1893 Missouri Synod convention essay by Prof. Franz Pieper - pages 26-52
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The is likely one of the original “Brief Statement” by Franz Pieper. See this blog comment...
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26 Verhandlungen der 22sten Allgemeinen oder
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Vortrag.
Gehalten von Prof. F. Pieper.
Vom Hochwürdigen Präsidio dazu aufgefordert, der Delegatensynode eine kurze schriftliche Ausarbeitung über kirchliche Tagesfragen vorzulegen, habe ich — unter Zustimmung des Präsidii — das Thema gewählt:
Ueberblick über unsere Stellung in Lehre und Praxis, welche wir als Synode dem uns umgebenden Irrtum und Mißbrauch gegenüber einnehmen.
Ich beginne mit unserer
Stellung zur Heiligen Schrift.
Nicht nur in der äußeren Christenheit im Allgemeinen, sondern auch in solchen Teilen der Kirche, welche sich noch lutherisch nennen, greift man heutzutage die unfehlbare Autorität der Heiligen Schrift an. Die Heilige
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Schrift soll nicht mehr das unfehlbare Gotteswort sein, dem sich alles, was Mensch heißt, im Glaubensgehorsam zu unterwerfen hat, sondern ein Buch, das auch irrige Menschenmeinungen enthalte, an dem daher die Menschen Kritik üben könnten und müßten.
Solche Angriffe auf die Heilige Schrift sind ja nichts Neues. Heiden und offenbar Ungläubige haben zu allen Zeiten behauptet, daß in der Schrift Irrthümer und Widersprüche sich fänden und daß darum die Schrift nicht Gottes Wort sein könne. Wir finden daher sowohl die Kirchenväter als auch die späteren Lehrer der Kirche gelegentlich damit beschäftigt, diese Angriffe auf die Heilige Schrift zurückzuweisen. Aber neu ist, daß zu unserer Zeit die Lehrer der Kirche, und zwar solche, die das größte Ansehen haben^ im Angriff auf die Heilige Schrift mit Heiden und Ungläubigen gemeinschaftliche Sache machen.
Das ist die eigentümliche Sachlage in unserer Zeit! Die Lehrer der Kirche sind aus Vertheidigern der Heiligen Schrift deren Ankläger geworden. Sie behaupten nun auch — in Wort und Schrift —, daß nicht die ganze -Heilige Schrift Gottes Wort und unfehlbare Wahrheit sei. Die altkirchliche Lehre von der Inspiration, das heißt, die Lehre, daß die heiligen Schreiber nicht aus ihrem Eigenen, sondern nur das schrieben, was der Heilige Geist ihnen eingab, müsse aufgegeben werden. Man müsse zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem, zwischen Hauptsachen und Nebensachen in der Schrift unterscheiden. Jene seien vom Heiligen Geist eingegeben oder doch unter einer besonderen Leitung des Heiligen Geistes niedergeschrieben worden, diese nicht. In diesen letzteren Dingen müsse man Irrthümer zugestehen.
Es liegt auf der Hand, daß hiermit eine völlig neue Ordnung der Dinge in der christlichen Kirche geschaffen wird. Die Stellung der Menschen zur Schrift wird völlig geändert. Die Menschen stehen nicht mehr unter, sondern ü b er der Schrift. Denn wenn man auch zugibt, daß alle wesentlichen Stücke der seligmachenden Wahrheit in der Schrift sich finden, so hängt doch die Bestimmung darüber, was nun in der Schrift unfehlbare göttliche Wahrheit und im Glauben anzunehmen sei, vom Menschen ab. Nicht die Heilige Schrift bestimmt in letzter Instanz unsern Glauben, sondern die Menschen, welche in der Heiligen Schrift zwischen Wahrheit und Irrtum scheiden. Nicht mehr Gott regiert in der Kirche durch das Wort der Heiligen Schrift, sondern die Menschen werden thatsächlich zu Megenten in der Kirche eingesetzt, welche die Scheidung zwischen der Wahrheit und dem angeblichen Irrtum in der Schrift vollziehen.
Diese Stellung zur Schrift ist gottlos. Wer Irrtümer in der Schrift annimmt, widerspricht Christo in's Angesicht, der von der ganzen Schrift und jedem einzelnen Wort derselben sagt: „Und die Schrift kann doch nicht gebrochen werden." Die die Inspiration der Heiligen Schrift auf das sogenannte Wesentliche der Schrift einschränken wollen, wider-
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sprechen dem Apostel Christi, welcher uns bezeugt: „Alle Schrift von Gott eingegeben."
Aber auch hier sucht sich der Teufel noch in einen Engel des Lichts zu verstellen. Die Leugner der Unfehlbarkeit der Schrift behaupten im Interesse der wahren Gläubigkeit und Frömmigkeit zu handeln. Sie machen gegen uns geltend, daß der Glaube, welcher sich so schlechthin auf das Wort der Schrift gründe, Buchstabendienst sei und eine todte Rechtgläubigkeit fördere. Bei ihrer Stellung zur Schrift hingegen werde die Sache des Christentums auf die innere Erfahrung gestellt. Die Christen würden angehalten, das als Wahrheit anzunehmen, was sich ihnen in der geistlichen Erfahrung als Wahrheit bewähre. So werde die innere Gläubigkeit gefördert und der Veräußerlichung des Christentums vorgebeugt. Das. Christentum sei etwas, was seine Gewißheit in sich selbst trage und nicht der Verbürgung durch den Buchstaben der Schrift bedürfe.
Neu sind auch hierbei nur eine Anzahl von Ausdrücken, insofern man diese Art Theologie heutzutage „christliche Wissenschaft" nennt, näher, Ableitung der Lehre aus dem einheitlichen Princip des wiedergebornen oder christlichen Ich, aus dem christlichen Bewußtsein, aus dem Glauben der Kirche 2c. Die Sache ist alt. Wir haben hier, der Sache nach, denselben Irrtum, welchen Luther an den Schwärmern bekämpfte. Es ist der „Geist", der so klug und fromm ist aus sich selbst und durch sich selbst, daß er des äußeren, objectiv gewissen Wortes Gottes nicht bedarf, ja, sich durch dasselbe nur ungehörig beengt fühlt. Ueber die Fromm ig-keit dieses Geistes spricht sich Luther, und ihm nach unsere Kirche, in den Schmalkaldischen Artikeln bekanntlich also aus: „Alles, was ohne solch Wort (nämlich äußerlich Wort) und Sacrament vom Geist gerühmet wird, das ist der Teufel" (Müller, S. 322). Dasselbe Urteil haben wir über die neuere Theologie zu fällen, insofern sie uns von dem gewissen, äußeren inspirirten Wort der Heiligen Schrift auf die „innere Gläubigkeit" führen will. Daß man dies „Wissenschaft" titulirt, imponirt uns nicht, und daß. man dies wahre „Gläubigkeit" nennt, verfängt bei uns nicht. Wir wissen, was es ist. Es ist Unglaube. Glauben heißt nach biblischem und kirchlichem Sprachgebrauch, sich — auch wider Vernunft und „Erfahrung" — auf Gottes Wort gründen, wie es in der Schrift geschrieben steht. Nur das glauben und festhalten wollen, was sich dem Menschen als wahr und-annehmbar erweist — nun, das ist — ebenfalls nach dem Sprachgebrauch der Schrift und der christlichen Kirche — Unglaube! Es ist auch nicht das-christliche, sondern das unchristliche Ich, welches sich also geberdet. Es ist der Geist der Revolution des Menschen gegen Gott in seinem unfehlbaren Wort, dem man ein sehr fadenscheiniges Mäntelchen der Gläubigkeit und Frömmigkeit umzuhängen trachtet. Es wird nach diesem Recept in der Kirche Gottes alles umgekehrt und auf den Kopf gestellt. Der Glaube ruht nicht mehr auf der Schrift, sondern die Schrift ruht auf dem
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Glauben: Die Kirche ist nicht mehr auf dem Grund der Apostel und Propheten erbaut, sondern die Kirche steht auf sich selbst und die Schriften der Apostel und Propheten sind ein verbesserungsbedürftiger Auswuchs am Baum der Kirche. Nicht die Schrift richtet, was in der Kirche recht oder unrecht sei, sondern die Kirche richtet, was in der Schrift wahr oder falsch sei. Kurz: Es wird die Selbstherrlichkeit des sogenannten „christlichen Ich" proclamirt. Die Kirche soll souverän sein dem Worte Gottes und somit Gott selbst gegenüber. Es ist die Anarchie auf dem Gebiete der Kirche. Dem Anarchismus auf dem Gebiete des Staates tritt in unserer Zeit ein Anarchismus in der Kirche zur Seite. Er ist die notwendige Folge davon, daß man die christliche Lehre von der Inspiration der Schrift und damit die völlige Irrtumslosigkeit der Schrift aufgibt.
Wir wollen durch Gottes Gnade von diesem wahnwitzigen Treiben — denn anders kann man es nicht nennen — durchaus fern bleiben.
Wir wollen unsern Glauben, wie nicht auf den Pabst und die Tradition der Kirche, so auch nicht auf das „gläubige Ich", sondern auf das Wort der Apostel und Propheten, das heißt, auf das Wort der Schrift, gründen. Darum halten wir trotz alles Widerspruchs an der Inspiration der Heiligen Schrift fest, das heißt, wir halten fest, daß nicht bloß etwas oder viel in der Schrift, sondern daß die Schrift schlechthin, das heißt, alle Schrift, von Gott eingegeben sei; daß die heiligen Menschen Gottes nicht zum Teil nur aus Eingebung des Heiligen Geistes, zum Teil aber aus sich selbst geredet haben, sondern daß sie, wie die Schrift bezeugt, geredet haben, getrieben von dem Heiligen Geist. Es steht uns fest, daß die Schrift keine Irrthümer enthalte, sondern in allen ihren Worten unverbrüchliche Wahrheit sei. Und das wollen wir nicht erst durch eine kritische Untersuchung der Schrift feststellen, sondern das glauben wir auf Grund des Zeugnisses der Schrift über sich selbst, wie wir alle Glaubensartikel auf diesen Grund hin annehmen. Wir freuen uns zwar, Nachweisen zu können, daß die Widersprüche, auf welche sich die Feinde der Schrift berufen, thatsächlich nicht vorhanden sind. Aber auf diesen Nachweis gründen wir nicht unsern Glauben an die Schrift.
Im Anschluß hieran einige Worte über die sogenannte
höhere Kritik.
Dies ist ein ganz wunderbarer Zweig an dem Baum der modernen Schrift-wissenschaft. Er nennt sich „höhere" Kritik im Unterschiede von der „niederen" oder Textkritik, welche sich mit der Feststellung des biblischen Textes auf Grund der alten Documente beschäftigt. Diese Textkritik ist an sich ein ehrliches Geschäft. Dasselbe läßt sich nicht von der sogenannten höheren Kritik sagen. Indem man in einer gewissen „wissenschaftlichen", nur dem engen Kreis der Sachkundigen verständlichen Weise die einzelnen Bücher der Schrift ansieht, will man unter Absetzung auch von dem, was die
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Schaft selbst über sich sagt, dahinterkommen, wann und von wem die einzelnen Bücher der Schrift geschrieben worden seien. Wir wollen nicht weiter versuchen, uns das eigentümliche wissenschaftliche Verfahren klar zu machen, zumal die namhaftesten Vertreter desselben behaupten, daß nur der enge Kreis der Eingeweihten im Stande sei, diese Wissenschaft zu verstehen und zu würdigen. Wir wollen nur nach den allen Christen verständlichen Resultaten fragen.
Das Resultat ist beispielsweise dieses: Während der HErr Christus bezeugt: Moses hat von mir geschrieben, sagt die höhere Kritik fast einstimmig : Kein Wort hat Moses'von Christus geschrieben. Was wir jetzt die fünf Bücher Moses nennen, rührt von drei oder vier verschiedenen Autoren her, die lange nach Moses gelebt haben, und deren Schriften immer wieder überarbeitet und an einander und in einander geschoben, schließlich von einem anonymen Redactor, der nahezu tausend Jahre nach Moses lebte, in die uns vorliegende Form gebracht worden sind. Zu diesem Resultat kommt die höhere Kritik, indem sie gedachten Personen gewisse Eigenschaften in Sprache und Ausdruck willkürlich zuschreibt oder abspricht, und nach diesen angenommenen Eigenthümlichkeiten den Text der Schrift zerschneidet, wieder zusammensetzt und ineinanderschiebt.
Wir können der höheren Kritik, wie sie vor uns hintritt, schlechterdings gar kein Compliment machen. Wir verurteilen sie vom Standpunkt der Vernunft aus als eine Narrheit, und vom Standpunkt des Christentums aus als eine Gotteslästerung. Auch die positivsten unter den höheren Kritikern verlangen eine Revision, das heißt, ein Aufgeben der Jnspirations-lehre, weil sie fühlen, daß man mit einer Schrift, die Gottes Wort ist, nicht so umgehen darf, wie die Methode der höheren Kritik es vorschreibt.
In der Lehre von Gott
glauben wir, daß Vater, Sohn und Heiliger Geist, drei unterschiedliche Personen, der einige wahre Gott seien. Das glauben wir auf Grund der Heiligen Schrift. Wir verwerfen es, wenn man in neuerer Zeit die Lehre von der Dreieinigkeit aus einem sogenannten Grundbegriff, z. B. aus dem Begriff der „Urpersönlichkeit" oder des „absoluten Willens" oder aus dem Begriff der „Liebe" oder aus irgend einem ändern „Begriff" entwickeln und so als „notwendig" für die menschliche Vernunft Nachweisen will. Alle Beweise für die Vernunftmäßigkeit der Lehre von der heiligen, Dreieinigkeit sind vom Uebel, weil sie im besten Falle nichts beweisen, gewöhnlich aber mit ganz falschen Vorstellungen verbunden sind und das göttliche Geheimniß zerstören. Wir glauben mit der ganzen Christenheit auf Erden einen dreieinigen Gott, weil die Heilige Schrift uns dieses hohe und selige Geheimniß offenbart.
Von dem Sohne Gottes bekennen wir dem modernen Irrtum gegenüber insonderheit, daß er mit dem Vater und dem Heiligen Geist
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sei „gleicher Gott von Macht und Ehren". Jeden Subordinatianismus, d. H. jede Lehre, welche den Sohn Gottes nach seiner göttlichen Natur geringer macht als den Vater, hakten wir für einen Rückfall in heidnische Vielgötterei. Denn ist der Sohn dem Wesen nach geringer als der Vater, so gibt es nicht bloß ein, sondern mehrere göttliche Wesen, und es wird nicht mehr ein einiger Gott geglaubt, sondern mehrere Götter werden angenommen.
Von dem Sohne Gottes bekennen wir weiter, daß er in der ganzen Fülle des göttlichen Wesens Mensch geworden sei. Wirverwerfen die sowohl gegen den natürlichen Gottesbegriff als auch gegen die klare Schrift verstoßende Lehre der sogenannten Kenotiker, daß der Sohn Gottes in seiner Menschwerdung und zum Zweck derselben einen Teil der göttlichen Eigenschaften, nämlich die Allmacht, Allwissenheit und Allgegenwart, abgelegt habe und so gleichsam als ein halber Gott Mensch geworden sei. Wir halten vielmehr fest, daß der Sohn Gottes auch im Stande der Erniedrigung die ganze göttliche Herrlichkeit besessen habe, und daß so „der HErr der Herrlichkeit" mit Seinem Thun und Leiden für uns in's Mittel getreten sei und dadurch eine ewige Erlösung erfunden habe. So glauben wir auf Grund der Schrift. Wie die Jünger an Christo auch im Stande der Erniedrigung seine Herrlichkeit sahen, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes vom Vater, so schauen wir dieselbe Herrlichkeit an Christo in den heiligen Evangelien. Der Abzug von der göttlichen Herrlichkeit, welchen die moderne Theologie sich gestattet, ist durch den Rationalismus dieser Theologie veranlaßt, welcher das kssndlich große Geheimniß der Offenbarung Gottes im Fleisch der menschlichen Vernunft begreiflicher machen will, aber dabei auf immer neue Thorheiten, auch vor der menschlichen Vernunft, gerät.
Wenn neuerdings in Deutschland Männer aufgetreten sind, welche im zweiten Artikel das „Empfangen vom Heiligen Geist" streichen und Christum für einen natürlichen Sohn von Joseph und Maria erklären wollen, so stehen diese außerhalb der christlichen Kirche.
Besonders haben wir in der Lehre vom Heilswege dem modernen Irrtum gegenüber die geoffenbarte Wahrheit zu bekennen.
Der Character der modernen Theologie besteht darin, daß sie unter dem Vorgeben, den Menschen nicht zu einer Maschine degradiren lassen zu wollen, das dem Menschen zuschreibt, ganz oderteilweise, was doch Gott allein zukommt; daß sie den Menschen da Mitwirken läßt, wo doch Gott allein wirkt. Das trat uns schon bei der Lehre von der Inspiration entgegen. Die Heilige Schrift soll nicht lauter Gottes Wort sein, das Gott durch Menschen, als seine bloßen Werkzeuge, geredet hat, sondern ein Product, das durch ein Zusammenwirken von Gott und Mensch entstanden und somit teils Gotteswort, teils Menschenwort ist. So auch in der Lehre vom Heilswege. Bekehrung und Seligkeit soll nicht allein von Gottes Gnade abhängig, sondern ein Product des Zusammenwirkens von Gott und
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Mensch sein. Und wie bei der Annahme, daß die Heilige Schrift teils Gottes- teils Menschenwort ist, der Mensch zum Richter über die Schrift eingesetzt wird, so wird bei der Annahme, daß Gott und Mensch zur Bekehrung zusammenwirken, des Menschen Thun oder Verhalten gerade zum ausschlaggebenden Factor bei der Bekehrung und Erlangung der Seligkeit gemacht. Was sich ergibt, ist dies: unsere Seligkeit soll nicht in Gottes Gnadenhand, sondern in unserer eigenen Hand stehen. Man hat sich nicht gescheut, es auszusprechen, daß Bekehrung und Seligkeit im letzten Grunde auf des Menschen Selbstentscheidung oder gutem Verhalten beruhe. Das ist der allgemeine Character der modern-lutherischen Lehre vom Heilswege, insofern sie sich von der Lehre der Kirche der Reformation unterscheidet.
Wir sagen uns von jeder Lehre, durch welche eine Mitwirkung des Menschen zu seiner Bekehrung angenommen wird, als einer radicalen Verfälschung des ganzen Christentumes auf das Entschiedenste los.
Unsere Lehre von der Bekehrung.
Wir glauben auf Grund der Heiligen Schrift, daß der natürliche Mensch nicht bloß halbtodt, sondern todt — wirklich todt — in Sünden sei; daß der natürliche Mensch dem Heil in Christo sich nicht entgegenstreckt, sondern dasselbe für eine Thorheit hält und sich, so viel an ihm ist, gegen dasselbe wehrt. Wir halten darum auch auf Grund der Schrift mit unserm Be-kenntniß fest, daß jede Bekehrung, welche zu Stande kommt, weder zur Hälfte noch zum vierten, noch auch zum tausendsten Teil auf des Menschen Mitwirkung oder gutem Verhalten stehe, sondern ,,in soliäum" ein Werk des Heiligen Geistes sei, der dasselbe mit seiner allmächtigen Gnadenkraft durch die Gnadenmittel in uns vollbringt. Wir glauben von ganzem Herzen: Gott, der da hieß das Licht aus der Finsterniß hervorleuchten, der hat einen Hellen Schein in unsere Herzen gegeben. Daß wir zum Glauben an Christum kommen, geschieht nach der Wirkung seiner mächtigen Stärke, die er gewirket hat in Christo, da er ihn von den Todten auferwecket hat. Da wir todt waren in Sünde, hat er — Gott — uns sammt Christo lebendig gemacht. Die Bekehrung ist eben nicht eine Ausbesserung des alten Menschen oder eine Erregung (exeitatio) von im Menschen noch schlummernden Kräften, sondern eine von Gott gewirkte Wiedergeburt, die Erweckung eines geistlich Todten, dieSetzung eines neuen geistlichen Lebens.
Man hat uns zugerufen: Was für eine Kluft richtet ihr da zwischen dem natürlichen Menschen und dem Christen auf? Habt ihr denn gar kein Verständniß für das natürlich Gute im Menschen, für die Rechtschaffenheit und Ehrbarkeit und für die Tugendbestrebungen, die sich doch auch noch bei dem natürlichen Menschen finden? Wohl erkennen wir — gleichfalls mit unserm Bekenntniß — eine bürgerliche Gerechtigkeit im natürlichen Menschen an. Wir halten sie auch hoch als ein köstliches, ja, als das köstlichste Gut auf dem Gebiete des Staates oder bürgerlichen Lebens. Aber alle natür-
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liche bürgerliche Rechtschaffenheit ist weder ein Teil der Bekehrung noch eine Vorbereitung auf dieselbe. Alles menschliche Streben auch in seiner edelsten Gestalt bleibt auf dem Gebiet des Fleisches. Aus dem Fleisch kommt nie der Geist heraus. Man kann dem Fleisch durch keine Schulung, Bildung und Cultur, weder durch die Logik, noch durch die Psychologie, noch durch die Metaphysik den Geist entlocken, weil — nun weil er nicht drin ist. Was vom Fleisch geboren ist, das ist und bleibt Fleisch. Nur was vom Geist geboren ist, das ist Geist. Nur Gottes allmächtige Gnadenhand kann die dem Menschen unübersteigliche Kluft zwischen Fleisch und Geist über-brücken. Nur eins kann der Mensch bei diesem Handel tun. Er kann Gottes Gnadenwerk hindern. Je mehr er sich z. B. durch seine Rechtschaffenheit zur Gnade schicken will, desto ferner tritt er der Gnade, und je mehr er sich bemüht, das Gnadengeheimniß mit der Vernunft zu messen, desto thörichter erscheint es ihm. Wie unser Bekenntniß sagt: „Wenn schon die allersinnreichsten und gelehrtesten Leute auf Erden das Evangelium vom Sohne Gottes und Verheißung der ewigen Seligkeit lesen oder hören, dennoch können sie dasselbige aus eigenen Kräften nicht vernehmen, fassen, verstehen noch glauben, sondern je größern Fleiß und Ernst sie anwenden, und diese geistliche Sachen mit ihrer Vernunft begreifen wollen, je weniger sie verstehen und glauben und solches allein für Thorheit oder Fabeln halten, ehe sie durch den Heiligen Geist erleuchtet und gelehrt werden."
Doch da hält man uns entgegen: „Wir meinen auch keine Mitwirkung zur Bekehrung oder Selbstentscheidung für Bekehrung aus natürlichen, sondern aus geistlichen, von Gottes Gnade zuvor geschenkten Kräften. Die Gnade ist uns alles!" In dieser Gestalt hält der Irrtum in unsrer Zeit viele gefangen. Daß man nämlich die Bekehrung doch nicht von der Gnade gewirkt sein läßt, tritt auf mehrfache Weise alsbald zu Tage. Man will ja durch die angenommene menschliche Mitwirkung, Selbstentscheidung, gute Aufführung 2c. vorder menschlichen Vernunft erklären, warum unter den Menschen die einen vor den ändern bekehrt werden. Ein lediglich von der Gnade gewirktes gutes Verhalten würde aber nicht erklären, warum die einen vor den ändern bekehrt werden. Sodann bringt man auch selbst das gute Verhalten ausdrücklich in Gegensatz zur Gnade, indem man sagt, daß die Bekehrung nicht allein von Gottes Gnade, sondern in gewisser Beziehung auch vom Verhalten des Menschen abhängig sei. Kurz, dieser Lehre, daß des Menschen Bekehrung von der Mitwirkung, Selbstentscheidung, oder dem guten Verhalten des Menschen abhänge, liegt die Leugnung des „allein aus Gnaden" zu Grunde.
Aber, hält man uns endlich entgegen: Man kann ja, wenn die Bekehrung allein von der Gnade gewirkt wird, nicht begreifen, warum dann nicht alle Menschen bekehrt werden! Wir antworten: Wir wissen so viel, daß es Gottes Gnade, und zwar Gottes Gnade allein ist, die uns bekehrt hat, und auf der ändern Seite wissen wir, daß es die Schuld der Menschen,
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und zwar der Menschen allein, und nicht in einem Mangel der Gnade begründet ist, wenn Menschen nicht bekehrt werden. Dabei lassen wir's bleiben, weil uns die Schrift nicht mehr offenbart. Ein Christ hat wirklich nicht das Interesse, daß ihm alle Fragen, die die menschliche Vernunft aufwirft, beantwortet werden. Er will vor allen Dingen auf eine Frage gewisse Antwort haben, auf die Frage nämlich, wie ein Sünder selig w ird. Ist ihm diese Frage beantwortet, so läßt er ihm genügen. Er hat nun im Glauben Gottes Gnade, den Himmel und die Seligkeit. Und das ist immerhin schon etwas. Nun wird es ihm nicht mehr das Herz verbrennen, daß er nicht alles wissen kann, sondern er in Bezug, auf manche Dinge, die zur Seligkeit zu wissen nicht not sind, bekennen muß: „Das weiß ich nicht", zumal der heilige Apostel sehr nachdrücklich alle Christen und auch alle Theologen daran erinnert, daß die Erkenntniß der göttlichen Dinge hie-nieden Stückwerk sei, und daß dieses Stückwerk erst aushören werde, wenn das Vollkommene kommen wird. Wenn man in neuerer Zeit so viel von den „intellektuellen Bedürfnissen" der Christen redet, die zu befriedigen die Theologie die Aufgabe habe, so schiebt eine rationalistisch entartete Theologie ihren Standpunkt der christlichen Kirche unter. Die christliche Kirche will gar nicht über Gottes Wort hinaus klug sein.
Die Lehre von der Rechtfertigung.
Indem wir für das „allein aus Gnaden" in der Lehre von der Bekehrung kämpfen, kämpfen wir natürlich zugleich für das „allein aus Gnaden" in dem Artikel von der Rechtfertigung. Als Erasmus gegen Luther in den öffentlichen Kampf trat mit der Behauptung, daß der freie Wille des Menschen in geistlichen Dingen noch etwas, wenn auch wenig, vermöge, da bekannte Luther in seiner Antwort: „Du bist mir an die Kehle gefahren." Luther wollte damit sagen: „Hat Erasmus recht mit seiner Behauptung von der Mitwirkung des Menschen zur Bekehrung, so fällt meine Lehre, auf welcher ich wider das Pabsttum stehe, die Lehre nämlich, daß der Mensch aus Gnaden um Christi willen, d. H. allein durch den Glauben und nicht durch die Werke gerecht und selig wird, dahin." So ist es! Die Patrone des freien Willens sind Feinde der Gnade. Jeder Synergismus stößt den Artikel von der Rechtfertigung um. Hängt die Bekehrung oder der Glaube nicht allein von Gottes Gnade ab; ist der Glaube nicht eine Wirkung der Gnade allein, sondern auch ein Product des menschlichen Willens: dann wird der Mensch nicht mehr aus Gnaden um Christi willen gerecht, selbst wenn man den Ausdruck „durch den Glauben" oder auch „allein durch Glauben" äußerlich noch festhält. Das ist dann nicht mehr der Glaube, den der heilige Apostel bei der Rechtfertigung in Gegensatz zu Menschenwerken stellt, wenn er schreibt: „So halten wir es nun, daß der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke allein durch den Glauben", und: „Derhalben muß die Gerechtigkeit durch den Glauben kommen, auf daß sie
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sei aus Gnaden", sondern der Glaube der Semipelagianer und Synergisten ist selbst ein teilweises Menschenwerk und ihre Lehre von der Rechtfertigung aus dem Glauben ist thatsächlich eine Rechtfertigung auch aus den Werken. So sehr ist der Synergismus seinem Wesen nach Leugnung des . Artikels, daß der Mensch allein aus Gnaden gerecht und selig werde, daß das Gewand der Rechtgläubigkeit, in das er sich durch den Gebrauch einzelner rechtgläubiger Ausdrücke zu hüllen sucht, sich bei jeder Bewegung verschiebt und ihn in der Schande seiner Blöße vor allen Sehenden offenbar werden läßt. Dieselben Leute nämlich, welche bei gewissen Gelegenheiten das „allein aus Gnaden" mit dem Munde hoch rühmen, sagen zu anderer Zeit frank und frei: daß des Menschen Seligkeit im letzten Grunde auf seiner eigenen freien Entscheidung beruhe, oder: daß die Seligkeit nicht allein von Gottes Gnade abhänge, oder: daß der Glaube in der Rechtfertigung als freie Selbstthat des Menschen zu fassen sei. Wollen wir daher den Hauptartikel der christlichen Religion festhalten, den Artikel, wodurch sich die christliche Religion von allen heidnischen und sogenannten christlichen Religionen unterscheidet, nämlich den Artikel von der Rechtfertigung, den Artikel, daß der Mensch aus Gnaden um Christi willen durch den Glauben selig wird: so müssen wir mit allem Synergismus unverworren bleiben. Unser Kampf in dem Streit über die Bekehrung und Gnadenwahl galt dem Artikel von der Rechtfertigung. Hätten wir, um äußerlich Frieden zu bewahren, dem sich erhebenden Synergismus eine Stätte unter uns gewährt, so hätten wir aufgehört, die Kirche der Reformation zu sein.
Wir haben soeben den Artikel von der
Gnadenwahl
erwähnt. Sollen wir ganz kurz unsere Stellung in diesem Lehrartikel angeben, so sagen wir: Wir weisen alle alten und neuen Irrlehren zurück, durch welche irgendwie, grob oder fein, die allgemeine Gnade oder die freie Gnade geleugnet wird.
Wir stehen erstlich im Gegensatz zu allen, die die allgemeine Gnade Gottes leugnen oder schmälern. Wir lehren, es gibt keine Prädestination zur Verdammniß, weder so, daß Gott von vornherein einen Teil der Menschen zur Verdammniß erschaffen hätte, noch so, daß Gott mit seiner Gnade an einem Teile der Menschen vorüberginge. Wir unterscheiden nicht zwischen einer schwachen allgemeinen und einer starken bekehrenden Gnade, welche erstere sich auf alle Menschen und welche letztere sich nur auf die Seligwerdenden bezöge, sondern wir halten dafür, daß auch die Gnade, welche den Verlorengehenden zu Teil wird, ihrer Kraft und Absicht nach eine bekehrende Gnade ist. Wir lehren ferner: Wohl gibt es eine Verstockung, aber wir wissen aus der Schrift, daß die Verstockung nur da als Strafe ein-tritt, wo man sich der Gnade Gottes beharrlich widersetzt, so daß gerade die Verstockung ein Beweis dafür ist, daß Gottes allgemeine Gnade eine
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ernstlich gemeinte sei. Wohl sehen wir ferner, daß viele Menschen zu ändern und selbst noch zu unsern Zeiten die Predigt des Evangeliums nicht haben. Aber auch das bewegt uns nicht, die allgemeine ernstliche Gnade Gottes in Zweifel zu ziehen. Die Schrift, welche uns bezeugt, daß Gott will, daß allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntniß der Wahrheit kommen — die Schrift ist uns klarer als die Geschichte, deren Wege uns Gott nicht ausgedeckt hat. Wir erwarten, daß wir im ewigen Leben auch erkennen werden, wie Gott die ohne sein Wort dahinlebenden Heiden, z. B. die Heiden im Innern Afrikas, gerade so ernstlich selig machen wollte, als die Menschen, welche unter dem Schall des Evangeliums leben. Inzwischen glauben wir es Ihm auf sein Wort hin. Wir wollen mit jeder Theologie unverworren bleiben, welche Gott in seinem Wort nur so weit glauben und trauen will, als sie ihm die Richtigkeit und Wahrhaftigkeit desselben nachrechnen kann. Kurz, wir halten dafür, daß kein Mensch aus einem Mangel der Gnade Gottes verloren geht. Es gibt keine Prädestination zur Verdammniß und wir lehren sie nicht. Gottes Gnade in Christo ist uns eine allgemeine und ernstliche Gnade. Daß man uns eines Particularismus in der Lehre von der Gnade beschuldigt hat und noch beschuldigt, ist ein Werk des Vaters der Lüge.
Aber es gibt eine Prädestination oder ewige Erwählung zur Seligkeit, und die lehren wir. Ein so tiefes Schweigen in der Schrift hinsichtlich einer'Erwählung zur ewigen Verdammniß herrscht, so klar ist in derselben eine Erwählung zur ewigen Seligkeit bezeugt. Aus der Lehre vom Heilswege wissen wir schon, daß die Menschen, so viele ihrer bekehrt und selig werden, nicht aus irgend einem Verdienst ihrerseits, sondern allein aus Gnaden um Christi willen aus den Heilsweg geführt und aus demselben erhalten werden. Hierzu fügt die Heilige Schrift nun noch die Offenbarung, daß Gott das, was er so in der Zeit an jedem einzelnen der Seligwerdenden thut, schon von Ewigkeit an jedem einzelnen derselben zu tun beschlossen habe. Das ist die ewige Erwählung oder Prädestination zur Seligkeit. Die Heilige Schrift führt die Berufung, die Bekehrung, die Rechtfertigung, die Heiligung, die, Erhaltung der Seligwerdenden auf ihre ewige Erwählung zu allen diesen Stücken zurück. Man braucht nur die einfachen, klaren Worte der Schrift zu hören, um das zu erkennen. So z. B. preist St. Paulus Eph. 1, 3. die Gnade, die den Kindern Gottes in der Zeit widerfahren ist: „Gelobet sei Gott und der Vater unsers HErrn JEsu Christi, der uns gesegnet hat mit allerlei geistlichem Segen in himmlischen Gütern durch Christum", und Lsügt dann V. 4. hinzu: „Wie er uns denn erwählet hat durch denselbigen, ehe der Welt Grund gelegt war, daß wir sollten sein heilig und unsträflich vor ihm in der Liebe; und hat uns verordnet zur Kindschaft gegen ihm selbst, durch JEsum Christ, nach dem Wohlgefallen seines Willens, zu Lob seiner herrlichen Gnade, durch welche er uns hat angenehm gemacht in dem Geliebten." 2 Tim. 1, 9. rühmt der Apostel im Namen aller Kinder Gottes
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von Gott: „Der uns hat selig gemacht, und berufen mit einem heiligen Ruf", und setzt hinzu: „Nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Vorsatz und Gnade, die uns gegeben ist in Christo JEsu vor der Zeit der Welt." Unsere Concordienformel drückt das bekanntlich so aus: „Daß Gott eines jeden Christen Bekehrung, Gerechtigkeit und Seligkeit so hoch ihm angelegen sein lassen, und es so treulich damit gemeint, daß er, ehe der Welt Grund geleget, darüber Rat gehalten und in seinem Vorsatz verordnet hat, wie er mich dazu bringen und darinnen erhalten wolle." (Müller, S. 714.) Das ist die ewige Erwählung der Kinder Gottes zur Seligkeit!
Was hat nun Gott dabei im Menschen angesehen, das ihn zu solcher Erwählung bewogen oder veranlaßt hätte? Nichts! Wie die Schrift ausdrücklich erklärt: „Nicht nach unsern Werken" — also auch nicht nach unserm guten Verhalten —, „sondern nach seinem Vorsatz und Gnade, die uns gegeben ist in Christo JEsu vor der Zeit der Welt." Daher denn auch unser Bekenntniß von dem Artikel von der ewigen Erwählung sagt, daß er „gar gewaltig" den Artikel bestätige, „daß wir ohne alle unsere Werke und Verdienst lauter aus Gnade allein um Christi willen gerecht und selig werden".
Wenn man uns nun fort und fort beschuldigt, daß wir mit unserer Lehre, Gott habe bei der Erwählung zur Seligkeit nichts im Menschen angesehen, einen neuen, einen zweiten Heilsweg für die Auserwählten aufrichteten, so kommt das daher, daß man aus Seiten des Widerparts den einen alten christlichen Heilsweg in der Lehre verlassen hat. Freilich, wer da lehrt, daß des Menschen Seligkeit im letzten Grund auf seiner freien eigenen Entscheidung beruhe, oder wer da sagt, daß des Menschen Bekehrung und Seligkeit nicht allein von Gottes Gnade, sondern in gewisser Hinsicht auch von dem Verhalten des Menschxn abhänge, der ist so weit von dem einen christlichen Heilswege abgekommen, daß ihm derselbe nun ganz fremd und neu vorkommt. Aber wir unsern Teils sind aus der Schrift gewiß, daß wir uns mit unserer Lehre, Gott habe bei der ewigen Erwählung zur Seligkeit nichts im Menschen angesehen, aus dem einen christlichen Heilswege befinden, während unsere Gegner auf papistischem Gebiet sich angebaut haben. Wir wollen — dazu gebe uns Gott seine Gnade — nie aus dieses Gebiet, das wahrlich ein schlechter Wohnplatz für arme Sünder ist, übersiedeln, sondern vielmehr mit unserm Bekenntniß, einem synergistischen Geschlecht gegenüber, auch in der Lehre von der Erwählung bekennen: „Es ist falsch und unrecht, wenn gelehrt wird, daß nicht allein die Barmherzigkeit Gottes und das allerheiligste Verdienst Christi, sondern auch in uns eine Ursache der Wahl Gottes sei, um welcher willen Gott uns zum ewigen Leben erwählet habe." (Müller, S. 723.)
Daß hierbei manche Fragen für die menschliche Vernunft ungelöst bleiben, namentlich auch die Frage: „Warum die einen vor den ändern, da alle von Natur in gleichem Verderben und in der gleichen Schuld sind?"
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dessen sind wir uns wohl bewußt. Aber die Kirche Gottes hat nicht die Aufgabe, die in geistlichen Dingen vollkommen blinde menschliche Vernunft zu befriedigen, sondern die, die sündigen Menschen durch die Verkündigung der göttlichen Offenbarung selig zu machen. Die göttliche Offenbarung geht aber, wie auch unser Bekenntniß bezeugt, nur so weit: „Israel, daß du verdirbst, die Schuld ist dein; daß dir aber geholfen wird, ist lauter meine Gnade." Bei dieser alle christlichen Bedürfnisse befriedigenden Lehre wollen wir durch Gottes Gnade bleiben.
Die Lehren von der Sünde und von der Gnade, näher bezeichnet, die Lehren von der Bekehrung, Rechtfertigung und Gnadenwahl standen in den beiden letzten Jahrzehnten im Vordergrund des kirchlichen Kampfes. Aber wir sind auch noch fortwährend veranlaßt, die rechte
Lehre von der Kirche
und was damit zusammenhängt, die Lehre, welche unsere Väter in den beiden ersten Jahrzehnten ihres kirchlichen Wirkens vornehmlich beschäftigte, zu bekennen.
Auch die rechte Lehre von der Kirche ist, wie alle Lehren des Wortes Gottes, überaus einfach. Die Summa der ganzen Lehre, die wir dem vielgestaltigen Irrtum gegenüber festzuhalten haben, ist in der Antwort auf zwei Fragen enthalten. Es sind dies die Fragen: „Was ist die Kirche? ' und „Wen aus Erden hat Christus mit aller Kirchengewalt ursprünglich belehnt?"
Was ist die Kirche? Die Kirche ist nicht mehr und nicht weniger als die Gemeinde der Gläubigen. Die Kirche ist nicht eine Summe von kirchlichen Ordnungen, Einrichtungen 2c., sondern die Summa der an Christum gläubigen Menschen. Die Kirche ist nicht eine äußere Organisation, eine „Anstalt", wie man sich heutzutage gern ausdrückt, in der die Christen nur einen mehr oder minder wesentlichen Bestandteil bilden, ja, auch wohl ganz fehlen können, sondern die Kirche ist die wunderbare, hier auf Erden den Menschenaugen verdeckte Gemeinschaft der gläubigen Menschen. Wer unter den Menschen — vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang — durch Wirkung des Heiligen Geistes an Christum als seinen Heiland glaubt, ist ein Glied der Kirche, wenn er auch in manchen Stücken der christlichen Lehre aus Schwachheit irren, in irrgläubiger äußerer Gemeinschaft sich befinden und sehr gebrechlich im Leben sein sollte. Hingegen: Wer nicht an Christum glaubt, gehört nicht zur Kirche, sondern ist im Reich des Teufels, wenn er auch in allen Artikeln der Lehre die rechte Kopferkenntniß haben und Consistorialrat oder auch Zummus 6pi8oopu8 in der Kirche sein sollte. Wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein, und wenn er sonst alles haben sollte. Wer nicht ein wiedergeborner Christ ist, ist nicht ein Glied der Kirche, und wenn er sonst alles in Welt und Kirche sein sollte. Die Kirche ist der geistliche Leib Christi; die Gesammtheit derer, welche durch Einwoh-
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nung des Heiligen Geistes im Glauben an Christum mit geistlichem Leben erfüllt sind und immer von neuem erfüllt werden.
Dies festzühalten, ist von der äußersten Wichtigkeit. Daß man diesen allein schriftgemäßen Begriff von der Kirche, der früher auch den Kindern von sieben Jahren geläufig war, als einen spiritualistischen aufgegeben und dafür den Begriff der Kirche als einer äußeren Anstalt eingeführt hat, rächt sich alsbald bitter. Da betont man nun anstatt der Einheit und Reinheit der Lehre die Aufrechterhaltung der äußeren kirchlichen Sitte. Dann macht man den Christen anstatt des Bekenntnisses der Wahrheit die Erhaltung des äußeren Kirchenfriedens zur Gewissenspflicht. Zum Bau der Kirche als einer äußeren Anstalt kann man freilich den Arm der weltlichen Obrigkeit, den ganzen staatskirchlichen Apparat, äußeren Zwang, menschliche Ordnungen, ja, auch wohl Fairs, Tea-Parties, Oyster-Suppers 2c. verwenden. Wo man hingegen festhält, daß die Kirche nicht mehr und nicht weniger ist, als die geistliche Gemeinschaft der an Christum Glaubenden, daß also die Kirche gebaut wird, wenn eine Seele an ihren Heiland gläubig wird und die Glaubenden im Glauben befestigt werden, und daß die Kirche geschädigt wird, wenn der Glaube an Christum gehindert oder geschädigt wird — ich sage, wo man diese Erkenntniß festhält, da sieht man zuerst, zuletzt und immer darauf, daß das Evangelium rein gepredigt und die Sacramente recht verwaltet werden, als wodurch allein der Glaube an Christum erzeugt und erhalten wird. Da übt man Zucht in Lehre und Leben. Da tritt man immerfort den Irrlehrern als den schlimmsten Feinden der Kirche entgegen. Da ist man fleißig in der Ausbildung von solchen Lehrern und Predigern, die Gottes Wort lauter und rein lehren können. Da verachtet man zwar kirchliche Ordnungen nicht, zumal solche getroffen werden müssen, wo eine Anzahl Christen zusammenwohnen, legt ihnen aber nur insofern Werth bei, als sie dem Laufe des Wortes dienen, und ändert sie und schafft sie ab, sobald sie diesem Zweck nicht mehr dienen oder ihm entgegen sind und somit den Bau der Kirche, die da ist die Gemeinde der Gläubigen, hindern. Und zuletzt — und das ist? nicht das Unwichtigste —^ wo man festhält, daß die Kirche nicht eine äußere Anstalt, sondern die Gemeinde der Gläubigen ist, da prüft sich jeder, der in der äußeren Gemeinschaft der Kirche sich befindet, in seinem Kämmerlein, ob er selbst auch im Glauben stehe und zu der Gemeinschaft der Gläubigen gehöre, außer welcher kein Heil ist, sintemal geschrieben steht: „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben, wer aber dem Sohne nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm." (Joh. 3, 36.)
Die zweite Frage ist die: „ Wen auf Erden hat Christus mit der geistlichen Gewalt, die es in der Kirche gibt, z. B. mit der Gewalt, Prediger zu berufen, die unbußfertigen Sünder auszuschließen und die bußfertigen zu absolviren, Ordnungen aufzurichten 2c. belehnt?" Ist es der Pabst? Sind es die sogenannten Bischöfe? Ist es der sogenannte Stand der Pastoren?
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Sind es endlich gar die weltlichen Fürsten oder die weltliche Obrigkeit? Nichts von alledem! Alle geistliche Gewalt in der Kirche haben diejenigen, welche die Kirche sind, die Christen. Die Christen sind durch den Glauben an Christum Gottes Kinder und damit in das ganze geistliche Erbe eingesetzt. Alles, was ungläubig ist, mag es äußerlich noch so hochgestellt sein, sei es im Staat, sei es im äußeren Verbände der Kirche, hat nicht geistliche Gewalt, weder viel noch wenig, sondern Gottes Zorn und die ewige Ver-dammniß. Alles, was Christus erworben hat, hat und hält nur der Glaube. Der Glaube hat alles, der Unglaube nichts.
Keine ändern als die Gläubigen sind es, die die Schrift als Inhaber der Schlüssel des Himmelreichs an den bekannten Stellen Matth. 16. Matth. 18. Joh. 20. nennt. Allein die Gläubigen sind es, zu denen St. Paulus spricht: „Alles ist euer." (1 Cor. 3.) Sie, die Gläubigen, find mit der Predigt des Evangeliums ursprünglich beauftragt. Der Befehl: „Gehet hin und lehret alle Völker und tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe", ist an alle Gläubigen gerichtet, wie aus dem Zusatz hervorgeht: „Und stehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende." Sie, die Gläubigen, sind es daher, welche auf Christi Befehl das von Christo geordnete Predigtamt unter sich aufrichten, indem sie das Predigtamt tüchtigen Personen durch Berufung übertragen. Sie sind es auch, die in christlicher Freiheit nach Gelegenheit des Orts, der Zeit und der besonderen Umstände alle die Dinge ordnen, die Christus nicht selbst bestimmt hat.
Das ist die einfache und klare Lehre des Wortes Gottes und unserer theuren lutherischen Kirche. Es ist eine Katechismuswahrheit. Daß man sie vergessen und einzelnen Personen in der Kirche oder im Staat die geistliche Gewalt zugesprochen hat, kommt daher, daß man Überhaupt vergaß, was Christentum und ein Christ sei. Es kam und kommt daher, wie unsere nun zumeist in Gott ruhenden Väter immer wieder betont haben, daß man den Artikel von der Rechtfertigung vergaß.
Wir wollen die köstliche Wahrheit, daß die Christen alle geistliche Gewalt haben, festhalten. Wo sie in den Herzen lebt, da wird man Gott recht danken für die wunderbare Hoheit und Herrlichkeit, mit welcher er den vor der Welt verachteten Christenstand bekleidet hat. Da wird man auch in der Erkenntniß, daß nicht bloß einzelne Personen in der Kirche, sondern alle Gläubigen, Mann für Mann, mit der Ausbreitung des Evangeliums beauftragt sind, die Pflicht erkennen, daß alle Christen für die Predigt des Evangeliums und alles, was dazu gehört, z. B. für die Errichtung von Anstalten, Missionen 2c., zu sorgen haben. Da wird man ferner einerseits eifersüchtig über die Christenrechte und die christliche Freiheit wachen, die Christus nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem Blut erworben und dem Glauben geschenkt hat ; denn Kirchenraub, das ist, alles Tun,
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wodurch man der Gemeinde der Gläubigen ihre Christenrechte nimmt oder beeinträchtigt, ist die schlimmste und schädlichste Species von Raub. Andererseits aber wird in allen Fällen, in welchen die christliche Freiheit nicht in Gefahr kommt, bei den Christen unter der rechten evangelischen Ermahnung ein wahrer Wetteifer entstehen, um der Liebe willen einander zu dienen, einander unterthan zu sein und sich in einander zu schicken.
Doch wir haben Veranlassung, betreffs der Lehre von der Kirche noch auf einige Nebenfragen einzugehen.
Wieviel Christen haben alle geistliche Gewalt? Ist es die Universalkirche? Ist es die Kirche eines ganzen Landes? oder doch eine ganze Synode? Es ist das eigentlich eine sonderbare Frage, da feststeht, daß die Gläubigen alsGläubige alles haben und daß es also nicht darauf ankommt, ob ihrer viel oder wenig sind. Aber die an sich sonderbare Frage müssen wir beantworten angesichts des Irrtums, der sich erhoben hat. Man hat nämlich entweder nur der Gesammtkirche oder doch nur der Kirche eines ganzen Landes oder Gebietes, oder doch nur einer ganzen Synode die Kirchengewalt zugestehen wollen. So hat denn auch Gott in seinem Wort uns diese Frage ganz ausdrücklich beantwortet. Christus nennt, Matth. 18., die Orts gemeinde als die Gemeinde oder Kirche, welcher er die Schlüssel des Himmelreiches und damit alle geistliche Gewalt verliehen hat. „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen." Größere kirchliche Körperschaften, wie Synoden, haben nur so viel Gewalt, als ihnen von den Ortsgemeinden übertragen wird. Der Kirche eines Landes oder einer Synode den Ortsgemeinden gegenüber eine Ueberordnung nach göttlichem Rechte zuzusprechen, ist ein Grundsatz von der furchtbarsten Tragweite. Es ist der Grundsatz, auf den das Pabst» tum gegründet ist. Wie das öffentliche Predigtamt das einzige von Gott gestiftete Amt in der Kirche ist, so ist auch die um dieses Predigtamt sich sammelnde Ortsgemeinde die einzige von Gott gestiftete äußere Gemeinschaft. Die Verbindung, in welche die Gemeinden eines Landes oder mehrerer Länder mit einander treten, sind nur menschliche Ordnung.
Man hat freilich neuerdings wieder die Ortsgemeinde eine „unbestimmte Größe" genannt. Aber es geht hier nicht nach menschlichem Sagen und Meinen, sondern nach dem Worte Gottes. Gottes Wort aber redet nicht nur von der Gesammtkirche, sondern auch von Ortskirchen. Wenn die Schrift z. B. sagt, daß Gott, der Vater, Christum gesetzt habe „zum Haupt der Gemeinde über alles, welche da ist sein Leib", so redet sie allerdings von der Gesammtkirche, das heißt, von der Gesammtheit der Gläubigen vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang. Aber die Heilige Schrift redet auch von Kirchen oder Gemeinden in der Mehrzahl. Sie redet z. B. von den Kirchen in Asien, 1 Cor. 16, 19.; von den Gemeinden in Macedonien, 2 Cor. 8,1.; von der Gemeinde Gottes zu Corinth, 1 Cor. 1,2.; von der Gemeinde zu Jerusalem, Apost. 8,1. Matth. 18,17.
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lesen wir: „Sage es der Gemeinde." An all diesen Stellen ist von Ortsgemeinden oder Partikularkirchen die Rede. Wir reden alle mit der Schrift, wenn wir von Ortsgemeinden reden. Undgeradeder Ortsgemeinde spricht die Schrift die Schlüssel des Himmelreichs und alles, was damit zusammenhängt, zu. Matth. 18. Die erste kirchliche Wahl, von der uns die Apostelgeschichte berichtet, ist eine von der Ortsgemeinde vorgenommene Wahl. Apost. 6. Die Ortsgemeinden wählen auf Veranlassung der Apostel Aelteste, das heißt, Pastoren, Apost. 14. Die Ortsgemeinde erhielt den Auftrag, die Bösen von sich hinauszutun (1 Cor. 5.) und die Bußfertigen wieder zu absolviren. (2 Cor. 2.) Die Ortsgemeinde wird von dem Apostel daran erinnert, daß sie darauf sehe, daß das öffentliche Predigtamt in ihrer Mitte recht verwaltet werde. (Col. 4, 17.)
In welchem Verhältnis stehen denn nun Gesammtkirche und Ortskirchen zu einander? Die Summa der Ortskirchen unter Hinzunahme der einzelnen Seelen, welche von aller äußeren Gemeinschaft mit Ortskirchen abgeschnitten sind, sind die Gesammtkirche. Auch die Ortsgemeinde besteht nicht aus Gläubigen und Heuchlern, sondern nur aus Gläubigen. Die Heuchler sind den Ortsgemeinden nur der äußeren Gemeinschaft nach beigemischt.
Dies lehrt die Heilige Schrift so klar wie möglich. St. Paulus nennt die Ortsgemeinde zu Corinth „die Gemeinde Gottes zu Corinth, die Geheiligten in Christo JEsu" (1 Cor. 1, 2.), und die Ortsgemeinde zu Rom „die Geliebten Gottes und berufenen Heiligen". (Röm. i, 7.) Dr. Walther befindet sich daher in völliger Uebereinstimmung mit der Schrift, wenn er eine evangelisch-lutherische Ortsgemeinde so definirt: „Eine evangelisch-lutherische Ortsgemeinde ist eine Versammlung gläubiger Christen an einem bestimmten Ort, bei welchen Gottes Wort rein gepredigt und die heiligen Sacramente nach Christi Einsetzung laut des Evangeliums gereicht werden." Die Heuchler, wie sic nicht Glieder der Gesammtkirche, der einen heiligen christlichen Kirche sind, so sind sie auch nicht Glieder der Ortskirche, sondern dieser nur nach der äußeren, sichtbaren Gemeinschaft beigemischt. Darauf gründet sich unsere Praxis, nur diejenigen in die Ortsgemeinde aufzunehmen, die wir der Liebe nach für Christen halten können, und diejenigen auszuschließen, deren Unglaube offenbar geworden ist. Die der Ortsgemeinde beigemischten Heuchler werden auch, wenn sie nicht Buße tun, nicht selig, sondern verdammt. Auch nicht ihnen, sondern allein den wahrhaft Gläubigen gehören die geistlichen Rechte, mit welchen Christus die Ortsgemeinde belehnt hat. Was die der Ortsgemeinde beigemischten Heuchler in der Ordnung Christi recht handeln, tun sie im Namen der wahrhaft gläubigen Kinder Gottes, die die Gemeinde bilden.
Sichtbare und Unsichtbare Kirche.
Weil die Kirche nichts anderes ist, als die Gemeinde der Gläubigen, wie unser Bekenntniß auf Grund der Schrift es ausdrückt, und allein Gott, der Herzenskündiger, diejenigen kennt, welche wahrhaft glauben, so ist und
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bleibt die Kirche in diesem Leben stets unsichtbar. Wenn man die Kirche teils unsichtbar, teils sichtbar genannt hat, so liegt dem entweder ein falscher Begriff von „Kirche" zu Grunde, indem man unter Kirche nicht die Summa der gläubigen Menschen, sondern eine Summa von äußeren, kirchlichen Ordnungen versteht, oder man befindet sich in einer geistigen Verwirrung, indem man das, was mit der Kirche verbunden ist — sei es notwendig, sei es zufällig — mit der Kirche selbst verwechselt. So hat man der Kirche eine „sichtbare Seite" zuschreiben wollen, weil das Wort Gottes und die Sacramente hör- und sichtbar seien. Nun ist es freilich wahr: das Wort Gottes und die Sacramente sind notwendig mit der Kirche verbunden. Sie sind ja die Gnadenmittel, durch welche die Kirche gezeugt und erhalten wird. Das Wort Gottes und die Sacramente sind daher auch die Kennzeichen der Kirche. Wir suchen das Weizenfeld da, wo der Weizen gesäet ist. So suchen wir die Kirche, die Gemeinde der Gläubigen, da, wo der Same der Kirche ist, die Gnadenmittel, durch welche Kinder Gottes geboren und genährt werden. Und daß wir da, wo das Wort Gottes eine Stätte gefunden hat, nicht vergeblich nach Kindern Gottes suchen, wissen wir aus der Verheißung Gottes, daß sein Wort nicht leer zurückkommen, sondern ausrichten soll, wozu es gesandt ist. Aber so wenig wir die Luft und das tägliche Brod einen Teil oder eine Seite des Menschen nennen, wiewohl der Mensch ohne diese Dinge nicht leben kann, so wenig nennen wir die Gnadenmittel einen Teil oder die sichtbare Seite der Kirche. Die Kirche ist nichts anderes als die Gemeinde der Gläubigen. Damit „verflüchtigen" wir die Kirche nicht, wie man uns vorwirft, sondern lassen sie in ihrer ganzen Gottesgröße und verdeckten Herrlichkeit stehen. Wir sehen sie zwar nicht, aber wir glauben sie, auf Grund des Wortes Gottes. Wir wissen auch gewiß, daß sie die allerrealste Macht in dieser Welt ist, um die sich alles dreht. Wir wissen, daß die ganze Welt und alles, was darinnen ist, nur ein Gerüst zum Bau der Kirche ist. Wir wissen, daß die Kirche trotz ihrer Unsichtbarkeit, das festgefügteste Gebäude ist, gegen das nicht nur die Menschen, sondern auch alle Teufel vergeblich anstürmen. Die sichtbaren Einrichtungen, auch die mächtigsten irdischen Reiche, sind gekommen und vergangen. Die Kirche ist geblieben — dieselbe geblieben — unter allem Wechsel und Vergehen der irdischen Reiche, und sie wird bleiben bis an den jüngsten Tag. Und wenn wir auf des HErrn der Kirche Befehl mit dem Evangelium ausgehen zum Bau der Kirche, so wissen wir, daß wir nicht in die Luft hineinbauen, sondern einen Stein nach dem ändern in den wunderbaren Bau der Kirche einfügen. Und wenn der Bau vollendet, wenn die letzte Seele bekehrt ist, dann wird der HErr der Kirche sichtbar wiederkommen und die Decke, die die Gottesstadt unserm leiblichen Auge hier verhüllt hat, wegziehen, und wir werden die Gottesstadt dann auch schauen in ihrer vollendeten Schöne und Herrlichkeit. Inzwischen glauben wir, was wir später schauen werden.
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Doch können wir denn gar nicht von sichtbaren Kirchengemeinschaf» ten hier auf Erden reden? Wir können nicht nur, sondern müssen auch so reden. Die Christen eines Orts sollen nicht jeder für sich allein stehen bleiben, sondern auch in äußere Gemeinschaft mit einander treten. Sie sollen das öffentliche Predigtamt unter sich aufrichten und sich in sichtbarer Gemeinschaft um dasselbe scharen. Wer sich hier beharrlich unsichtbar machen, das heißt, nicht in die äußere Gemeinschaft der Ortsgemeinde ein-treten will, offenbart damit, daß er nicht zur Kirche, das heißt, nicht zur Gemeinde der Gläubigen, gehört. Der äußere Zusammenschluß der Christen zur Ortsgemeinde ist göttliche Ordnung. Zu größeren kirchlichen Gemeinschaften, z. B. zu Synoden, mögen sich die Christen in christlicher Freiheit verbinden; zu Ortsgemeinden müssen sie sich nach göttlicher Ordnung zusammenschließen. So reden wir mit Recht auch von sichtbaren Kirchengemeinschaften.
Da habt ihr — so ruft man uns zu — also doch zwei Kirchen, eine sichtbare und eine unsichtbare. Durchaus nicht! Wir behalten eine Kirche. Weil wir Menschen einander nicht in's Herz sehen können noch sollen, so halten wir, der Liebe nach, alle diejenigen für Glieder der Gemeinde, welche mit uns den wahren Glauben bekennen und das Bekenntniß des Mundes nicht durch ihren Wandel wieder zurücknehmen. Uns bleibt dabei aber bewußt, daß vor Gott nur die Glieder der Kirche sind, iy deren Herzen auch wirklich der Glaube wohnt, den der Mund bekennt.
Rechtgläubige und irrgläubige Kircheugemeinschaften.
Die Christen sollen, wie bereits erwähnt worden ist, auch in äußere Gemeinschaft mit einander treten. Sie sollen das öffentliche Predigtamt unter sich aufrichten und als Gemeinschaft andere von Christo ihnen befohlene Werke verrichten. Welcher Art soll diese äußere Gemeinschaft sein, wenn man auf die bekannte und verkündigte Lehre sieht? Alle Christen haben Befehl, sich nur um die rechte Lehre des Wortes Gottes zu scharen und alle falschen Lehren und Lehrer zu meiden. Eine Gemeinschaft nun, in welcher, dem Befehl Christi gemäß, das Evangelium rein gelehrt und die Sacramente der Einsetzung Christi gemäß verwaltet werden, ist eine Gemeinschaft, wie Gott sie haben will. Das ist eine rechtgläubige Kirche. Leider aber kommen nicht alle Christen dem Befehle Christi nach, sondern halten sich aus Schwachheit zu solchen Lehrern, die nebenher falsche Lehren einführen. So entstehen und bestehen irrgläubige Kirchen. Irrgläubige Kirchen sind solche, in welchen zwar noch wesentliche Stücke des Wortes Gottes gelehrt, daneben aber auch Irrthümer verkündigt werden. Man spottet freilich in unserer Zeit vielfach über diese scharfe Unterscheidung zwischen rechtgläubiger und irrgläubiger Kirche. Man führt zum Teil sehr lose Reden über die „reine Lehre" und erklärt es für anmaßend, wenn eine Kirchengemeinschaft entschieden behauptet, die reine Lehre zu haben, und sich
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eine in allen Stücken rechtgläubige Kirchengemeinschaft nennt. Ja, man redet so, als ob die verschiedenen Kirchengemeinschaften mit den verschiedenen Lehren etwas von Gott Gewolltes seien. Das ist große Blindheit! Nach der Heiligen Schrift ist nur die eine, reine, in der Heiligen Schrift geoffenbarte Lehre in der Kirche berechtigt. Es ist keinem Lehrer erlaubt, irgend etwas anderes als Gottes reines Wort in der Kirche zu lehren, und es ist keinem Christen erlaubt, sich zu ändern Lehrern zu halten als solchen, die in allen Stücken bei Gottes Wort bleiben. Wenn es dennoch thatsächlich solche Lehrer und Gemeinschaften gibt, welche Irrthümer in der Lehre auf ihre Fahne geschrieben haben, so existiren diese Gemeinschaften nur unter Gottes Zulassung, nicht nach Gottes Willen. Gott will nur eine rechtgläubige Kirche auf Erden haben. Secten existiren unter Gottes Zulassung. Sie sind nicht dazu da,' daß man sich ihnen anschließe, sondern dazu, daß man sie meide. „Sehet auf die", ermahnet der Apostel Röm. 16,17., „die da Zertrennung und Aergerniß anrichten neben der Lehre, die ihr gelernt habt, und weichet von denselbigen." Wir wollen uns den Unterschied zwischen rechtgläubiger und irrgläubiger Kirche nicht verwischen lassen.
Noch ein Doppeltes ist hier festzuhalten. Erstens: Wir müssen bei dem rechten Begriff von rechtgläubiger Kirchengemeinschaft bleiben. Man nennt nämlich nach^dem unter den Secten herrschenden Sprachgebrauch vielfach d i e Kirchen orthodox, welche dem allgemeinen Umsturz gegenüber noch an gewissen Hauptwahrheiten festhalten, aber dabei andere klar in der Schrift geoffenbarte Wahrheiten dem menschlichen Belieben anheimgeben. Wir dagegen nennen die Kirchengemeinschaften orthodox oder rechtgläubig, welche die ganze in der Heiligen Schrift geoffenbarte heilsame Lehre annehmen und bekennen. Solche Kirchengemeinschaften sind möglich, weil Gottes Wort in Bezug auf alle Artikel völlig klar und auch den Einfältigen — und sonderlich ihnen — verständlich ist. Zweitens Hallen wir fest, daß die thatsächlich im Schwange gehende, nicht die bloß „offieiell anerkannte" Lehre über den Charakter einer Kirchengemeinschaft entscheide. Christus will sein Wort nicht bloß officiell, etwa durch ein im Archiv liegendes Document, anerkannt, sondern vor allen Dingen thatsächlich verkündigt haben. Nur durch die thatsächlich verkündigte rechte Lehre wird dem Reiche des Teufels Abbruch gethan und das Reich Christi gebaut. Daher dürfen wir nicht müde werden, unsere angehenden Prediger so zu schulen, daß jeder von ihnen im Stande ist, die rechte Lehre in allen Stücken vorzutragen. Auch dürfen wir nicht Nachlassen, über die Reinheit der Lehre bei denen zu wachen, die bereits im Amte stehen. Auch dürfen wir uns die Mühe nicht verdrießen lassen, alle Synodalpublicationen auf's Strengste in Bezug auf ihre Rechtgläubigkeit zu censiren. Die reine Lehre, die von einem indifferentistischen Zeitalter viel verspottete, will Gott haben, und sie ist der größte Schmuck einer Kirchengemeinschaft und das größte Gut für einen Ort und für ein ganzes Land.
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Noch über einige Stücke, welche mit der Lehre von der Kirche zusammen-hängen, mag hier ein kurzes Bekenntniß unsers Glaubens folgen. Wir verwerfen den
Chiliasmus.
Unter Chiliasmus verstehen wir die Lehre, nach welcher noch ein herrlicher Zustand der Kirche hier auf Erden in einem tausendjährigen Reiche zukünftig sein soll. Diese Lehre verwerfen wir als falsch, denn sie steht in directem Widerspruch mit vielen geoffenbarten Wahrheiten, insonderheit mit den Schriftstellen, welche sagen, daß die Kirche hier auf Erden bis zum Ende, und je näher dem Ende desto mehr, dem Kreuze unterworfen sein werde. Wir müssen durch viel Trübsal in das Reich Gottes eingehen. Etwas anderes ist den Christen, auf die äußere Lage gesehen, nicht verheißen. Wenn des Menschen Sohn kommen wird, meinst du, daß er auch werde Glauben finden auf Erden? — das ist die Signatur der Kirche der letzten Zeit. Wir verwerfen den Chiliasmus auch als eine gefährliche Lehre, weil er den Christen das Ziel verrückt und ihre Hoffnung verkehrt. Er verleitet die Christen, ihre Hoffnung, anstatt allein auf die Herrlichkeit im Himmel, auf eine erträumte Herrlichkeit hier auf Erden zu richten. Wir behandeln daher auch den Chiliasmus nicht als „offene Frage". Wir gestehen ihm keinerlei Berechtigung zu, sondern betonen, daß alle einzelnen Christen, Gemeinden und Kirchengemeinschaften die Pflicht haben, den Chiliasmus zu verwerfen.
Auch vom
Antichrist
glauben wir nicht, daß er noch zukünftig sei, sondern halten dafür, daß er im römischen Pabsttum groß und breit vor unsern Augen stehe und daß es ein sonderlicher Betrug des Teufels sei, daß so viele Christen, die doch um das Pabsttum und sein Wesen wissen, dasselbe dennoch nicht als den in der Schrift (sonderlich an der Stelle 2 Thefs. 2.) geweissagten Antichristen erkennen. Wir bekennen mit der Kirche der Reformation, daß das Pabsttum sei „der rechte Endechrist oder Widerchrist" (ipsum verum antiodris-lum), weil „sich alle Untugenden, so in der Heiligen Schrift vom Antichrist sind geweiffagt, mit des Pabstes Reich und seinen Gliedern reimen".
Die Heilige Schrift redet einmal von vielen Widerchristen, 1 Joh. 2,18.: „Nun sind viele Widerchristen worden." Damit bezeichnet sie alle falschen Lehrer. Alle falschen Lehrer sind thatsächlich Widerchristen. Christus will, daß allein sein Wort in der Kirche verkündigt werde und er somit allein in der Kirche regiere. Die falschen Lehrer aber, welche anstatt Christi Wort ihr eigenes Wort verkündigen, setzen sich in der Kirche thatsächlich an Christi Stelle und wider ihn; sie suchen, indem sie ihre eigene Lehre führen, ihre eigene Autorität wider Christi Autorität aufzurichten. Auch dieses Schriftwort von den vielen Widerchristen wollen wir stets wohl
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beherzigen, damit wir nicht vergessen, was für ein Greuel falsche Lehre sei. Alle falsche Lehre in der Kirche ist Empörung wider die Autorität Christi.
Aber darüber vergessen wir nicht, daß die Schrift noch von einem Antichristen redet, in welchem der Greuel aller falschen Lehre zur Vollendung kommt, und dessen Zukunft durch sonderliche Wirkung des Sataüs geschieht. Dieser eine Antichrist war zur Zeit der Apostel noch zukünftig, aber sonderlich St. Paulus hat ihn schon 2 Thess. 2. beschrieben. Und er ist im Pabsttum gekommen und durch die Reformation offenbar geworden.
Freilich dieses Bekenntniß verdenken uns nicht nur die Papisten. Es ist auch den modernen Theologen nicht recht. Aber es kommt das daher, daß man von den Grundwahrheiten des Christentums entweder gänzlich abgefallen ist oder doch nur eine unklare und mangelhafte Erkenntniß derselben besitzt. Nur zwei Katechismuswahrheiten braucht man klar zu erkennen, um überzeugt zu werden, daß das Pabsttum das wahre Antichristentum sei, und daß es keinen größeren Feind der christlichen Kirche geben könne als das Pabsttum. Es sind dies die beiden Wahrheiten: 1) die christliche Kirche ist die Gemeinschaft derer, welche glauben, daß sie allein aus Gnaden um Christi willen durch den Glauben und nicht durch ihre eigenen Werke gerecht und selig werden, und 2) die christliche Kirche ist nur Christo und seinem Worte und keinem Menschen und dessen Wort unterworfen. Vergegenwärtigen wir uns kurz die Bedeutung dieser Katechismuswahrheiten und halten wir dann das Wesen und die Ansprüche des Pabsttums dagegen.
Worin besteht eigentlich das innere Leben eines jeden einzelnen Christen und der ganzen christlichen Kirche? Was ist der eigentliche Puls sch lag des geistlichen Lebens aller derer, die Christen sind? Der Glaube, daß sie durch Christum allein und nicht durch eigene Werke Vergebung der Sünden haben. Dieser Glaube macht das eigentliche Wesen des geistlichen Lebens eines Christen aus. Was für einen Fisch das Wasser und für das natürliche Leben des Menschen die Luft ist, nämlich das Lebenselement, das ist für den Christen der Glaube, daß er durch Christum allein Vergebung aller Sünden habe und bei Gott in Gnaden sei. Wer dem Christen nicht diesen Glauben lassen will, der greift ihm an's Leben. Wer am meisten diesen Glauben gefährdet und angreift, der schadet der Kirche am meisten. Wer ist demnach der größte Feind der Kirche, wenn wir uns unter den Feinden derselben Umsehen? Sind's Nero, Decius und ihresgleichen, die lausende von Christen grausam hingeschlachtet haben? O nein! Dabei können die Christen im Glauben bleiben, Christo auf den Marterstätten Loblieder singen und in den Himmel eingehen. Aber wenn jemand ihnen Christum aus dem Herzen nimmt, dann geht's ihnen wahrhaft an's Leben, nämlich an das geistliche und ewige Leben. Und das thut das Pabsttum.
Das Pabsttum verflucht die Lehre von der Rechtfertigung, die Lehre, daß der Sünder allein aus Gottes Gnaden um Christi willen gerecht und
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selig werde, und die ganze große Maschinerie des Pabsttums hat den Zweck, der Werklehre zu dienen und Christum als den einigen Sünderheiland aus den Menschenherzen zu reißen. Und diesen Christenmord treibt es nicht offen wie die ausgesprochenen Ungläubigen, vor denen sich die Christen von vorneherein Hüten, sondern unter dem Schein der exquisiten Christlichkeit und Heiligkeit. Es lockt die Völker an sich unter dem Vorgeben, die alleinseligmachende Kirche zu sein, um dann alle, die dem Rufe folgen, nicht zum Vertrauen auf Christum, als den einigen Heiland, sondern auf den Weg der Werke und somit in die Verdammniß zu führen. Rom treibt unter dem durch allerlei lügenhafte Kräfte, Zeichen und Wunder unterstützten Schein, daß es die alleinseligmachende Kirche sei, den Christenmord in großem Maßslabe. Es führt immerfort Millionen unter dem Vorgeben, sie zum Leben zu führen, zur Hölle. Rom ist der größte Feind der Kirche, das Antichristentum. Zugleich leuchtet auch ein, warum man dies, das die Kitche der Reformation mit Einem Munde bekannte, nicht erkennt. Der größte Teil der sogenannten protestantischen Kirche ist von dem Artikel von der Rechtfertigung abgefallen. Man lehrt teils grob, teils feiner, den Weg der Werke als den Weg der Seligkeit. Die große Masse der sogenannten protestantischen Christenheit ist in Bezug auf die Lehre vom Wege der Seligkeit auf das papistische Gebiet übergetreten. Das ist gerade auch bei den Synergisten innerhalb der lutherischen Kirche der Fall. Daß wir und alle, die auf unserer Seite stehen, wiederum mit Einem Munde wie die Kirche der Reformation bekennen, daß das Pabsttum der große Antichrist sei, kommt daher, daß wir durch Gottes Gnade in der rechten Erkenntniß der Lehre von der Rechtfertigung stehen. Wer Christum recht erkennt, kann auch den Antichrist erkennen. Und Christus wird nur dann recht erkannt, wenn erkannt wird, daß nichts in uns, wie es auch Namen haben möge, sondern allein Gottes Gnade in Christo der Grund unserer Seligkeit sei.
Die andere Katechismuswahrheil, durch deren rechte Beherzigung das Pabsttum als der rechte Antichrist erkannt wird, ist die, daß die christliche Kirche nur Christo und dessen Wort und keinem Menschen und dessen Wort unterworfen sei. Christus allein will durch sein Wort in den Herzen und Gewissen der Christen herrschen. Diese Prärogative nimmt er für sich in Anspruch. Unter den Christen soll keiner über den amdern herrschen, sondern dieselben sind als Brüder einander nebengeordnet. „Einer ist euer Meister, Christus, ihr aber seid alle Brüder." . Nun aber kommt der Pabst und schafft zunächst Christi Wort dadurch praktisch beiseite, daß er die Bibel für dunkel erklärt und obendrein noch das allgemeine Lesen derselben verbietet. Er selbst aber tritt mit dem Anspruch auf, der Oberste der Christen zu sein, dem sich alle untergeben müssen, die selig werden wollen. Unter dem ungeheuerlichen Vorgeben, der unfehlbare Stellvertreter Christi 'auf Erden zu sein, ändert er Christi Worte und Gebote seines Gefallens.
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Unter dem Vorgeben, Christum auf Erden zu vertreten, richtet er seine eigene Herrschaft auf und macht von der Unterwerfung unter diese Herrschaft die Seligkeit abhängig. Was dies für ein Greuel sei, ist gar nicht auszusagen. Daß man in unserer Zeit in der protestantischen Christenheit im Allgemeinen tein Gefühl für diesen Greuel hat und an demselben das Pabsttum nicht als den Antichrist erkennt, kommt daher, daß man auch in diesem Stück selbst auf römisches Gebiet übergetreten ist. Man räumt entweder ausdrücklich in der Lehre oder doch thatsächlich Landessürsten, Consistorien, Pastoren 2c. eine Herrschaft über die Christen als Christen ein. Wie man den Artikel von der Rechtfertigung preisgegeben hat, so auch den Artikel Don der Freiheit eines Christenmenschen, den Artikel, daß der Christ als Christ allein Gottes Wort unterworfen und von aller Menschenherrschaft frei sei. Wir erkennen durch Gottes Gnade auch wieder den Artikel von der christlichen Freiheit und sind darum auch im innersten Herzen entsetzt -ob des Greuels des Pabsttums.
Das Pabsttum macht sich ja auch in America breit. Sonderlich auch -in letzter Zeit treten seine Bestrebungen, hier die Herrschaft zu erlangen, cklarer hervor denn je. Und die meisten Protestanten sind auch hierzulande -blind in Bezug auf das Pabsttum. So haben wir die Pflicht, der Kirche, so viel an uns ist, die Augen über den eigentlichen Charakter des Pabsttums zu öffnen.
So haltet ihr — ruft man uns zu — die Lehre, daß der Pabst zu Rom der Antichrist sei, für einen Fundamentalartikel! Durchaus nicht l Wir halten dafür, daß man allein durch das Erkennen Christi und nicht durch das Erkennen des Antichristes, selig wird. Aber zugleich halten wir dafür, daß das schlechte Theologen sind, die um des Pabstes Lehre und Praxis wissen und ihn daran doch nicht als den Antichrist erkennen. Auch halten wir dafür, daß die Pastoren ihrer Pflicht, die ihnen befohlenen Seelen vor den Greueln und der Verführung des Pabsttums zu warnen, nicht recht machkommen können, wenn sie selber das Pabsttum nicht als das Antichristentum erkannt haben.
Unsere Praxis.
Zunächst einige Worte über das Verhältniß von Lehre und Praxis im Allgemeinen.
Bloße Lehre gibt es in der christlichen Kirche gar nicht, sondern alle Lehre soll auch in die Praxis übergeführt werden. Die christliche Kirche ist nicht eine Philosophenschule, wo nur docirt wird, sondern eine Gemeinschaft von Leuten, welche im Glauben an das Evangelium und unter Kreuzigung des Fleisches den Weg zum ewigen Leben wandern und Andere auf diesen Weg zu führen den Beruf haben. Freilich wird in der christlichen Kirche auch gelehrt, und zwar zuerst gelehrt und immer mit Lehren fortgefahren. Die Lehre ist die Grundlage für alles Tun der Kirche. Aber das Lehren
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ist nicht der Endzweck, sondern nur Mittel zum Endzweck. Denn dem in der Kirche verkündigten Wort Gottes soll auch, je nach der Art des Wortes, Folge gegeben werden. Das Evangelium soll von den Einzelnen im Glauben angenommen und festgehalten werden, und auch das Gesetz soll seinen dreifachen Usus bei den einzelnen Hörern haben. Und zwar soll da nicht bloß jeder selbst zusehen, daß er dem Worte Gottes Folge gebe, sondern die Christen sollen, nach Gottes Ordnung, hierin einander hülfreiche Hand leisten; jeder soll des Bruders Hüter sein. Und insonderheit hat der Pastor von Amtswegen darauf zu sehen, daß das Wort Gottes nicht bloß gehört, sondern von der ganzen Gemeinde und den einzelnen Gliedern in die Praxis übergeführt werde. Kurz, weil nur der Mensch selig wird, der das Evangelium von Herzen glaubt und nicht wieder durch ein Leben in der Sünde den Glauben austreibt, so hat man in der Kirche — jeder an seinem Teil und in der göttlichen Ordnung — darauf zu sehen, daß dem Worte Gottes Folge gegeben werde. In der Kirche ist nichts bloße Theorie. Die Kirche ist das allerpraktischste Institut in der Welt.
So halten wir zuerst fest, daß in der Kirche
Zucht in Lehre und Leben
geübt werden soll. Freilich gehört diese Zucht nicht zum Wesen der Kirche. Auch dort, wo die Zucht in der Lehre darnieder liegt, so daß jeder so ziemlich lehren und glauben kann, was ihm beliebt — auch da gibt es noch wahre Kinder Gottes, wenn daselbst noch wesentliche Stücke des Wortes Gottes gelehrt werden. Auch dort, wo die Zucht im Leben gänzlich fehlt, wo sich bei Sündenfällen kein Bruder des ändern in herzlichem Erbarmen mit brüderlicher Bestrafung annimmt und auch der Pastor seiner Seelsorgerpflicht gegen die Einzelnen nicht nachkommt, auch da weiß Gott sich einzelne Seelen aus dem Wege des Lebens zu erhalten und auf denselben zurückzuführen, wenn daselbst Gottes Wort noch nicht ganz vom Plan verschwunden ist. Aber wo es so zugeht, da hat die Kirche nicht die rechte von Gott gewollt äußere Gestalt. Nach Gottes in der Heiligen Schrift klar ge-offenbartem Willen soll die Kirche die äußere Gestalt haben, daß in ihr nur Gottes reines Wort verkündigt und auf einen den Christen geziemenden Wandel gesehen werde. Und dieser äußere Stand der Kirche soll, wenn er in Gefahr kommt, durch Anwendung von Zucht in Lehre und Leben erhalten werden. Daß die Zucht in der Lehre an erster Stelle stehen bleiben muß, ist selbstverständlich, da die rechte Lehre die Grundlage vor allem ist, oder — um mit Luther zu reden — da „wo die Lehre falsch ist, auch dem Leben nicht geholfen werden kann". Daß aber auch die Zucht im Leben nicht vernachlässigt werden soll, geht daraus hervor, daß alle, welche in Todsünden liegen bleiben, keine Hoffnung auf das ewige Leben haben. Wie nun die Zucht in der Kirche geübt werden soll und wie sorgsam man da zwischen Schwachheitssünden und Todsünden 2c. unterscheiden muß, damit nicht
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wie der selige vi. Walther es ausdrückt — „die Kirchenzucht überspannt, und das ganze christliche Gemeindeleben wider das Evangelium in ein Leben unter steter Kirchenzucht, also unter dem Gesetz, verwandelt wird" — das näher auszuführen, ist hier nicht der Ort. Nur an das Eine möchte ich kurz erinnern: Eine des Geistes der brüderlichen Liebe ermangelnde, bloß äußerlich und gesetzlich gehandhabte Kirchenzucht ist Gift und Tod für die Einzelnen und für die ganze Gemeinde und vor Gott das größte Unrecht; eine in herzlichem Erbarmen und wahrhaft evangelisch gehandhabte Zucht ist geistliche Medizin und eins der vorzüglichsten Stücke der christlichen Lebensgerechtigkeit. „Laß alle Mönche und heilige Orden" — sagt Luther — „zu Haufe geschmelzt herfürtreten, ob sie den Ruhm können aufbringen, daß sie einen Bruder gewonnen haben." Doch ich muß von diesem Punkte abbrechen, um noch auf einige einzelne Punkte der kirchlichen Praxis kurz Hinweisen zu können.
Zunächst ein Punkt, der unsere Stellung nach außen betrifft. Es wird uns fortwährend sehr verdacht, daß wir kirchliche Gemeinschaft nur mit denen pflegen, welche mit uns die rechte Lehre in allen Artikeln des Glaubens bekennen. Daß wir nicht Methodisten, Baptisten, Unirte 2c., sondern nur rechtgläubige Lutheraner auf unsere Kanzeln und zu unsem Altären lassen, befremdet fast die ganze protestantische Christenheit und wird fast durchweg als lieblos verurteilt. Dennoch ist unsere Praxis recht. Man lese die ganze Heilige Schrift vom ersten Buch bis zum letzten durch — man wird keine einzige Stelle finden, in welcher einzelnen Christen oder ganzen Gemeinden erlaubt würde, solche Lehrer zu hören und überhaupt mit denen kirchliche Gemeinschaft zu pflegen, welche — sei es in viel, sei es in wenig Stücken — falsche Lehre führen. Wohl aber finden wir Hunderte v.on Stellen, in welchen allen Christen auf's ernstlichste geboten wird, von denen, die falsche Lehre führen, ja zu weichen. „So thut ihr alle ändern Kirchengemeinschaften in Bann" — ruft man uns zu! Durchaus nicht. Wir wissen und bekennen, daß es auch in irrgläubigen Gemeinschaften, insofern in denselben noch wesentliche Stücke des Wortes Gottes im Schwange gehen, viele liebe Kinder Gottes gibt, die aus Schwachheit in der Erkenntniß sich in einem Lager aufhalten, wohin sie nicht gehören. Aber es wäre wider Gottes Willen und thöricht, wenn wir um dieser irrenden Christen willen auch für unsere Person mit den Irrlehrern Gemeinschaft machen und so die irrenden Christen in ihrem Irrtum und die falschen Lehrer in ihrer falschen Lehre bestärken wollten. Durch den Umstand, daß jene 200 Mann von Jerusalem in ihrem Unverstand mit dem Rebellen Absalom gingen, wurde es für die loyalen Israeliten nicht recht, auch ihrerseits in das Rebellenlager überzugehen oder doch mit denselben freundschaftliche Beziehungen zu pflegen.
Unsere Stellung zu den kirchlichen Vereinigungsbestrebungen in der Gegenwart wird fortwährend viel kritisirt. Unsere Stellung ist diese: Wir beklagen die Zerrissenheit der Kirche in viele, ver»
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schiedene Lehren führende Parteien. Diese Zerrissenheit ist ein Werk des Teufels, wodurch der Kirche unsäglicher Schaden zugefügt wird. Wie aber ist der Schaden zu heilen? Die Trennung ist dadurch entstanden, daß falsche Lehrer auftraten und Christen, anstatt von ihnen zu weichen, sich zu ihnen hielten. Will man die Trennung rückgängig machen, so gibt es in der Welt keine andere Art und Weise, als daß die Christen die falschen Lehrer wieder isoliren, sie strafen und von ihnen weichen. Damit die Christen in Stand gesetzt werden, dies zu tun, bekämpfen wir fortwährend in unsern Zeitschriften, von der Kanzel und auch im Privatverkehr die falsche Lehre und geben wir der rechten Lehre Zeugniß. Wir sind auch bereit, noch mehr zu tun, z. B. zu sogenannten freien Conferenzen uns zu versammeln und auf denselben in aller Geduld über die Lehrdifferenzen aus Gottes Wort zu handeln. Eine bloße „äußere Verbindung" ohne eine Einigkeit in allen Artikeln der in der Schrift geoffenbarten Lehre auf das Programm zu setzen; noch anders ausgedrückt: darüber zu verhandeln, wie viel man von Gottes Wort Nachlassen könne, anstatt darüber, wie man zur Erkenntniß und zur Annahme der ganzen geoffenbarten Wahrheit komme — das geziemt sich für Christen nicht.
Unsere hinlänglich bekannte Stellung zu den Logen, wie Oddfellows, Freimaurer 2c., halten wir auch jetzt noch fest, und gedenken wir auch in Zukunft durch Gottes Gnade festzuhalten. Logentum und Christentum sind zwei Dinge, die sich schlechterdings nicht mit einander vertragen. In diesen Logen wird — abgesehen von der Geheimbündelei, den sündlichen Eiden und manchen ändern sündlichen Dingen — auch von einem Wege zur Seligkeit oder in ein „besseres Jenseits" gesagt. Aber dieser Weg ist nicht Christus, der Gekreuzigte, und der Glaube an ihn, sondern die moralische Besserung des Menschen nach naturalistischem Logenrecept. Es wird ferner in den Logen gebetet, aber nicht im Namen JEsu, in welchem Namen allein Gott angerufen werden kann und will. Ein Christ, der da weiß, daß für alle Menschen nur in Christo und dessen theurem Verdienst das Heil ist, und daß in keinem ändern Namen als in dem süßen JEsus-namen gebetet werden kann, kann mit den Logen nichts zu tun haben. Dies zu bezeugen, dürfen wir nicht müde werden, um, so viel an uns ist, alle, die uns hören wollen, vor der Logengemeinschaft zu bewahren, und solche schwache Christen, die sich bereits verführen ließen, aus der Logengemeinschaft zu erretten.
Was unsere Stellung zu dem vielgestaltigen Vereinswesen überhaupt anlangt, so erlaubt es die Zeit und Gelegenheit nicht, auf einzelne Vereine näher einzugehen. Doch möchte ich hier wenigstens auf einige Grundsätze Hinweisen, die die Sache decken dürften. Es sind dieselben, über welche die Pastoralconferenz des Mittleren Districts verhandelt hat.
Man unterscheide genau zwischen dem, was sündlich und dem, was bloß gefährlich ist.
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Sündliche oder der Sünde teilhaftig machende Vereine sind alle diejenigen, 1. welche, wenn auch nur als Nebenzweck, eine falsche Religion lehren und falsche Gottesdienste haben; 2. welche von ihren Gliedern sündliche Handlungen fprdern und sündliche Transactionen vornehmen; 3. welche, als Vereine, sündliche Lustbarkeiten veranstalten, wenn sie auch die Beteiligung an denselben den einzelnen Gliedern freistellen; 4. welche Dinge tun, die an sich recht sind, aber unter Verkehrung der göttlichen Ordnung. Welche Vereine hierher gehören, muß jedesmal durch eine ebenso gewissenhafte als sorgfältige Beurteilung entschieden werden.
Ueber die Stellung der Kirche zu solchen sündlichen oder der Sünde teilhaftig machenden Vereinen ist erstlich festzuhalten: was Sünde ist, muß auch als Sünde gestraft werden. Wir würden nicht treu sein, wenn wir aus Furcht vor dem Zeitgeist oder aus ändern menschlichen Erwägungen uns davon abhalten ließen, das als Sünde aufzudecken und zu strafen, was an dem Vereinswesen sündlich ist. Es würde Gleichgültigkeit gegen das, was Sünde und ärgerlich ist, unter uns einreißen, und Gleichgültigkeit gegen die Sünde ist ein Todfeind des Evangeliums und Christentums. Auf der ändern Seite ist nicht zu vergessen, daß wir beim Strafen dieser Sünden die Zeitvorurteile und die Zeitumstände wohl in Anschlag bringen und sorgsam zwischen Todsünden und Schwachheitssünden unterscheiden müssen.
Auch ist nicht zu vergessen, daß die Vereinsfrage in den meisten Fällen nicht sowohl eine Frage der Lehre als des Lebens ist. Die in die Vereine verstrickten Glieder unserer Gemeinden wollen zumeist nicht die rechte Lehre verwerfen, sondern sind durch die Sorge um das irdische Fortkommen 2c. den Vereinen beigetretem
Das Generalheilmittel für den Schaden des Vereinswesens ist die öffentliche und sonderliche Bezeugung des Evangeliums. Wir wollen den Schaden nicht bloß äußerlich abstellen, sondern von innen heraus heilen. Es gilt das innere geistliche Leben zu stärken. Dies geschieht durch fleißiges Lehren des Evangeliums. Predigen wir den Glauben in's Herz hinein und entfachen wir den Glauben zur Hellen Flamme, daß die Christen durch den Glauben an ihren Heiland den Himmel haben, so sorgen sie nicht ängstlich für die kurze Zeit dieses Lebens. Damit ist aber dem Vereinsübel die Wurzel abgegraben. So lange wir das lautere Evangelium haben und man dies aus unserm Munde hören will, sind wir der schwierigsten Position gewachsen. So überwinden wir auch immer wieder die Welt, die auf anderm Wege und auf dem Wege der Vereine in unsere Gemeinden ein-dringen will.
Ach, bleib bei uns, HErr JEsu Christ,
Weil es nun Abend worden ist,
Dein göttlich Wort, das Helle Licht,
Laß ja bei uns auslöschen nicht. Amen.