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1870 Central-Walther-Pulpit Fellowship w Fleischmann
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(Central District, Missouri Synod, 1870, Cleveland, Ohio; Pulpit Fellowship essay with CFW Walther present; File CE70_14S.DOC; started 3/1/97); Most polishing was done in 1997. First published August 16, 2015.

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(Seite 14 von Original).

Verhandlungen

über die von Herrn Pastor Ph Fleischmann verabfaßten Thesen:

“Ueber Kanzelgemeinschaft”.

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I.

        Unter Kanzelgemeinschaft versteht man jetzt diejenige kirchliche Sitte, da Prediger verschiedener Confessionen einander ihre Kanzeln zur öffentlichen Verwaltung des Predigtamts überlassen.

II.

        Kanzelgemeinschaft ist wider die Schrift, welche

a). . das unverbrüchliche Festhalten an allen ihren Aussprüchen - - bis auf den Tütel - - von den Gläubigen fordert; und darum auch an denselben

b). . jede Lehrgemeinschaft und Lerngemeinschaft mit solchen straft, die von den Aussprüchen der göttlichen Offenbarung weichen.

III.

        Die Kanzelgemeinschaft ist darum auch wider die Symbole der evangelisch - lutherischen Kirche, und wider die Verpflichtung auf dieselben, da diese, selbst lautere Zeugen der Schrift, auch gemäß der Schrift fordern und fordern müssen

a). . lautere Bezeugung ihrer symbolischen Lehren nach dem Maaß der Symbole, und eben darum auch.

b). . Verwerfung und Abweisung jedes Gegensatzes gegen dieses Maaß.

IV.

        Gerade in dieser Bezeugung einerseits, und in dieser Abweisung andererseits, welche offenbar auch die Versagung der Kanzel fordert, besteht hauptsächlich auch die Erweisung der wahren brüderlichen Liebe, welche aus dem Glauben an das seligmachende Evangelium hervorquillt.

V.

        Es versündigt sich demnach bei Pflege der Kanzelgemeinschaft ein evangelisch - lutherischer Prediger

a). . wider Gott, weil er damit eben an derjenigen Stätte Verachtung, Verfälschung und Verkümmerung seines Wortes zuläßt, wo es vornehmlich in seiner ganzen Reinheit unter seiner Verantwortung gelehrt werden sollte;

b). . wider den Nächsten, weil er damit seiner ihm anvertrauten Heerde ein großes Aergerniß gibt, sei es zur Gleichgültigkeit gegen die Wahrheit, oder zur Verwirrung in derselben, oder zum völligen Abfall von derselben;

c). . wider die eigenen Kirche, weil er damit, obwohl berufener und beeidigter Diener derselben, doch deren Beruf und Auftrag mißachtet;

d). . wider die fremde Kirche, deren Lehre er zuläßt, weil er damit ihrem Irrthum, statt ihn öffentlich zu verwerfen, öffentlich Berechtigung einräumt, und sie somit in ihrem Irrtum bestärkt.

VI.

        Es versündigt sich aber bei Duldung der Kanzelgemeinschaft auch jede lutherische Gemeinde

a). . wider Gott, weil sie damit durch Anhören eines falschen Propheten Gottes Wort verachtet;

b). . wider den Nächsten, weil sie damit sowohl den fremden Prediger in seinem Irrthum hegt, als auch den eigenen;

(Seite 16 von Original).

c). . wider die eigne Kirche, weil sie damit ihrem Bekenntniß untreu wird, zu dessen Halten sie in der Taufe und Confirmation sich verpflichtet hat;

d). . wider die fremde Kirche, deren Lehrer sie hört, weil sie damit öffentlich dem falschen Bekenntniß derselben zustimmt, statt öffentlich wider dasselbe zu zeugen.

VII.

        Freilich fordert es die Liebe, die Vereinigung mit andersgläubigen Kirchen zu dem Einen Glauben anzustreben.

VIII.

        Aber bei Uebung der Kanzelgemeinschaft wird schon Einigung gesetzt, ohne Abthun dessen, was die Einigung unmöglich macht: nämlich des Irrthums der Andersgläubigen.

IX.

        Die Kanzelgemeinschaft ist darum so wenig ein Zeichen einer wahren, aus dem Irrthum helfenden Liebe, daß sie vielmehr die Uebung derselben, in dem Bestreben, eine wahre Einigung getrennter Kirchen herbeizuführen, hindert.

X.

        Es läßt sich sogar nachweisen, daß Kanzelgemeinschaft noch anderen Lehrdifferenzen, als den bereits bestehenden, Thür und Thor öffne, und also die Kluft zwischen den getrennten Kirchen noch größer mache.

XI.

        Indessen lassen sich allerdings Fälle denken, in welchen vorkommende Kanzelgemeinschaft auch von Gliedern der evangelisch - lutherisch Kirche vertheidigt werden mag; daß aber in solchen Fällen die Uebung der Kanzelgemeinschaft Statt finden soll, läßt sich gleichwohl nicht behaupten.

XII.

        Dagegen kann es an einem lutherischen Prediger nicht tadelnswerth erscheinen, wenn er auf den Kanzeln andersgläubiger Kirchen das Evangelium verkündigt, wofern nur nicht die Umstände, unter welchen, und die Art, in welcher es geschieht, als strafbar sich erweisen.

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        Die die Besprechung einleitenden Bemerkungen lauteten dahin, daß die Ursache der Verabfassung vorliegender Thesen nicht etwa in einer Unklarheit oder tadelnswerthen Praxis in Betreff dieses Punktes innerhalb der Synode zu suchen sei: vielmehr soll damit ein Zeugniß abgelegt werden, welches wir als eine rechtgläubige lutherische Synode den anderen, sich lutherisch nennenden Synoden, sowie auch den unirten Kirchengemeinschaften gegenüber, schuldig sind.  Auch haben wir hierbei Gelegenheit, einer bösen Zeitströmung auf den Grund zu schauen, das Gefährliche derselben um so besser zu erkennen und somit uns gegen den Einfluß derselben desto mehr zu verwahren, da ja auch wohl in dieser Beziehung Versuchungen an uns treten könnten. - -

(Seite 17 von Original).

Der Inhalt und Zusammenhang der Thesen ist kürzlich folgender: Die erste gibt die Definition der Kanzelgemeinschaft.  In der zweiten, dritten und vierten wird gezeigt, daß Kanzelgemeinschaft wider die Schrift und die Symbole der Kirche und damit auch wider den Glauben und die Liebe streite.  In der fünften und sechsten werden demgemäß im Einzelnen die Versündigungen angeführt, welcher sich bei Uebung der Kanzelgemeinschaft sowohl Prediger als Gemeinden schuldig machen.  Die Thesen VII - - X suchen dem zu begegnen, was zur Rechtfertigung der Kanzel - Gemeinschaft vorgebracht werden mag.  Die zwei letzten suchen etliche Fälle anzugeben, in welchen die lutherische Kirche auch wohl die Kanzel - Gemeinschaft billigen könnte.

Thesis I.

        Unter Kanzelgemeinschaft versteht man jetzt diejenige kirchliche Sitte, da Prediger verschiedener Confessionen einander ihre Kanzeln zur öffentlichen Verwaltung des Predidgtamts überlassen.

        Es ist selbstverständlich, daß “Kanzelgemeinschaft” hier nicht in einem, öfters gebrauchten, guten Verstand des Wortes, sondern so zu fassen ist, wie diese Bezeichnung in unseren Tagen von den Unirten, von unirtgesinnten lutherischen Gemeinschaften und besonders seit etlichen Jahren vom General Council verstanden wird.  Es ist die Rede vom Austauschen der Kanzeln verschiedener Confessionen - - eine kirchliche Unsitte, die sich gegenwärtig leider! durch die ganze amerikanische Christenheit zieht.  Am schmachvollsten aber ist die Unsitte, wenn ein lutherischer Prediger seine Kanzel einem Secten - Prediger einräumt, obgleich er weiß, daß dieser aus Gewissensbedenken einem fremden Prediger die Kanzel versagt.  Traurig und kläglich steht es, wenn ein lutherischer Prediger es sich wohl gar als eine große Ehre anrechnet, daß ein bei der Welt und bei lauen Christen angesehener Secten - Prediger seine Kanzel betritt und eine Rede hält.  So ist es auch Unwissenheit und Unverstand, wenn lutherische Gemeinden es für unanständig oder gefährlich halten, einem Prediger fremder Confession, zumal wenn er einen großen Namen hat, die Kanzel zu verweigern.  Auf die Frage:  ob man denn einem Prediger, der sich lutherisch nenne, ohne Weiteres die öffentliche Verwaltung des Predigtamts überlassen dürfe? wurde geantwortet, daß es nicht auf den Titel, sondern vielmehr darauf ankomme, daß er ein rechtgläubiger lutherisch Prediger sei.

Thesis II.

                Kanzelgemeinschaft ist wider die Schrift, welche

a. das unverbrüchliche Festhalten an allen ihren Aussprüchen - - bis auf den Tütel - - von den Gläubigen fordert. Belegstellen aus Gottes Wort:  Johann 8, 31 32.  Matth 5, 18 19. Gal 1,8-9.

        In der ersten Schriftstelle:  Johann 8:  “so ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger und werdet die Wahrheit erkennen und

(Seite 18 von Original)

die Wahrheit wird euch frei machen”, redet Christus ganz gewaltig von dem unverbrüchlichen Festhalten an den Aussprüchen der heiligen Schrift und zwar in der Weise “unverbrüchlich”, daß wir auf Grund ihrer Inspiration, Vollkommenheit und Deutlichkeit das Wort gelten lassen, wie es lautet (wie die lutherische Kirche bekennt) und nicht im Sinne der reformirten Kirche, die zwar auch ein unverbrüchliches Festhalten am Wort vorgibt, aber dennoch von demselben weicht, indem sie Wort und Geist von einander trennt, von “Geist” und “Buchstaben” der Schrift, als einander entgegengesetzt, redet.  Das von Christo selbst gegebene deutliche Kennzeichen Seiner wahrhaftigen Jünger ist das Festhalten an Seinem Worte.  Wer nicht bei Seiner “Rede” bleibt, ist nur ein Schein - Jünger, der die Wahrheit nicht erkennt und darum auch nicht zur Freiheit kommt.  Ja, dieser Ausspruch Christi erklärt alle, die auch nur im Geringsten vom Worte abzugehen erlauben und also die “Weissagung” nicht “dem Glauben ähnlich” sein lassen, für Feinde der Kirche.  Denn da das “so ihr bleibet” offenbar auf das treue, beständige Festhalten am Worte dringt:  so ist auch klar, daß ein Abweichen vom Wort eine Verleugnung Christi selber ist.  Es kann auch nicht geleugnet werden, daß die in der Ausübung der Kanzelgemeinschaft sich kundgebende, die göttliche Wahrheit gering schätzende Gesinnung im Pelagianismus wurzelt.  Wer Gottes Wort als die alleinige seligmachende Leuchte erkannt hat, und durch dieses Licht seine natürliche Finsterniß vertreiben läßt - - wer da weiß, daß sein Verstand ganz und gar verfindstert ist, und darum Gottes Wort in allen Dingen gelten läßt, wie es lautet - - der hat keinen Respect vor einem Menschen, der seine Vernunft auch nur in Einem Punkt der heilsamen Lehre, sei er scheinbar noch so klein, Meister sein läßt.  Wie kann der unverbrüchlich am Worte festhalten, bei JEsu Rede bleiben, der seine Meinungen geltend machen will und somit seine Klugheit dem Worte Gottes gleich stellt, ja, über dasselbe erhebt, geschähe es auch nur mit der Behauptung, daß auf den Unterschied der Lehre wenig oder gar nichts ankomme?

        Bei Gelegenheit dieses Spruches wurde auch darauf aufmerksam gemacht, daß Christus mit denen redete, die da gläubig geworden waren.  Von diesen fordert Er das Festhalten an Seinem Wort.  Man hört oft ungeförderte Christen sagen:  “Der Prediger” (einer falschgläubigen Kirche) “ist ja auch gläubig; man muß nicht so fanatisch sein und ihn verachten; er hat den HErrn JEsum ja auch lieb”.  Aber:  wenn er gläubig ist und JEsum lieb hat, warum verfälscht er denn Sein Wort? warum widerspricht er dem mit falscher Lehre, den er zu lieben vorgibt?  Soll es denn umsonst sein, daß Christus denen, die an ihn glauben, sagt, sie seien dann Seine wahrhaftigen, treuen Jünger, so sie bleiben bei Seiner Rede?  Wer leichtfertig und wissentlich von der reinen Lehre weicht, hört auf ein rechter Jünger Christi zu sein; er verliert die Freiheit, die aus der Wahrheit ist, und fällt zurück in die alte Gefangenschaft.

(Seite 19 von Original)

        Der andere Spruch:  Matth 5, 18 19:  “Denn ich sage euch wahrlich:  Bis daß Himmel und Erde zergehe, wird nicht zergehen der kleinste Buchstabe, noch ein Tüttel vom Gesetz, bis daß es alles geschehe.  Wer nun Eins von diesen kleinsten Geboten auflöst, und lehret die Leute also, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber thut und lehret, der wird groß heißen im Himmelreich”, fordert das Festhalten an den Aussprüchen der heiligen Schrift, “bis auf den Tüttel”.  Den der HErr  will hier sagen:  Muß Alles bleiben, was im Gesetz des Alten Testaments gesagt ist, wie vielmehr muß Alles bleiben, was das Evangelium lehrt:  da durchaus und allein vom Evangelium die Seligkeit abhängt?  Kein Tüttel (oder Iota) dh auch nicht ein Häkchen soll davon genommen oder dazu gethan werden.

        Vergleiche hierzu 5 Mose 4, 2:  “Ihr sollt nichts dazu thun - - - und sollt auch nichts davon thun - - - (Cap 12, 32.  Spr Sal 30, 6).

        Es kann in der That kein gewaltigeres Zeugniß geben gegen diejenigen, die da sagen:  in einer “Nebenlehre” vom Wort abzuweichen, habe keine Gefahr!  Gott will nichts geändert haben:  jedes Häkchen muß uns wichtig sein, weil an jedem Wort unsere Seligkeit liegt, und wer mit Bewußtsein abweicht, gibt seine Seligkeit weg:  denn er wird dem Worte des großen Gottes ungehorsam.  Wie ernstlich Gott das Festhalten bis auf den Tüttel - - den Gehorsam gegen Sein Wort fordert, sehen wir an vielen Exempeln.  Da Er beim Tempelban befahl, einen güldenen Knauf zu machen, und nachgehends, eine Lampe anzuzünden, mußte es aufs Wort, dem Wort gemäß, geschehen; denn es handelte sich nicht um bloße äußerliche Dinge, sondern um den Gehorsam, den Er von Seinem Volf fordert.  Thaten sie es nicht, so waren sie verdammte Menschen.  So im Paradies!  Gott sprach nicht:  wenn du diese und jene große Sünde thust, sollst du sterben:  sondern:  du sollst nicht essen von dem Baum; - - es handelte sich nicht etwa um die Frucht des Baumes, sondern um den Gehorsam gegen den Schöpfer, den HErrn aller Herren.  Darum, wer auch nur ein Häkchen vom Wort abthut, wiederholt die Sünde Adams. - - Weil Aarons Söhne fremdes Feuer brachten im Ungehorsam gegen Gottes Wort, wurden sie getödtet.

        Daß hier aber vom bewußten Abweichen von der Wahrheit die Rede ist, erhellt daraus, daß Christus spricht:  “wer nun Eins von diesen kleinsten Geboten auflöset und lehrt die Leute also” 2c.  Das trifft demnach insonderheit die Irrlehrer, die da sagen, es schade nicht, wenn man in nichtfundamentalen Lehren seine eigne Meinung habe und predige.  (Vergl Offb Johann 22, 18.  Apost Gesch 20, 27.  Matth 28, 20)

        Wie wir mit aller Genauigkeit bis auf den Tüttel an der heiligen Schrift festhalten sollen, lehrt St Paulus Gal 1, 8 9:  “Aber so auch wir, oder ein Engel vom Himmel euch würde Evangelium predigen, anders denn das wir euch gepredigt haben, der sei verflucht.  Wie wir jetzt gesagt haben, so sagen wir auch abermal:  So Jemand euch Evangelium predigt, anders, denn das ihr empfangen habt, der sei verflucht”.  Diese Schriftstelle ist eben

(Seite 20 von Original)

so gewaltig, wie Matth 5, 18 19, sie ist aber auch eine recht tröstliche Stelle für uns, die uns im Kampf gegen alle falsche Lehre und gegen jede Gemeinschaft mit derselben, ermuthigt, als in einem Kampf, den Christus haben will. - - Schwache Christen haben von falschen Propheten, besonders wenn sie wie Engel und im apostolischen Schein einherzugehen wissen, oft eine hohe Meinung:  das darf uns aber nicht abhalten, vor ihnen zu warnen, als vor reißenden Wölfen.  Paulus legt auf sich, ja, auf einen Engel, den Fluch, wenn er das Evangelium anders predigen würde.  Darum sollen wir den Christen getrost sagen: seht doch den reformirten, methodistischen, baptistischen etc Prediger an; wie fromm, heilig und voll Liebe er ist! Und doch ist er noch lange nicht wie St Paulus, noch viel weniger wie ein Engel; und ob er es auch wäre, so träfe ihn gleichwohl der Fluch, weil er Evangelium anders predigt.  Diese Sprache behagt unserer weichlichen Zeit freilich nicht, aber es ist und bleibt dennoch des Heiligen Geistes Sprache, welche ihm nachzusprechen, wir uns durch nichts abhalten oder abschrecken lassen sollen.  - - Der Apostel sagt nicht: so Jemand ein anderes Evangelium bringt; sondern: so Jemand Evangelium predigt, anders, denn das ihr empfangen habt: dh so Jemand das Evangelium durch Abthun oder Zuthun verfälscht, der sei verflucht.  Wenn z E Jemand von der heiligen Taufe nicht recht lehrt, so predigt er Evangelium anders.  Denn auch von den Mitteln, dadurch Gottes Gnade uns angeboten, zugeeignet und versiegelt wird, müssen wir richtig belehrt werden, was nur in der lutherischen Kirche geschieht.  Nur da wird ohne alles Dazuthun und Davonthun dem armen Sünder gesagt, daß er nichts mehr zu thun habe, weil Alles vollbracht ist, sondern daß er im Glauben empfange und hinnehme, was ihm aus freier Gnade geschenkt wird, während ein Methodist sagt: du mußt erst fromm werden etc.  Bei diesem seinem gesetzlichen Treiben verdammt der Methodist uns, weil wir lehren, daß allein der Glaube ans Wort gerecht mache; daß wir in der Taufe Gottes Kinder worden sind; daß, wer da glaubt und getauft wird, selig wird; daß wir im heiligen Abendmahl Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit empfangen; daß wir uns aufs Wort und die heiligen Sacramente verlassen sollen.  Damit aber verdammt er das Evangelium selber.  Der Unterschied zwischen der reinen Predigt des Evangeliums und dem “anders predigen” - - besteht demnach nicht darin, daß die Einen “Vater Unser” und die andern “Unser Vater” sagen; daß die Einen Hostien, die Anderen Brod beim heiligen Abendmahl austheilen: sondern darin, daß die lutherische Kirche das Evangelium rein - - die Secten aber es anders predigen.  Was macht daher einen rechten lutherischen Prediger?  Nicht daß er an sich sonst gute Ceremonien einführe; sondern daß er das Gnaden - Evangelium so predige, wie es von Christo und Seinen Aposteln verkündigt worden ist, und also die Herzen zu solchem Troste führe, der auch in der Stunde des Todes sich bewährt.  Ohne diesen Trost ist alles andere, sei es auch noch so groß und herrlich, nur eine taube Nuß!

(Seite 21 von Original)

        Pauli großer Ernst in seiner Warnung vor denen, die “Evangelium anders predigen”, hat seine große Ursache!  Denken wir doch der Sache recht nach!  Was hat denn der Satan im Sinn?  Das vollgiltige Opfer Christi an den Menschen vergeblich zu machen - - und die falschen Propheten helfen ihm, indem sie mit ihrer Lehre von eigenem Verdienst guter Werke Christi Opfer und Verdienst schmälern.  So wird denn Christus um Seine Ernte gebracht, und die Menschen werden um ihre Seligkeit betrogen.  Ein unvorsichtiger Apotheker, der Gift statt Arznei verabreicht, fällt in die Hände des Gerichts - - und doch hat er mit seinem Gift nur dem Leib geschadet: wie vielmehr trifft den Gottes Gericht und Fluch, der den theuer erkauften Seelen die lautere Milch des Evangeliums, die einzige Arznei wider der Sünden Noth und Tod vorenthält und sie dagegen mit falscher Lehre vergiftet!  Wer dieses bedenkt, dem kann es nicht anstößig sein, daß reine Lehrer und alle rechtgläubigen Christen mit St Paulo verfluchen alle Werkzeuge des Satans.  Dieses Verfluchen ist ja auch keineswegs etwa der Ausdruck des Hasses, oder des gehässigen Richtens.  Im Gegentheil bewegt sowohl die um die Ehre Gottes eifernde als auch die um das Wohl des Nächsten besorgte Liebe dazu.  Auch ist dieses Verfluchen kein Nichten über die Herzen, über Seel` und Seligkeit, sowenig damit gesagt ist, daß alle, die einer falschen Kirche angehören, verloren geben.  Denn durch Gottes besondere Gnade hören immer Etliche selbst aus der Predigt eines Irrlehrers die Sprüche des heiligen Evangeliums zu ihrer Seligkeit beraus.

        Vergleiche hierzu folgendes Zeugniß aus Luther, zu Gal 5,9, aus welchem erhellt, wie wichtig es sie, daß man auch nicht ein Iota vom Wort abweiche. [Luther’s Works 27,36 ff].   “” Ein wenig Sauerteig versäuert den ganzen Teig”.  Ist eine Warnung, die St Paulus groß achtet, davon wir billig auch viel halten sollen, sonderlich zu unserer Zeit.  Denn die Rotten, so da fürgeben, daß Christi Leib und Blut im Abendmahl nicht gegenwärtig sind, verweisen und sprechen uns übel, daß wir zänkisch, hartsinnig und unfreundlich sein, und um eines einigen Artikels willen vom Sacrament die christliche Liebe und Einigkeit der Kirchen trennen; meinen derhalben, wir sollten den Artikel, daran so viel nicht gelegen, deß man auch nicht allerdings gewiß sei, sintemal die Apostel ihn nicht genugsam, als wohl von nöthen wäre, erkläret haben, so hoch und groß nicht achten, daß man um desselben willen beide, die ganze christliche Lehre und gemeine Einigkeit so vieler christlichen Gemeinden, darüber sollte zergehen lassen, sonderlich weil sie sonst in allen andern Artikeln der christlichen Lehre, welche nöthiger sind und mehr daran gelegen ist, mit uns allerdings eins wären.

        “Mit solchem ihrem Argument, das wahrlich einen Schein hat, und in des Pöbels Ohren wohl klingt, machen sie nicht allein, daß die, so ihnen anhangen, uns bitter feind werden; sondern bereden dadurch auch viele fromme Leute, daß sie uns ungewogen werden, und uns verdenken, als thäten wir es aus eitler Eigensinnigkeit, oder sonst aus einem sonderlichen Grolle, daß wirs

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mit ihnen nicht halten wollten.  Aber es sind eitel behende Tücke und Argelist des Teufels, damit er nichts anders suchet, denn daß er nicht allein diesen Artikel, sondern die ganze christliche Lehre umkehren und zerstören möchte.

        “Darum antworten wir auf solch ihr Fürgeben mit St Paulo, und sagen: “Ein wenig Sauerteig versäuert den ganzen Teig”.  Gleichwie in der Philosophie, wenn man im Anfang ein wenig gehlet, am Ende ein sehr großer und unmäßiger Irrthum daraus wird: also gehet es in der Theologie auch zu, daß ein kleiner Irrthum die ganze christliche Lehre verderben und fälschen soll.  Darum soll man Lehre und Leben nur sehr von einander scheiden.  Die Lehre ist nicht unser, sondern Gottes ist sie, der uns allein zu Knechten und Dienern darüber berufen hat: darum sollen noch können wir den allergeringsten Titel oder Buchstaben davon nicht begeben oder nachlassen.  Das Leben aber ist unser; derohalben so viel dasselbige betrifft, können die Sacramentirer von uns nichts begehren, daß wir nicht gern wollen und sollen thun, leiden, verzeihen usw, doch so ferne, daß an der Lehre und Glauben nichts begeben werden.  Denn so sagen wir allewege mit St Paulo: “Ein wenig Sauerteig versäuert den ganzen Teig”.

        “Darum können wir im selben Stücke nicht um ein Härlein breit weichen.  Denn es ist mit der Lehre so genau abgezirkelt und eigentlich abgemessen, daß man ohne großen und merklichen Schaden weder dazu thun, noch davon etwas nehmen kann; mit dem Leben aber ist es also, daß es wohl etwas auf sich nehmen, oder aber etwas nachgeben, thun oder leiden kann, wie es die Nothdurft erfordert.

        “Wenn einem ein klein Stäublein in ein Auge fällt, kann er es nicht leiden, läßt es herausziehn, oder thut dem Auge Schaden.  Daher pflegen wir Deutschen von der Augenarzenei zu sagen: Nichts ist in die Augen gut; und Christus sagt Matth 6,22; Luk 11,34: “Das Auge ist des Leibes Licht, wenn nun dein Auge einfältig sein wird, so ist dein ganzer Leib Licht” etc und hernach V 36: “Wenn nun dein Leib Licht ist, daß er keine Stücke von Finsterniß hat, so wird er ganz licht sein”.  Mit welcher Allegorie oder Gleichniß Christus anzeiget, daß das Auge, das ist, die Lehre kurzum ganz rein und lauter, helle und licht sein soll, daß kein Stück der Finsterniß, auch nicht ein einiges Wölklein, daran vermerket werde etc.  Auch hat St Jacob in seiner Epistel ohne Zweifel nicht aus seinem Geist, sondern wie er es von den Aposteln gehöret, sehr hübsch und fein gesagt, 2,10: “Wer an Einem sündigt, der ist am Ganzen schuldig”.  Darum soll die Lehre sein, gleichwie ein feiner ganz güldener Ring, daran kein Rißlein noch Bruch sei; denn sobald solcher Ring ein Rißlein oder Bruch gewinnt, ist er nicht mehr ganz.  Was hilfts die Jüden, daß sie gläuben, daß ein einiger Gott und Schöpfer aller Dinge sei, ja, daß sie alle Artikel gläuben und die ganze Schrift annehmen, so sie Christum verleugnen?  Darum ist es, wie St Jacob saget: “Wer an Einem sündiget, derselbe ist am Ganzen schuldig”.

(Seite 23 von Original).

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(Seite 24 von Original).

Darum wenn uns die Sacramentirer lange und viel beschuldigen, daß wir der Liebe nicht achten, als wir billig thun sollten, antworten wir ihnen mit diesem Spruch St Pauli: “Ein wenig Sauterteig versäuert den ganzen Teig”; item: mit der Ehre, Glauben und Augen ist böse scherzen”.

                               (“Kirche und Amt”.  p 129).

        Zu b der zweiten These, daß die Schrift “jede Lehrgemeinschaft und Lerngemeinschaft mit solchen straft, die von den Aussprüchen der göttlichen Offenbarung weichen”, wurden folgende Schriftstellen angeführt: Matth 7,15; Matth 16,6; Römer 16,17-19; 1 Tim 6,3-5; Apostg 20,28-31.

        

        Matth 7,15 straft Christus die soeben genannte Gemeinschaft, indem Er nicht allein vor den falschen Propheten warnt, sondern auch ihre Gefährlichkeit aufdeckt: sie sond reißende Wölfe.  Das sind sie, ob sie auch prangen mit selbsterwählter Heiligkeit und mit Gleißnerei in prächtigen Worten; ihr Schafspelz benimmt ihnen nichts von ihrer Gefährlichkeit.  Hier steht also Leben und Seligkeit auf dem Spiel!  Wer dafür hält, eine Gemeinschaft mit Irrlehrern sei lieblich und schön anzusehen, geräth in Gefahr, mit Eva in die Netze des Satans verstrickt zu werden.  Wie kann doch ein Prediger diesem Worte: “sehet euch vor, vor den falschen Propheten”, entgehen, wenn er einen Falschgläubigen auf seine Kanzel treten läßt!  Macht er doch dem reißenden Wolf die Thür auf! - - Wie kann eine Gemeinde vor diesem Wort bestehen, wenn sie einen Irrlehrer auf der Kanzel dulde - - sei es auch nur ein einziges Mal, bei einer besonderen Gelegenheit?  Heißt denn das sich hüten, wenn man (bewußt) die falschen Propheten hört und hören will?  Wird denn auch ein Wanderer in unbekannter Gegend bei einem Schurken den Weg erfragen, von dem er doch weiß, daß er die Fremdlinge in die Räuberhöhlen führt?  Und wäre er nicht, sich selbst Schaden zufügend, ein Erzbösewicht, wenn er trotz aller treuherzigen Warnungen einem solchen Schurken sich anvertrauen wollte?  Darum, weil selbiger vielleicht auch dann und wann den rechten Weg auf eine gewisse Strecke zeigte?  Toll und thöricht müßte er ja sein und um kein Haarbreit besser, als die Feinde, die ihn überreden wollten, den gefährlichen Weg einzuschlagen!  So toll und thöricht handeln die Kanzelgemeinschaftler.

        Ein Christ weiß, wie er durch eine verkehrte Vorstellung in große Angst und Noth gerathen, ja allen Trost verlieren kann, und ein falscher Prophet kann in einer Predigt wohl mehr Schaden thun, als eine falsche Vorstellung erzeugen.  Ist es darum nicht schrecklich, wenn man sich damit zufrieden gibt, daß die Prediger anderer Confessionen ja christliche Prediger seien?  Versäuert ein wenig Sauerteig nicht den ganzen Teig?  Sage daher doch ja nicht, es komme nicht so viel darauf an, wenn Jemand von der heiligen Taufe und vom heiligen Abendmahl anders, als das klare Wort Gottes, lehrt; ein solcher entwendet dir nicht Nebensachen, sondern Hauptstücke: das vierte und sechste Hauptstück deines Katechismus. - - Also, wenn Einer zu dir kommt

(Seite 25 von Original).

und besonders wenn er sich für einen Lutheraner ausgibt; oder wenn dich etwa dein Beruf in eine fremde Kirche führt, dann horche auf das Bekenntniß und prüfe, damit du den Baum an seinen Früchten erkennen kannst.  Wenn sich aber Jemand an (bei) seinem Sectennamen zu erkennen gibt, wer er sei, so bedarf es keines weiteren Prüfens, denn du siehst ja alsobald seine Wolfsklauen und reißenden Zähne.  Denn er sagt es ja frei: “ich lehre anders, als ihr Lutheraner.  Die Taufe ist nicht das Bad der Wiedergeburt; im Abendmahl ist nicht Christi Leib und Blut gegenwärtig; Christus ist nach seiner Menschheit nur im Himmel an einem gewissen Ort und nicht allgegenwärtig; Gott hat nicht alle Menschen also geliebt, daß Er Seinen Sohn für alle dahin gegeben hat”.  Dann gilt fliehen.  Thust du es nicht, so schlägst du deine Seligkeit leichtfertig in die Schanze.

        Bei Matthäus 16,6 ist das von großer Wichtigkeit, daß Christus sich des Wortes “Sauerteig” bedient.  Der Sauerteig an sich ist im Verhältniß zum Teig, damit er vermenget wird, eine Kleinigkeit und doch ist seine Wirkung so groß.  - - Aus dem Zusammenhange erhellt, daß der HErr hier nicht von groben Lästerern der Wahrheit redet; sondern von solchen, die zwar auch noch Gottes Wort predigen, aber ihre Irrlehren darunter mengen, wie ja die Schriftgelehrten auch Mosen predigten und die Propheten lasen, aber nicht rein und allein, sondern vermischt mit Menschensatzung und Tradition.  Das sollen wir uns wohl merken, damit wir nicht in das Urtheil einstimmen, das jetzt von so vielen Seiten aus

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        Was der andere Theil dieser These lehrt, gründet sich ferner auf Römer 16,17-19: “Ich ermahne aber euch, lieben Brüder, daß ihr aufsehet auf die, die da Zertrennung und Aergerniß anrichten, neben der Lehre, die ihr gelernt habt, und weichet von denselbigen.  Denn solche dienen nicht dem HErrn JEsu Christo, sondern ihrem Bauch, und durch süße Worte und prächtige

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Rede verführen sie die unschuldigen Herzen”.  Mögen Irrlehrer immerhin vorgeben, der Zweck ihres Kommens und Arbeitens sei, die Menschen, aus Liebe zu ihnen, zu bekehren: der Apostel urtheilt anders; sie dienen nur dem Bauch, di sie suchen gute Tage und Ehre vor den Menschen, während sie mit ihrem Thun und Lehren unschuldige Herzen verführen.  Das sollten die wohl beherzigen, die falsche Propheten so leichtfertig entschuldigen, aufnehmen und vertheidigen. - - Wichtig ist es auch, daß St Paulus hier sagt: “neben der Lehre, die ihr gelernt habt”.  “Sie bringen stets was neues her” und richten dadurch Spaltungen an.  Wenn wir die Gemeinschaft mit Andersgläubigen abweisen, den Sectirern  und Schwärmern die Bruderhand versagen, so wird uns die Schuld der Zertrennung zur Last gelegt, während sie doch mit ihren neuen Lehren die Trennung und Spaltung angerichtet haben.  Es ist darum gottlos, den reinen Lehrern und Bekennern der Wahrheit zur Last zu legen, daß sie den Leib Christi zerrissen.  Das heißt den Unschuldigen verdammen, davon Spr 17,15 gesagt ist, daß es dem HErrn ein Greuel ist.  Hier müssen wir darum auch abermal öffentlich bekennen, daß nicht Luther, sondern die Calvinisten die protestantische Kirche zerrissen haben und solche Zerreißung noch fortsetzen.  Denn Luther ist, wie die lutherische Kirche, geblieben bei der Lehre - - “die ihr gelernt habt”; die Zwinglianer aber und Calvinisten sind von dieser Lehre gewichen.  Daher die Trennung! Wirst du bei Einem, der dich zu Gaste geladen hat, zu Tische sitzen bleiben, wenn du siehst, daß er Gift in die Schüssel thut?  Wirst du mit ihm essen, aus Besorgniß, er möchte dich für einen Zänker halten, mit dem man auch nicht einmal ein friedlich Gastmahl halten könnte?  Und wenn du von dannen gehst, ist die Schuld etwa dein, daß ihr nicht als Freunde mit einander gastiren könnt?  Die Zwinglianer haben Gift geworfen in die Gefäße, daraus wir das Brod des Lebens essen und das lebendige Wasser trinken sollen: darum sitzen wir nicht mit ihnen zu Tische: dh darum haben wir keine Lehrgemeinschaft und Lerngemeinschaft mit ihnen.  (Diese Schriftstelle zeugt auch gewaltig gegen die moderne Entwickelungstheorie.  Die Lehre ist ein für allemal fertig; wir sollen halten ob dem Glauben, der einmal den Heiligen vorgegeben ist: “ihr habt die Lehre gelernt”.  Es kann nichts Neues entwickelt werden.  Darum ist dies Wort des Apostels auch so trostreich und glaubensstärkend für die, die da bleiben bei der alten Wahrheit).

        Ein besonderer, ganz gewaltiger Nachdruck liegt auch in den Worten: “Weichet von ihnen”.  Wie traurig sieht es unter andern in dieser Hinsicht auch in Deutschland aus!  Große, gelehrte Leute - - Lutheraner, treten in Gemeinschaft mit Falschgläubigen und wollen mit Hülfe solcher Conferenzen die Kirche Deutschlands aufbauen. - -

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(Seite 40 von Original).

Thesis VIII.

        Aber bei Uebung der Kanzelgemeinschaft wird schon Einigung gesetzt, ohne Abthun dessen, was die Einigung unmöglich macht: nämlich des Irrthums der Andersgläubigen.

        Jerem 6,13-14: “Sie geizen allesammt, Klein und Groß; und beide, Propheten und Priester, lehren allesammt falschen Gottesdienst, und trösten mein Volk in seinem Unglück, daß sie es gering achten sollen, und sagen: “Friede! Friede!” und ist doch nicht Friede”.

        Ezech 13,10 f.: “Darum, daß sie mein Volk verführen und sagen” “Friede”; so doch kein Friede ist.  Das Volk bauet die Wand, so tünchen sie dieselbe mit losem Kalk”.

        Sachar 8,19: “Liebet Wahrheit und Frieden”. (1 Cor 13,6).

        Ganz im Widersprich mit diesen Worten Gottes ist die Praxis des General Council, welcher in seinem Organ (“Lutheran and Missionary” vom 20 Jan 1870 sich also erklärt: “Fragt man, ob es für einen lutherisch pastor oder seine Gemeinde recht sei, einen Prediger einer anderen Denomination einzuladen, auf ihrer Kanzel solche Lehre und Meinungen der christlichen Sittenlehre zu predigen, in welchen er und seine besondere Confession mit dem Bekenntniß der lutherisch Kirche stimmt, so ist unsere klare und bestimmte Antwort darauf: Ja”! - - Eine solche Praxis aber beweiset, daß die Kirchengemeinschaftler (1) nicht glauben, daß Gottes Wort, di jedes Wort der

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heiligen Schrift Gottes Wort sei.  Christus spricht: “Der Mensch lebt von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht”; und Paulus: “alle Schrift von Gott eingegeben, ist nütze” etc.  Also liegt in jedem Wort der heiligen Schrift unsere Seligkeit.  Wer  aber leichtfertig mit der heilsamen Lehre umgeht, leugnet dieses, und macht sich somit der Teufelslehre der Rationalisten theilhaftig, die da sagen, Gottes Wort sei zwar in der Schrift, aber die Schrift sei nicht Wort Gottes. (2). daß sie Feindschaft fürchten.  Statt sich zu fürchten vor Gottes Wort (Iesaias 66,2), fürchten sie sich vor Menschen.  Jerem 15,19: “Wo du die Frommen lehrest sich sondern von den bösen Leuten so sollst du mein Lehrer sein.  Und ehe du solltest zu ihnen fallen, so müssen sie eher zu dir fallen”.  Falsche Lehrer gehören allewege zu den bösen Leuten: sie sind schlimmer, als die Mörder.

Thesis IX.

        Die Kanzelgemeinschaft ist darum so wenig ein Zeichen einer wahren, aus dem Irrthum helfenden Liebe, daß sie vielmehr die Uebung derselben, in dem Bestreben, eine wahre Einigung getrennter Kirchen herbeizuführen, hindert.

        Kanzelgemeinschaft kann sein Zeichen der Liebe sein, denn die Liebe thut dem Nächsten nichts Böses.  Pflege und Duldung der Kanzelgemeinschaft aber thut dem Nächsten Böses, sowie sie der Ehre Gottes zuwider ist.  Hierher gehört, was St Paulus Gal 4,16 schreibt: “Bin ich denn also euer Feind worden, daß ich euch die Wahrheit vorhalte”? Er will sagen: die von mir euch bezeugte Wahrheit hat eurem Fleische weh gethan; dürft ihr aber daraus den Schluß machen, daß ich als euer Feind lieblos gegen euch gehandelt hätte? Doch gewiß nicht! - - Wer das Austauschen fremder Kanzeln hegt und pflegt, hält den Irrlehrern die Wahrheit nicht vor, thut ihnen darum freilich auch nicht weh, übt darum auch keine Liebe; sonder beweiset im Gegentheil nur Feindschaft, indem er ihnen schmeichelt, als stünden sie ganz richtig. - -

Thesis X.

        Es läßt sich sogar nachweisen, daß Kanzelgemeinschaft noch anderen Lehrdifferenzen, als den bereits bestehenden, Thür und Thor öffne, und also die Kluft zwischen den getrennten Kirchen noch größer mache.

        2 Tim 2,15,17: “Ihr Wort frißt um sich wie der Krebs”.  Capitel 3,8-13: “Gleicherweise aber wie Jannes und Jambres Mosi widerstanden: also widerstehen auch diese der Wahrheit; es sind Menschen von zerrütteten Sinnen, untüchtig zum Glauben”.  “Mit den bösen Menschen aber wird es je länger, je ärger, verführen und werden verführt”.  (Vergleichen hierzu Gesgb No 165 V 4-5 u bes V 6). - - Wenn die confessionellen Schranken nicht mehr beachtet werden, so machen sich je mehr bei den Lehrern der

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Kirche eigene Meinungen und Ansichten über die Aussprüche der heiligen Schrift geltend.  Dies sieht man namentlich auch innerhalb der unirten Kirche; die öffentlichen Schriften legen genügendes Zeugniß davon ab, daß die verschiedenartigsten Auffassungen und Darstellungen der christlichen Lehre immer mehr einreißen. - -

Thesis XI.

        Indessen lassen sich allerdings Fälle denken, in welchen vorkommende Kanzelgemeinschaft auch von Gliedern der evangelisch - lutherisch Kirche vertheidigt werden mag; daß aber in solchen Fällen die Uebung der Kanzelgemeinschaft Statt finden soll, läßt sich gleichwohl nicht behaupten.