Klartext Herr BETTEL!
Nächste Woche wird der Premierminister Xavier BETTEL im Parlament seine alljährliche Rede zur Lage der Nation halten und dabei die politische Agenda seiner Regierung für das kommende Jahr festlegen. In der Vergangenheit konnte der Premierminister inhaltlich schwerlich an die Reden seiner Vorgänger heranreichen, da er es leider allzu oft verpasste den zentralen Zukunftsthemen, wie zum Beispiel Wohnungsnot und Klimakrise, den nötigen Stellenwert einzuräumen; ein weiteres Ignorieren dieser Themen wäre für die jüngeren Generationen eine Katastrophe.
Die Tatsache, dass wir unmittelbar auf eine gesamtgesellschaftliche Wohnungskrise zusteuern und Wohnen in Luxemburg für breite Teile der jungen Generation längst ein Luxus geworden ist, sollte, bei + 16,7 % Preissteigerung im letzten Jahr, unbestreitbar sein. Kostete eine 80m2 Wohnung beim Amtsantritt von Premierminister Bettel im Jahr 2013 noch 374.040 Euro, muss man aktuell im Landesdurchschnitt 601.120 Euro für die gleichen 80 m2 berappen.[1] Auf politische Konsequenzen oder Konzepte wie man diese Preisexplosion eindämmen möchte, wartet man bis jetzt vergebens. Die Rede zur Lage des Landes sollte für den Premierminister die perfekte Gelegenheit sein, um Konsequenzen zu ziehen oder Konzepte anzukündigen, denn ein blindes weiter so, ist bei der Wohnungspolitik keine Option!
Zu der nationalen Wohnungskrise gesellt sich aber noch eine viel schwerere Krise: die Klimakrise. Aktuell wird die Natur ausgebeutet, vermeintlich ohne direkte Folgekosten, denn die Natur taucht nicht in Finanzbilanzen auf und schreibt keine Rechnungen. Somit erwartet unsere und die nachrückende Generationen, die größte Hypothek zweifelsohne, im Bereich des Klimawandels.
Beide Krisen verbindet auch, dass Beide sich in Zukunft weiter steigern werden, wenn Heute nichts unternommen wird! Beide Krisen verlangen also resolutes politisches Handeln, die Zeit der Zauderer und Ausweichler sollte vorbei sein. Der Premierminister wäre also gut beraten, für beide Krisen, Lösungsansätze und Zeitschienen für deren Umsetzung, in seiner Rede klar aufzuzeigen.
Diese Rede zur Lage der Nation ist des Weiteren von zentraler Bedeutung, da wir uns aktuell in der Mitte dieser Legislaturperiode befunden, und somit können nur noch die Projekte umgesetzt werden, die in dieser Rede angekündigt werden. Jede weitere tiefgreifende Reform, die über pure Kosmetikpolitik hinausgehen soll, droht ein Jahr vor den Wahlen, im aufkommendem Wahlkampftralala unterzugehen.
Aber welche Maßnahmen sollte der Premierminister jetzt vorschlagen um die Wohnungsnot kurzfristig zu lindern und die Klimakrise nicht weiter zu verstärken?
Wohnungsnot: politisches Handeln aufzeigen!
Zentrales anliegen für die zukünftigen Maßnahmen im Bereich der Wohnungspolitik sollte sein, dass der Gesetzgeber endlich dafür sorgt, dass die Leute die auf dem Wohnungsmarkt auf der Suche nach einem Zuhause für ihre Familie sind, Vorrang haben und dies vor all jenen Leuten die lediglich auf dem Wohnungsmarkt ein weitere Investitionsmöglichkeit zur reinen Gelvermehrung suchen!
Um diese Investitionsnachfrage grob einschätzen zu können, ist es interessant zu wissen, dass zwischen 2015 und 2019 in Luxemburg 8.200 Wohnungen als Ventes en état futur d’achèvement verkauft wurden. 40 % dieser Wohnungen, also genau 3.341 Wohnungen, wurden von Leuten erworben, die nicht die Absicht hatten, diese zu bewohnen. Die inländische Investitionsnachfrage wird durch die aktuelle Besteuerung noch weiter angefeuert. Beim Kauf einer Wohnung im Wert von 750.000 Euro erhält der Bewohner der diese Immobilie auch bewohnt „Unterstützungen“ im Wert von 70.000 Euro, erwirbt ein Investor diese Immobilie jedoch um sie weiter zu vermieten, wird dies vom Staat mit 110.000 Euro bezuschusst.[2]
Der Premierminister muss jetzt in seiner Rede ein progressives Auslaufen des Taux d’amortissement accéléré ankündigen, anstatt im Besten Falle weiter von Jahr zu Jahr an den Abschreibungssätzen herumzubasteln. Solche steuerlichen Vorteile treiben mehr Investoren in den Markt und vor allem solche die insbesondere ihre steuerliche Belastung reduzieren möchten. Aktuell erhöht diese Abschreibung bloß die schon erhöhte Nachfrage, was wiederum zu einer Steigerung der Wohnungspreise führt.
Auch in Punkto Reform der Grundsteuer muss der Premier jetzt endlich, als Kapitän seiner Regierungsmahnschaft, den Worten auch Taten folgen lassen. Nach Jahren der Untätigkeit und der politischen Verschleppung, sollte es doch jetzt endlich zu einer solchen Reform kommen, deren primäres Ziel in der Mobilisierung des unbebauten Baulandes bestehen muss. Hierfür sollte ein Steuersatz auf unbebautem Bauland von 7 % bis 10 % des Marktwerts des Baulandes jährlich, im Falle eines nicht Bebauens, anfallen und so den ökonomisch hypothetischen Mehrwert, der pro Jahr durch das nicht Bebauen, entsteht, abschöpfen.
Neben der nationalen, besteht aber auch eine ausländische Investitionsnachfrage nach luxemburgischen Wohnungen. Auch diese muss gebremst werden um zu verhindern, dass Wohnungen in Luxemburg zu einem Luxusgut verkommen. Unseres Erachtens bestehen hier zwei Möglichkeiten: höhere Steuern für ausländische Investoren oder strengere Regulierungen. Beide Lösungsansätze sollten offen diskutiert werden, und der Premierminister sollte eine solche offene Diskussion zulassen und sich an ihr beteiligen.
Klimakrise: Luxemburg als Leader!
Dass die Weltwirtschaft auf lange Sicht ganz auf erneuerbare Energien umschwenkt, ist klar, strittig ist aber sicherlich wie lange es dauern wird. Luxemburg sollte sich hier ein Standortvorteil ergattern, indem es schnellstmöglich auf erneuerbare Energien umsteigt. Prozeduren sollten hierfür vereinfacht und schneller werden. Diesen Umschwung sollte der Premierminister zur Chefsache erklären, denn ohne diesen schnellen Umschwung ist es äußerst Unwahrscheinlich Luxemburg als Industriestandort weiterhin attraktiv zu halten.
Als zweitgrößter Investmentfondsstandort der Welt mit einem verwalteten Nettovermögen von mehr als 5 Billionen Euro wäre eine Neuausrichtung dieser Finanzströme auf nachhaltige Anlagen zwingend erforderlich und würde Luxemburg ganz nebenbei zum Finanzier des ökologischen Wandels machen - eine glänzende Zukunft stände eis Finanzplaz bevor. Es ist genau diese Rolle für die der Premier weitere Maßnahmen ankündigen muss, denn allein eine Minderung der Steuerlast für einige nachhaltige Investmentfunds reicht nicht aus.
Öfters[a] wird dem Premier vorgeworfen, sein Regierungshandeln beschränke sich im schlimmsten Fall auf das eigene politische Image und bestenfalls auf die Milderung akuter Krisensymptome; all jene Kritiker könnte der Premier eines besseren belehren und für sich selbst einen Befreiungsschlag landen, indem er jetzt in Punkto Wohnungs- und Klimakrise das Heft in die Hand nimmt.
[1] Prix_moyen_au_metre_carre_enregistre_par_commune_2013.xls (live.com), Prix_moyen_au_metre_carre_enregistre_par_commune_2020.xls (live.com)
[2] Keith O’Donnel in Pierre SORLUT, „À un point d’inflexion“, d’Lëtzebuerger Land vom 03 Januar 2020.
[a]Hei mol eng Propose fir den Schluss, ebessi Versöhnlech ;)