Töchter an Lehrer des Gymnasiums dafür, daß Pyrnesius lutherisch gewesen (die ältere war an den Prof, Hübner, seit 1596 Mitglied des Rates, die jüngere an den Rector Nizolius verheiratet).  Dagegen hebt Zernecke ausdrücklich hervor, daß sein Sohn „Melchior Pyrnesius Thoruniensis Bischof von Nigropolis Suffraganeus et Decanus zu Ollmütz, Probst zu Sternberg, Thumherr zu Breslau in Schlesten und zu Brünn in Mähren" gewesen sei. Als seine Quelle giebt er außer einem [inem] Landsmann und Zeitgenossen die Acta civit. Thorun. de anno 1607 an. Auch aus der Wahl der Kirche für das Monument kann kein Schluß gezogen werden, ob Pyrnesius Glaubensgenosse des Copernicus gewesen; denn die Johanniskirche, die Pfarrkirche der altstädtischen Stadtgemeinde, war zwar seit Einführung der Reformation in Thorn im Besitze der Evangelischen, in den Jahren 1583-1596 jedoch Simultankirche.

Zum Schlusse der Anmerkung sei hier noch gelegentlich bemerkt, daß an die Aufstellung des Epitaphs in der Johanniskirche sich zwei Lagen geknüpft haben. Ganz späte Thorner Quellen haben nämlich die irrtümlichen Angaben verbreitet und zu begründen gesucht, daß Copernicus Propst an der Johanniskirche gewesen


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das Bildniß des Copernicus *) mit gefalteten Händen vor einem Crucifixe. Neben dem linken Arme liegt ein Todtenkopf und im Hintergrunde ist ein Himmelsglobus und daneben ein Cirkel aufgezeichnet. Unter dem rechten Arme, noch innerhalb der Einfassung des Bildes, steht eine sapphische Strophe, die also lautet:

Non parem Pauli gratiam requiro

Veniam Petri neque posco, sed quam

In crucis ligno dederas latroni

Sedulus oro **).

Außerdem ist unter der Tafel, welche das Bild trägt, nachstehende Inschrift zu lesen:

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sei und in derselben auch seine Bestattung gefunden habe. Die Unglaubwürdigkeit der Sage, daß Copernicus in Thorn begraben sei, habe ich in den N. Pr. Pr. Bl. 3.F..XI, 213 ff. nachgewiesen. Die andere Tradition, daß Copernicus Propst an der Johanniskirche gewesen, hat sich wohl erst an seine vermeintliche Bestattung in Thorn angeranket. An sich wäre es gar nicht unwahrscheinlich, daß Copernicus neben seinem Canonicate noch eine Probstei innegehabt hätte. Dergleichen Cumulationen von Kirchenämtern haben ja zu jeder Zeit stattgefunden. Ich betone nur, daß auch nicht der geringste historische Anhalt für diese erst am Ende des vor. Jahrhunderts auftauchende Tradition beigebracht werden kann.

*) Bei dem hohen Alter des Bildes könnte man versucht sein, demselben eine ganz besondere Portrait-Ähnlichkeit beizulegen. Allein bei den Nachlässigkeiten, die Pyrnesius sich in der Inschrift hat zu Schulden kommen lassen, ist kaum anzunehmen, daß er auf eine sorgfältige Wiedergabe der Gesichtszüge des Copernicus Bedacht genommen hat. Es hat sich auch nirgend eine Nachricht darüber erhalten, von welchem älteren Bilde Pyrnesius die Kopie anfertigen ließ. Bei dem gänzlichen Mangel an älteren Portraits des Copernicus, die auch nur einigen Anspruch auf Authentizität machen können, ist man dennoch genötigt gewesen, auf dieses älteste Thorner Bild zurückzugehen. Schon Hartknoch berichtet (a. a. O.): „dieses Bildniß des Copernicus lassen die Franzosen und andere oft porträtieren [abconterfeyen  – Ed.] und schicken oder führen es selbst in andere Länder und beschämen uns öfter damit, daß solch einem vortrefflichen Manne in seinem Vaterlande kaum dieses geringe monumentum und zwar lange nach seinem Tode gesetzt sei [gesetzet sey  – Ed.]."

**) Die im Texte mitgeteilte Strophe ist vielfältig abgedruckt und übersetzt worden, indem man sie zugleich für einen Denkspruch des Copernicus ausgegeben hat, oder gar für eine Grabschrift, die er sich selbst, von Reue über sein wissenschaftliches Vorgehen erfaßt, gedichtet habe. Daß Copernicus sein Werk erst auf dem Sterbebette gesehen, hat man dabei nicht weiter beachtet, oder vielmehr nicht beachten wollen, indem man aus tendenzlösen Gründen die


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Nicolao Copernico Thoruniensi, absolutae subtilitatis Mathematico, ne tanti Viri apud exteros celeberr. in Patria sua periret memoria, hoc monumentum positum. Mort. Varmiae in suo canonicatu anno 1543 die IV * aetatis LXXIII.

Unter dem Bildnisse des Copernicus befindet sich auf derselben Tafel, umgeben, von den Wappen des Königreichs Polen und der Lande Preußen, noch das Brustbild des Polnischen Königs Johann Albert *), der im Jahre 1501 in Thorn gestorben ist und von dem

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irrige Ansicht weiter trug, daß es Copernicanische Verse sein. Es ist lediglich Pyrnesius, der dem Copernicus die Worte in den Mund gelegt:

„Nicht was entzückt ein Paulus einst gesehen,

Nicht jene Huld, die Petrus reuig fand,

Nur jenen Gnadenblick laß mich erflehen,

Den Du am Kreuz dem Schacher hast zugewandt!"

Allerdings liegt in diesen Worten nicht blos ein allgemeines Bekenntniß unserer menschlichen Schwachheit vom christlichen Standpunkte, sondern Pyrnesius hat wohl ganz besonders auf den Widerspruch Bezug genommen, in den nach der Meinung Vieler daß Copernicanische System zu dem kirchlichen Glauben getreten. Lichtenberg hat dieser Auffassung einen starken Ausdruck gegeben indem er in seiner Biographie des Copernicus (Verm. Schriften Vl, 128) sagt: Vielleicht gilt aber sowohl das Monument als die demselben erteilte Ehre zwar dem subtilen Mathematiker, aber noch weit mehr dem bußfertigen astronomischen Sünder, der, wie einige Frömmler wähnten, im Leben durch die ketzerische Lehre, daß sich die Erde um ihre Achse und um die Sonne bewege, eben den verfolgte und verläugnete, den Paulus und Petrus auch einmal in ihrem Leben verfolgt und verläugnet hatten, und der nun hier in einem Sapphischen Seufzer Buße tut und bekennt, daß er ein armseliger Schächer gewesen sei. So genommen erinnert diese Grabschrift an eine andere, die ihm Ziegler in s. Schauplatz der Welt S. 40 gesetzt hat, die zwar nicht Sapphisch, aber ganz in dem Geist jener Sapphischen abgefaßt ist:

Im Lehren war ich falsch, im Leben war ich frumm,

Die Kugel dieser Welt lief mit mir um und um:

Nun schick ich meinen Geist, der soll die Sterne zählen

Der Himmel lasse mich den Himmel nur nicht fehlen.

Nicht mit Unrecht geißelt Lichtenberg a. a, O. S. 126 die Unrichtigkeiten und Ungenauigkeiten der Inschrift auf dem Denkmale des Pyrnesius. „Hier haben wir sagt er — die schöne Urkunde, worin der Sterbe-Monat als eine unbekannte Größe, mit einem * bezeichnet, das Alter des Verstorbenen zu 73 Jahren und der Sterbetag als der vierte irgend eines Monats angegeben ist."

*) Unter dem Bildnisse des Königs stehen noch die Worte: Illustris Princeps et Dominus Johannes Albertus Poloniae Rex apoplexia hie Thorunii  


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die bei der Einbalsamirung der Leiche aus dem Innern entfernten Körperteile in der Johanniskirche beigesetzt sind. Pyrnesius glaubte sicherlich durch diese Verbindung das Andenken des Copernicus ganz besonders zu ehren. So faßt es auch Hartknoch auf, indem er a. a. O. sagt: „Wenn wir nun nicht, so die Materiam des monumenti den, mit welchen Copernicus zusammengesetzt ansehen, werden wir gestehen müssen, daß ihm hiedurch Ehre genug widerfahren." —

Obwohl das Epitaph des Pyrnesius von gar keinem künstlerischen Werte ist, hat es fast drei Jahrhunderte bereits überdauert. Lange Zeit ist es sogar das einzige Denkmal geblieben, welches in der Vaterstadt des Copernicus von seinem Gedächtnisse öffentlich Kunde gab. Erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurde ein neues Denkmal für den großen Sohn der Stadt Thorn überwiesen. Der durch seinen Eifer für die Pflege der Wissenschaft bekannte Fürst Joseph Alex. Jablonowski schenkte es im Jahre 1766 mit der Bestimmung, daß es auf dem Marktplätze aufgestellt würde. Allein diesem Wunsche Jablonowski's, dem man bei einer ersten Anfrage zugestimmt halte, konnte der Rath der Stadt schließlich nicht willfahren. Man hatte nämlich nach Jablonowski's Schreiben ein Monument erwarten müssen, das sich durch seine Dimensionen zur Aufstellung auf einem öffentlichen Platze eignete und war nicht wenig erstaunt, ein kleines marmornes Brustbild von ungefähr 3 Fuß Höhe zu erhalten, das auf einem 5 Fuß hohen Piedestale ruhte. Auch die künstlerische Ausführung befriedigte nicht einmal mäßige Ansprüche. Endlich mißsiel auch die Inschrift. Dieselbe machte, wie ein Zeitgenosse, der Thorner Bürgermeister Dr. S. L. v. Geret, schreibt — „den Kopernick, einen Thornisch-Preußischen zu einem Polnischen Gelehrten — welche Beleidigung! — und zielte auch vornämlich auf den eigenen Ruhm dessen ab, der dies alles veranstaltet hatte *)." Der Rat der Stadt konnte das einmal angenommene

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morilur anno 1501 17. Junii aetatis 41, cuius viscera hie sepulta corpore Cracov, translato Regni anno VIII..

*) Die Inschrift, welche Jablonowski auf dem Copemicanischen Monumente anbringen ließ, lautet:

NICOLAO COPERNICO.

Nato XI Kalend. Mart. 1472 Denato IX Kalend. Junius 1543.

Terrigenae Borusso Polono Canabulis Thorunii Edito Sanguine e Sorore Barbara Vatzelrodii Episcopi Varmiens. Nepoti Dignitate Ca-


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Geschenk zwar nicht zurücksenden; er ließ dasselbe aber vorläufig gar nicht öffentlich aufstellen, sondern in einem Rathaus-Gewölde aufbewahren.  Erst im Anfange dieses Jahrhunderts hat man es in der Johanniskirche neben dem Epitaph des Pyrnesius aufstellen lassen.  –

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nonico Varmiensi Scientia Tenebrarum Antiquae Astronomiae Dissipatori Genio Systematum Philolai Nicetae Heraclidis Aristarchi Nicolaique Card. Cusani Satori Statori Qui celeberrimum immo et Tychonem de Brahe Carthesium, Galileum, Gassendium, Melchiorem Adamum, Lambertum Bullialdum, Riccium, Nevtonium, aliosque Sui Sequaces illustravit Demonstrationibus nunc practicis viam aperuit.  Calculoque Syderum Nicol. Card. de Schonberg Episcopum Capuanum, Paulum Episcopum Semproniensem ac Tidem. Gusium Episcopum Culmensem comnesquc academias instroxit Josephus Alexander de Prussiis Princeps JABLONOVJUS Palatinus Novogrod.  Eques Torquatus ac Commendator S. Spiritus Michaelis et Huberti, Academiarum in Europa praecipuarum Hepta Socius Tanti Viri Famae et Gloriae Romam nuper illatae opere recentissimo Juris publici facto Vindicatae nunc ad perpetuum Urbis Thorun, in Prussia Primariae sibique Amicae Decus Philosopho Polono Monumentum erigi curavit MDCCLXVI..

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Zernecke in seiner „Thornischen Chronica" über ihn mitteilt. Derselbe erzählt, daß er im Jahre 1570 zum Stadt- Physico ordinario