Published using Google Docs
1868-Eastern-Walther-True Visible, & CPH preface (includes Copernican)
Updated automatically every 5 minutes

1868-Eastern-Walther-True Visible, Theses XIII C-D; OCR'd by BackToLuther, August 16, 2015.

Polishing yet to do: Correct OCR errors, add formatting back, update spelling to modern German.

Note: New synod publishing house to be established, pgs 24-25 -- begining of Concordia Publishing House

===================

11

 

Als Gegenstand der Lehrbesprechnng lagen der Synode zunächst die Thesen von Prof. C. F. W. Walther vor: „die ev. luth. Kirche die wahre sichtbare Kirche Gottes auf Erden." St. Louis, Mo. 1867. Anschließend an die Besprechungen des Mittleren Distrikts begann die Synode, wo jene aufgehört hatte, nämlich bei der 18. These, litt. 6.

These XVIII.

Die ev. luth. Kirche giebt jeder Lehre des Wortes Gottes die Stellung u. Bedeutung, die dieselbe in Gottes Wort selbst hat:

6. Die ev. luth. Kirche unterscheidet streng in der Schrift enthaltene Fundamentale und nicht Fundamentale Artikel, a. a. O. S. 114.

1. Beweisspruch.

Verständniß von 1 Cor- 3, 11- 15

Einen andern Grund kann zwar Niemand legen u. s. w. 1 Cor. 8, 11 —15. Hierzu wurde bemerkt: Hier zeigt der Apostel deutlich, daß allerdings ein Unterschied unter den Lehren heiliger Schrift sei, denn etliche bilden den Grund, etliche ruhen auf diesem Grund, etliche bilden das Dach und etliche sind zur sonstigen Vervollständigung und Zierde dieses Hauses; um einen Menschen auf Christum, den Felsen zu bauen, muß man gleichsam durch den Unterricht ein Lehrgebäude in ihm erbauen und indem man das thut und der Mensch diesen Lehren zufällt, wird so auch ein Glaubensgebäude in seinem Herzen errichtet; ist nun das Lehrgebände ein falsches, so wird auch das Glaubensgebäude ein falsches, mangelhaftes und schadhaftes sein; wenn nun der Apostel von Holz, Heu und Stoppeln redet, die zwar verbrennen, aber deren Eründer und Anhängcr doch noch selig werden können, so zeigt er damit an, daß er von solchen rede, die neben ihren Irrthünncru doch Christnm, als den Grund des Glaubens festhalten, also von solchen Lehrern und Christen, die im übrigen die reine Lehre lehren und bekennen. Unter den Namen „Holz, Heu und Stoppeln" soll nicht etwa der verschiedene Werth irriger Lehren an gezeigt werden, sondern überhaupt das Nichtige, Eitle und Vergängliche solcher Menschenlehren.

Wie es nicht genug ist ein Haus auf guten Grund zu bauen, sondern man hat auch daraus zu sehen, daß man cs ans gutem Material anssnhre, sonst kann cs doch nicht von Bestand sein; man muß cs auch in den einzelnen Theilen immer mehr auSbancn und vollenden, damit weder von innen noch außen Feuer, Wind und Wetter es verderben n. zerstören, so ist es nicht genug eine Seele aus den rechten Grnndscls, Christum, zu gründen, welches geschieht durch die Lehre von Christo und durch den Glauben an Christum ; sondern sie muß auch immer mehr aus diesen Grund, Christum, erbauet und befestigt werden, welches geschieht durch Wegnahme der irrigen Vorstellungen, die dem menschlichen Herzen einwohnen, und durch das Wachsen in immer größerer Erkenntlich des ganz eil HeiisrathcS, aller einzelnen gcoffenbarten Wahrheiten, sowie durch den dadurch erzeugten, genährten und gestärkten Glauben.

Fundamental-Dogma, oder was jeder wissen muß, um im Glauben siehen zu können.

Fragt man, was das wenigste ist, wao em Mensch wissen muß, um zum seligmachenden Glauben kommen zu können, was also der Lehrgrnnd ist, damit das Haus des Glaubens auf dem unumstößlichen Felsen, Christum, ruhe, so giebt Queustedt folgendes als Summa an: „Gott, einigi im We-

 

12

sen, dreieinigin Person, vergibt aus unermeßlicher Liebe gegen das gefallene menschliche Geschlecht jedem sündigen Menschcn, der seine Sünden erkennt, durch und um Christi des Mittlers und seines Verdienstes willen, das im Wort verkundigt und im Glanben ergriffen wird, die Sünden, rechnet die Gerechtigkeit Christi zu und schenkt das ewige Leben." Gesetzt inan stünde als Missionar unter den Indianern, denen man noch nicht mehr als dies hatte lehren können, n. sie glaubten es einfältig u. würden so von andern Indianern plötzlich niedergc-mctzclt, so würden sie doch ohne Zweifel selig, ob sie schon noch nichts wüßten, von der Taufe, vom Abendmahl, von der Erbsünde, von der Inspiration der H. Schrift, von den Engeln n. s. w. Wenn man freilich Zeit und Ranm hätte, so müßte man ihnen als ein treuer HanShaltcr diese und alle andern Lehren heiliger Schrift mittheilcn und beiznbringen suchen, sie wären aber gegen den Grund selbst gehalten nur für Silber, Gold und Edelsteine zn rechnen.

Was Holz, Heu und Stoppeln sind.

Ganz anders aber ist cs, wenn man zwar den rechten Grund der obgenannten nothwendigen Hülfswahrheiten gelegt hat, aber anstatt mit ferneren geoffenbarten Wahrheilen fortzubauen, mm anfängt allerlei menschliche Meinungen, Ansichten u. Opinion für Glaubenslehren auszugeben, das sind denn das Holz, Heu u. Stoppeln von denen Paulus redet, solch menschliches Machwerk hält laut des Zeugnisses des Apostels nicht Stich, sondern verbrennt in dem Feuer der Anfechtung, der Todesnot und am jüngsten Gericht, und der es erbauet hat, leidet deß Schaden, denn seine Zeit und Arbeit hat er damit vergeblich zugebracht. Ein lantsprcchcndes Beispiel dazu ist Bernhard, derselbe war einer der frömmsten Mönche, hielt auch ohne Zweifel die Grundwahrheiten fest, aber er baute darauf Holz, Heu und Stoppeln, indem er für das Papslthmn, sür daS chelosc Leben und Möncherci im höchsten Grade eiferte; als er aber auf dem Todtenbette lag, da sah er im Feuer der Todesnoth sein Werk mit anderen Augen an, er mußte sich bekennen, daß seine Lehren nicht in Gottes Wort begründet seien, daß daher auch Gottes Wohlgefallen nicht auf seinem Werke ruhe, er hatte deß großen Schaden, er hatte vergeblich gearbeitet, daher auch sein "^srckiw vixi" d. H. ich habe heillos gelebt. Auch solche Lehren, wie diese: ob am jüngsten Tage eine neue Welt, oder nur eine Erneuerung der Welt stattfinden wird ; ob die Seele des Menschen durch Creatio oder Traductio fortgepflanzt wird, ob die Jungfrau Maria immer eine Jungfrau geblieben ist u.s.w. werden übrigens Holz, Heu und Stoppeln, wenn sie Jemand einseitig betont und die Gegeulehre als Irrthum verdammt.

Erstes Zeugniß. Unck. S. 114.

Was grundstürzende Irrlehren sind.

Es lautet: „Apologie: Dieselbige Kirche ist eigentlich anstcrÄ Christi als Mittler." Hier zeigen unsere Symbole, wurde bemerkt, was! grundstinzende Irrlehren sind, nämlich wenn z. B. die Baptisten den Artikel verwerfen, daß wir allein durch denGlanben ohne M Werke Vergebung der Sünde durch Christum erlangen." Ferner, wenn man lehrt, daß man durch Werke sich die Vergebung der Sünt den erwerben könne, oder wenn man anstatt Ehristi Werk, solche Werke wie Messe, Mw'-c^ordm für seligmachende erklärt, wenn man meint die Sacra-

K!- «»nikai'l, mibctcn lcbrÜ!

 

13

 

Irrthum der Methodisten.

Ein grnndstürzellder Irrthnm ist zwar jeder Jrrthmn, welcher konsequent dnrchgeführt Christi Verdienst mnstößt und überflüssig macht. Sv führen z. B- die Methodisten den Menschen auf feine Werktreiberei, indem sic bei allem Neben von Christo, dem Sündcrheilande, doch den Menschen nicht zu-greifen lassen wollen, er habe sich denn durch eigene Bereitung, durch Beten und durch ein sonderliches Maß von Bußschmerz und andere gute Werke dazu würdig gewacht, so daß der Mensch schließlich doch nicht sowohl ans Christi Verdienst als vielmehr auf seine eigene Frömmigkeit sich zu gründen hat.

Doch ist nicht zu übersehen, daß wohl manche Irrlehre, in welcher em Mensch befangen ist, der Theorie nach schlechterdings den Grund nmstürzt, während es in der Praxis dann doch nicht geschieht, aber das darf uns nicht zu der gefährlichen Meinung verleiten, daß also auch ein Irrthnm überhaupt nicht so seelengftährlich sei, als man zn sagen pflege, denn daß bei einem solchen Menschen der Glaubensgrund nicht mngestoßcn wird, liegt nicht an der Ungefährlichkeit der Irrlehre^ sondern an einer glücklichen Inconseqnenz m welcher derJrrendc noch steht; in solchem Falle wird selbst eine solche Irrlehre dem Menschen nur Holz, Hen und Stoppeln und dahin ist auch der Temperenz-fanatismus hierlandes zu rechnen; sowie auch der Irrthum einiger Christen in Rom zu St. Pauls Zeiten, die noch einen Tag vor dem andern hielten, d. H. höher hielten als den ändern.

Falsche Lehre der Puritaner vom Sonntag.

Dagegen ist die heutige Lehre der Puritaner vom Sonntag, wenn sie con-seqncnt dnrchgeführt wird, ohne Zweifel grmidstürzcnd, weil sie wieder ins Indenthum zurückführt und uns unter die alten Satzungen gefangen nimmt. Eben darin aber besteht das Christenthum, daß wir wissen und glauben, daß wir durch Christum von dem Zwang und Fluch des Gesetzes befreit sind, und daß das Ceremonial-Gesetz uns gar nichts mehr angeht. Col. 2, 16. Wer nun so lehrt, daß der Mensch unter der Botmäßigkeit des Gesetzes und damit unter seinem Fluche bleibt, der rückt ihm Christum ans den Augen und bringt ihn um Seele und Seligkeit, so geschieht cs, daß gerade die gesetzlichen Prediger, die oft mit großem Eifer arbeiten, und scheinbar so viele zn christlichem Leben erwecken, Taufende zur Hölle schleppen, wiN sie Christum vor ihren Augen verbergen und ihnen also allen Grund zur Selig-keit unter den Füßen wegziehm. Gal. 3, 10 ff.

Zweites Zeugniß. Ibid. S. 115.

Irrthum der Synkretisten.

Großer Katechismus: Aufs erste — ausgedriickt werden."

Es wurde bemerkt, dieses Zeugniß sei darum gesetzt, weil die Synkretisten (Glaubensmenger) behaupteten: wer das apostolische Symbol annehme, der nehme damit alle christlichen Glaubensartikel an und mit dem könne man sich auch vereinigen. Dagegen muß man mit Luther und den Vätern bekennen, daß nicht alle Glaubensartikel in diesem Symbol enthalten sind, z. B. der Artikel von der Inspiration oder Eingebung der heiligen Schrift, von der Erbsünde, von den Sakramenten.

Drittes Zeugniß. Ibid. S. 115.

Primäre und sekundäre fundamentale Glaubensartikel und Nichtsfundamentale Artikel.

Dieß ist von Quenstedt und lautet also: „Ein Fundament ist im Allgemeinen das, was in jedem Gebäude das erste ist Von Dr. Hunnius u. a. wird

 

14

 

ein dreifaches Fundament des Glaubens ausgestellt, das wesentliche, das wcrk-zcuglichc und das dogmatische aufgehoben wird." Hiezu wurde bemerkt: Qncnsledt theilt die fundamentalen Artikel in primäre und secnn-d ä re; elftere sind solche, ohne deren K enntniß schon Niemand selig werden kann, z. B. daß Christus alle Menschen erlöset habe; sccnndäre aber sind die, über welche man zwar unbeschadet dcS Glaubensgrundes n n w isscu d sein, die man jedoch, wcnn man sie weiß, nicht leugnen, vielwcnigcr bestreite n kann, ohne den Grund nmzustoßcn. z. B. daß Gott unendlich, allgegenwärtig sei re. Endlich gibt es auch Nichtsimdamcntale Glaubensartikel, das sind solche, welche sowohl unbekannt sciu, als auch geleugnet werden können, ohne daß dadurch das Fundament aufgehoben würde, z. B. die Lehre von der Unsterblichkeit des Menschen vor dem Falle, von dem Antichrist u. s. w.

Irrthum der Reformirten vom Abendmahl.

Diese Unterscheidung ist sehr wichtig, weil sie uns zeigt, wie wir die Irrenden anznsehcn haben. Es mag z. B. ein Rcformirter, der sonst gläubig ist, demnach trotz icines Jrrthnms, daß Christus nicht im Abendmahl sein könne, weil er gen Himmel gefahren sei, durch eine glückliche Inconscqucnz den Glauben fest Hallen, daß Gott in Christo Mensch geworden sei, uns zn erlösen, obgleich er mit seiner Irrlehre vom Abendmahl eigentlich die Menschwerdung Gottes selbst leugnet, denn wie kann Christus wahrer Gott sein, wenn er nicht auch nach Menschheit allgegenwärtig ist? Dennoch gibt es ohne Zweifel viele Rcsoruürte, auch selbst Prediger unter ihnen, die das erste leugnen und das zweite doch glauben.

Es wurde bemerkt, daß cs doch ausfallend sei, daß Hnnninö die Lehre vom Antichrist als eine solche bezeichne, die man leugnen könne, während S)eshusnis sagt: wer den Papst nicht als den Antichristen und den Menschen der Sünde von ganzer Seele haßt, der habe noch nie einen Geschmack von Frömmigkeit erlangt. Daraus wurde geantwortet: es ist nicht die Absicht des Hnnninö gewesen, zn zeigen, was man überhaupt glauben müsse, denn bei Christen versteht es sich von selbst, daß sie alles glauben, was in der Schrift steht, sondern er will hier zeigen, welche Artikel nöthig sind, den scligmachciiden Glauben im Herzen des Menschen zn entzünden, und welche nicht, und da zeigt er, daß eben die Lehre vom Antichrist nicht in logischem Verhältmß zn dem dogmatischen Fundament stehe, daß also auch der, welcher sie nicht weiß oder ans Unwissenheit leugnet, den Grund des Glaubens noch nicht umstößt, obgleich er in Irrthmn befangen ist. Etwas anderes aber ist cs, wenn ein Mensch weiß, daß diese Lehre in Gottes Wort gcoffenbart ist und er leugnet sie doch, dann ist er in großer Gefahr, denn obgleich er auch hiemit das dogmatische Fundament nicht nmstößt, so rüttelt er doch an dem w e r k-zeuglichen Fnndament des Glaubens, an dem Worte Gottes selbst, macht es ungewiß und verwirft es, damit füllt aber dann alles. Es kommt also alles darauf an, aus welchem Grunde Jemand leugnet, daß der Papst der Antichrist sei, leugnet er es, weil er es nicht ans Gottes Wort erkennen zu können meint, so schadet es ihm nichts; leugnet er aber, obgleich er sieht, daß nach Gottes Wort der Papst der Antichrist ist, so Hort er auf ein Christ zn sein.

Viertes Zuengniß. Ibid. S. 117.

Es lautet: Quenstedt: „Folgendes ist das vcrhandctt werden."

Da man über das erste, was einem Menschen schlechterdings zn wissen nöthig ist, um zum Glauben zn kommen, voriges Jahr und auch im obigen schon aus-

 

15

 

führlich gehandelt hatte, so wurde bei diesem Zeugniß dicßmal mehr auf den zweiten Theil desselben cingegaugm, wo Quenstedt zeigt,

Nicbtfnndamentalartikel.

daß cs auch Artikel des Glaubens gebe, die dieß in geringerem Grade sind, deren Verneinung zwar zum Schismatiker macht, aber nicht an sich nur, sondern nur in der Consequenz einen fundamentalen Glaubensartikel umstößt und so zum Ketzer macht. Dahin gehörtB. das Dogma, von der Schöpfung. Cs wurde nun gefragt, in welchem Sinne nnter andern dieser Artikel hier angeführt würde und geantwortet: Es handelt sich bei Qncnstcdt hier darum, welche Wahrheiten ein Geist und Gemüth ausmhmen muß, um den seligmachenden Glauben zn erlangen, also um die Theorie; nun gehört aber offenbar die Lehre von der Schöpfung in der Ausführlichkeit, wie sie MoseS erzählt, nicht dazu. Wer sie aber leugnen würde, der wäre ein Ketzer und verdammt, denn er stößt den Grund der Heilquelle, das Wort Gottes, um. Sv ist es auch mit der Lehre von der Gnadenwahl. Wenn einer leugnet, daß ihn Gott von Ewigkeit erwählt habe, so leugnet er auch, daß Gott ewig sei, denn alle Gedanken und Nath sch läge in Gott sind ewig. Aber wenn nun einer darüber nicht zu völliger Klarheit in seinem Bewußtsein käme, so kann er auch ohne diese Lehre im rechten Glauben stehen und selig werden. Ganz ähnlich ist cö mit der Lehre von der Kirche, den Sakramenten n. s. w. Man denke nur, wie es in unseren eigenen Gemeinden aussicht, wollte man da cxaminircn, wie viel rationalistische, 'methodistische, baptistische und papistische Irrthümer würden da noch zu Tage treten, selbst bei solchen Christen, an deren rechtschaffenem Glauben wir doch nicht zu zweifeln haben.

Rohr's Irrthum.

Es wurde hiebei erzählt, daß einer der Pastoren, die es mit P. v. Rohr halten, und dem gegenüber behauptet worden war, daß auch außerhalb der rechtgläubigen Kirche Leute selig werden können, antwortete, das sei unmöglich, weil der hl. Geist in den Gläubigen die volle Erkenntniß der Wahrheit wirken müsse, sonst wäre er nicht der Geist, der in alle Wahrheit leitet. Hieran, wurde bemerkt, könne inan sehen, wohin die falsche Lehre von der Kirche führe, wo wäre da die Kirche gewesen vor der Reformation? Es ist auch selbstverständlich zu unterscheiden zwischen absoluter Vollkommenheit in der Erkenntniß und Vollkommenheit in seiner Art, nur letzteres hat in diesem Leben Statt.

Flacii Irrthum.

Frage: machte der Irrthum des Flacius „die Erbsünde sei des Menschen Substanz" ihn zu einem Ketzer? Antwort, nein, aber zu einem Schismatiker d. h. zu einem solchen, der eine Spaltung in der Kirche verursachte.

Huber's Irrthum.

Ebenso ist Huber für einen Schismatiker anzuschen, welcher lehrte: die Gnadenwahl sei eine allgemeine. Wenn der Mensch muthwillig sündige und nun doch verloren gehe, so liege die Schuld nicht daran, daß er nicht erwählt sei, sondern daran, daß er die Frucht der Gnadenwahl verliere. Demnach würde also Gott etwas in der Ewigkeit beschlossen haben, was er doch in der Zeit nicht könnte ausführen. Wegen dieser Irrlehre ist zwar Huber aus Wittenberg ausgewiesen worden als ein solcher, den man nicht unter der Gemeinschaft der Lehrer der rechtgläubigen Kirche dulden konnte, man hat ihn aber nicht für einen Sektirer gehalten, weil diese Verneinung der partikulären (nur theilweisen) Gnadenwahl nicht an sich, sondern vermöge einer nicht eben zu Tage liegenden Schlußfolgerung wider einen fundamentalen Glaubens-Artikel anstößt und denselben umstößt.

 

16

 

Fünftes Zeugniß. Ibid. S. 118.

Was secundäre Fundamentalartikel sind.

Baier: die secnndären Fnndamental-Artikel — der Eigenschaften auseinander." Bemerkungen. Die secnndären Fnndamental-Artikel sind solche Theile der christlichen Lehre, mit denen man zwar unbekannt sein kann, die aber unbeschadet des Fundamentes der Seligkeit nicht geleugnet werden können. ES wurde hiebei gefragt: ob einer, der nichts weiß von der Erbsünde, den rechten Glauben haben könne? Antwort: ja, denn diese Lehre gehört nicht zum Begriff und Wesen des wahren Glaubens; Paulus stellt an den Kerkermeister auf die Frage: liebe Herrn, was muß ich thun, daß ich selig werde, mir diese Forderung: „Glaube an den Herrn Icsnm Christum, so wirst du und dein Hans selig." Apostg. 16, 31. Es ist genug, wenn ein Mensch sich für einen armen verlorenen Sünder hält, erst das Leugnen der Erbsünde würde schaden, und dieß auch dann erst, wenn einer die Schlußfolgerung Ansehen würde.

Reformirter Irrtum vom Abendmahl

Ein anderes Beispiel: Wenn einer langnen würde, daß der Mensch Christus allmächtig, allwissend, allgegenwärtig ist, der könnte freilich nicht glauben, daß Gott wahrhaftig Mensch geworden sei, aber ein Rcformirter, dcr dcßhalb nicht glaubt, daß Christi Leib und Blut im Abendmahl gegenwärtig sei, weil er nach seiner Menschheit im Himmel wohne, kann vielleicht deßwegen doch glauben, daß Christus wahrer Gott und sein Heiland und Erlöser sei, wenn er nämlich die Consequenz oder nothweudige Folgerung nicht einsieht, daß nach seiner falschen Abendmahlslehre Christus in der That nicht allgegenwärtig, also auch der Mensch Christus nicht wahrer Gott sei.

Urtheil über einige Theologen aus neuerer Zeit.

Es wurde bemerkt, daß es doch erschrecklich sei, zn denken, daß nach diesem Zeugniß BaierS alle solche Männer, wie Calvin, Hoffmann, Kahnis, Hengsten-berg, welche letzteren beiden Fundamentalartikel ohne Zweifel mit vollem Bewußtsein geleugnet haben, verdammt seien. Es winde hierauf entgegnet: wo es sich um ftcundäre Fundamentalartikel handelt, da müsse inan sich billig desUrtheils über ihren persönlichen Glaubens- und Seelenznstand enthalten, obwohl man ihre Irrlehre verwerfen und verdammen muß. Nur wenn einer den Grund leugnet, primäre Glaubensartikel, dann kann ich urtheilen und richten, ja wi'sen, daß sie nicht selig werden, denn wer Christum nicht mmiinmt als den Erlöser, ist verloren. Auch ein Gelehrter, wie Hengstenberg, kann übrigens in seinem Herzen so einfältig sein, wie ein Ungelehrter; man glaubt oft kaum, wie Bor-urtheile, Lebensverhältnisse, in denen einer ausgewachsen ist, zuweilen auch Schalkheit, die einem noch unbewußter Weise anhängt, einen Menschen aufhalten können, das Rechte zu sehen und zu glauben. Es steht uns daher nicht zn, über die Personen, über die Herzen zu richten, denn hier hat Gott sein Gericht noch nicht offenbart, aber wo einer primäre Fundamentalartikel nicht nur nicht weiß, sondern sogar leugnet, da hat Gott sein Gericht offenbar gemacht, da können und sollen auch wir richten und verwerfen. 1 Sam. 15, 26. So machen es auch unsere Väter im Concordienbuche.

Es wurde bemerkt, daß gleichwohl bei den deutschen Theologen, da unter ihnen die Unsitte herrscht, theologische Versuche in die Welt zu schicken, angenommen werde dürfe, daß ihre darin bekannten Irrlehren bei ihnen meistens nur Berstandessache sind. Dagegen wurde erwidert: man sollte doch ja nicht weitherziger und barmherziger sein wollen, als der liebe Gott.

Kahnis.

Kahms z. B. stoße offenbar den Grund um, denn er langnet die ewige

 

17

 

Gottheit Christi, er sagt: Christus sei ein Gott untergeordnetes Wesen, habe nicht von Ewigkeit existirt. Ein Mann, der ein solches Bekenntuiß hat, ruht nicht mehr auf dem Grund, ist also auch kein Christ mehr. Das smd arianische Irrlehren, die bereits im vierten Jahrhundert im Athanasianischen Glaubensbekenntnisse öffentlich verdammt sind.

Nöthige Vorsicht im Urtheil über Falfchgläubige.

Es ist auch wohl zn merken, daß wir mit Obigem die Annahme der secun-dären Fundamentalartikel nicht zum Kriterium (untrüglichen Kennzeichen) des wahren Chriftenthums, sondern der Rechtgläubigkeit machen. Man hat sich überhaupt vor Abwegen auf beiden Seiten zu hüten, vor zu raschein Seligsprcchen und Verdammen. Wer glaubt, daß außer Christo noch etwas zur Seligkeit nöthig sei, greift die Lehre von der Rechtfertigung an, läugnet den Kern und Stern des christlichen Glaubens, verwirft den Grund und Eckstein der Seligkeit, nämlich Christum. Das thun aber alle diejenigen, welche das Christcnthmn bloß deßhalb Jemandem absprechen, weil er in einem sekundären Fundamentalartikel irrt. So machte es u. a. Grabau. Und wer auf der andern Seite diejenigen noch zu denen rechnet, die da selig werden, welche primäre Fundamentalartikel, also den Grund längnen, der stößt auch die Lehre von der Rechtfertigung um. Es ist aber keine Kleinigkeit, solcher Gestalt der Welt den Heiland zu rauben. Christus sagt: So ihr nicht glaubet, daß Ich es sei, so werdet ihr sterben in euren Sünden. Ioh. 8, 24. Wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht. 1 Ioh. 5,12.

Sechstes Zeugniß. Ibid. S. 119.

Was ein Artikel des Glaubens ist.

„Gerhard: Da dasjenige. .. gewedeft habe."

Es wurde bemerkt, wenn Gerhard hier sagt: „Daher ist eigentlich und genau zu reden nicht alles, was in der heil. Schrift vorgelegt wird, für Glaubensartikel zu halten, sondern allein die Dogmen, deren Erkenntniß zur Seligkeit nothwendig ist," so erhellt daraus, was eigentlich ein Artikel des Glaubens sei, nämlich nicht jeder Gegenstand des Glaubens, sondern eine solche Lehre, welche in das ganze Gefüge des Glaubensgebäudes auf die Weise ' gehört, daß das Gebäude gar nicht vollständig wäre, wenn diese Lehre fehlte. Artikel heißt ein Gelenk oder Glied, welches in organischem Zusammenhänge mit andern Gliedern steht.

Es ist zu unterscheiden zwischen Theilen und Artikeln der Glaubenslehre.

Wenn Einer z. B. einen Finger oder Arm verliert, so ist der ganze Körper verstümmelt, aber wenn man Schleim oder sonstigen Unrath des Körpers ausstößt, so wird der Körper deßhalb nicht verkrüppelt, denn es steht nicht in organischem Zusammenhang mit demselben.

So sind die Kirchenbäuke in diesem Hause nicht unumgänglich nothwendig Zur Vollständigkeit des Kirchgebäudes, wohl aber die Mauern, und wenn eine weggenommen würde, so würde das Gebäude bald zusammenstürzen. Sv giebt es in der Schrift vieles, was nickt gerade nothwendig in das Lehrgebäude gehört, z. B. die Lehre, daß David Isai's Sohn sei. Auch wenn Einer diese Lehre nicht wüßte, oder läugnete, könnte er doch im wahren Glauben stehen. Darum sind diese Lehren aber nicht unnvthig, im Gegentheil, sie können sehr nöthig und nützlich werden, z. B. eben diese Lehre, wenn es sich darum handelt, einem Juden zu beweisen, daß Christus aus dem Stamme Juda und die Xxxxx xxx

 

18

 

dem Stamm Isai und die Frucht aus einem Zweigesseiner Wurzel sei, wie Iesaias 11 weissagt.

Man muß also wohl unterscheiden zwischen Theilen und Gliedern oder Artikeln des Glaubens. Letztere stehen in organischem Zusammenhang, wie die Glieder eines Leibes, durch die einerlei Blut und Saft dringt. „Hätten die Jesuiten diese Lehre ihres Meisters im Regensburger Colloquium beachtet, so würden sie nicht in die Aeußermig ansgebrochen sein, es sei ein Artikel des Glaubens, daß der Hund des Tebias mit dem Schweife gewedelt habe."

Kopernikanisches System.

[Ed.- archaic spellings modernized]

Es wurde gefragt: ob es für einen Glaubensartikel zu halten sei, daß aus Josua 10,12—14 erhelle, die Sonne drehe sich um die Erde, und ob man also das Kopernikanische System verwerfen müsse. Antwort: Es ist dies ein Teil, nicht ein Artikel des Lehrgebäudes. Wenn nun Einer nicht einsehen kann, daß die heiligen Schrift dies an dieser und andern Stellen lehren wolle, der kann dabei wohl ein gläubiger Christ sein; wer aber glaubt: der Verfasser des Buches Josua habe schreiben wollen, wie es sich mit dem Lauf der Sonne verhalte, sei aber darin selbst im Irrtum gewesen, der macht den Grund aller Glaubenslehren, die heiligen Schrift selbst ungewiß und greift so den Grund an. Wer aber meint, Josua rede optisch, wie die Kopernikaner ja auch tun, wenn sie sagen: die Sonne geht auf, die Sonne geht unter, den kann man deshalb nicht verdammen. Hierbei erhob sich abermals die Frage: ob man zugeben könne, daß sich die Bibel der optischen Redeweise bediene? Antwort. Weil diese Lehre, ob die Sonne um die Erde oder die Erde um die Sonne gehe, kein Glaubensartikel ist, sondern höchstens nur ein Objekt des Glaubens, ein Teil des Lehrgebäudes heiligen Schrift, so muß man von diesem Standpunkte aus, weil eine solche (optische) Redeweise Gottes unwürdig ist, indem er sich dann eines menschlichen Sprachgebrauches bediente, der einen Irrtum enthielte, allerdings einen Solchen für einen Irrenden halten, doch nicht für einen Ketzer. Andererseits ist aber auch gewiß, daß ein Solcher einen gefährlichen hermeneutischen Grundsatz aufstellt, indem ja diese Rede nicht nur dem Josua in den Mund gelegt wird, sondern auch von dem Verfasser dieser Schrift ebenso gebraucht wird, Vers 13, einen Grundsatz, dessen Konsequenzen ihm die Bibel ungewiß machen. Es ist auch wohl zu beachten, daß in neuerer Zeit manche Astronomen bekennen, daß auch das Kopernikanische System nur eine Hypothese (Vermutung) ist, und daß Manche wieder zu dem zurückgekehrt sind, daß die Sonne um die Erde gehe, z.B. Schelling, Carol Grande in seinem Welt-Gebäude, Leipzig, 1857. In der Bibel haben wir göttliche Gedanken und Wahrheiten, welche in den Worten derselben gleichsam leiblich aus Gott hervortreten. Er hat dabei zwar der menschlichen Redeweise sich bedient, aber unmöglich solcher, die einen Irrtum enthalten. Es ist dies übrigens ein Problem und wird wohl erst am jüngsten Tage gelöst werden; unterdessen geht man am sichersten, wenn man sich einfältig an die Schrift hält, anstatt an menschliche Autoritäten, denn da wir doch meistens die Sache nicht selbst erforschen können, so halten sich die Meisten an Autoritäten. Summa, man kann wohl etwas leugnen in solchen Lehren, die nicht in organischem Zusammenhang mit dem Lehrgebäude heiligen Schrift stehen, so lange man nicht erkennt, daß es in der Bibel geoffenbart ist; sobald man auch das erkennt und leugnet doch, so verwirft man damit die Bibel.

Siebentes Zeugniß. Ibid. S. 120.

Vier Stücke, die zu einem Glaubens-Artikel gehören.

Hollaz zeigt hier, was zu einem wahren Glaubensartikel gehört, nämlich xxxxxxxxxxx geschriebenen Worte Gottes geoffenbart sei; 2) daß,

 

19

 

er die Seligkeit des Menschen betreffe; 3) daß er mit den übrigen Dogmen des Glaubens innig verbunden sei; 4) daher in evident fei, d.h.

nicht ans dem Lichte der Natur, sondern aus dem übernatürlichen Lichte der Offenbarung erkannt und erforscht werden könne.

Was also diese vier Kennzeichen, wurde weiter bemerkt, nicht hat, das ist kein Artikel d-es Glaubens- Was aber von der Lehre gilt, das gilt auch in seiner Art von den Personen. Es kann Ejner vin Theil der Kirche sein, und doch kein Glied der Kirche, elfteres ist er dann, wenn er nur äußerlich, dein Namen oder Amte nach, zur Kirche gehört, letzteres, wenn er durch den Glauben Christo in seinem Leibe, d. i. der Kirche einverleibt ist.

Achtes Zeugnist. Ibid. S. 120.

Daß auch Rebenlehren gläubig a«ru«ehmen seien.

„Quenstedt: Man muß unterscheiden zwischen fundamentalen Glaubensartikeln... und zwischen den Artikeln, welche nicht fundamentale sind ... weiter verbreitet haben."

Quenstedt zeigt hier, wurde gesagt, daß nicht fundamentale Glaubensartikel, deren Erkenntniß aber im Worte Gottes überliefert wird, zu dem dogmatischen oder historischen Glauben gehören; dazu rechnet er die Lehre vom Antichrist und zeigt, daß diese Lehre nicht allen Christen zur Seligkeit zu wissen nöthig, oder das Nichtwissen derselben verdammlich sei. Hiezu wurde bemerkt: Die Iowäer sagen: weil unsere Alten so von der Lehre vom Antichrist reden, wie eben gehört, so sei es gleichgültig, ob man sie glaube oder nicht. Aber sie vergessen, daß unsere Alten sagen, sie gehöre zu dem dogmatischen oder historischen Glauben, d. H. zu den Lehren, welche die heil. Schrift uns zu glauben vorhält. Es ist nun doch erschrecklich, zu sagen, Gott hat wohl Manches ge-offtnbart, aber es sei nicht nöthig, Alles davon anzrmehmen und zu glauben. Schon geringere Lehren, als diese, müssen uns als von Gott geofsenbart theuer und werth sein, ja wer auch nnr leugnen wollte, daß Bileams Esel geredet habe, würde, obgleich dies kein Glaubensartikel ist, doch damit die ganze Bibel ungewiß machen; wie gering aber ist dieses Wunder gegen das ganz unbegreifliche Wunder der Menschwerdung des Sohnes Gottes. Wer mm jenes nicht glauben will, wie wird er dieses glauben? Auch im Apostolischen Symbolum steht ein solch untergeordneter Gegenstand, nämlich die Worte: „unter Pontio Pilato;" obgleich diese Worte nur historischen Werth haben, so würde doch der, welcher diese Thatsache leugnen wollte, beides, das Symbol und die Schrift, umstoßen.

Zeitrechnung.

Es wurde gefragt, was davon zn halten ist, wenn heutzutage Gelehrte eine andere Zeitrechnung aufbringen? Antwort: das ist ohne Zweifel verkehrt. Schon der Versuch, aus der Bibel eine genaue Zeitrechnung herznstellen, ist ein vergeblicher, denn oft wird blos der Anfang eines Zeitraums erzählt, aber nicht genau, wo er endet; oft ist das Zeitmaß nur summarisch angegeben^ so wird die Lebenszeit der Patriarchen, die Regiernngszeit der Richter und Könige immer rum mit runden Jahreszahlen angegeben. Gott hat wohl darum die Zeit nicht auf Monat und Tage angegeben, daß wir nicht Zeit- und Tage-wühter werden, wie die Papisten. So ist es auch mit der Topographie Ortsbeschreibung) in der heil. Schrift; wir wissen die Orte heut zu Tage nicht mehr genau ynzugeben, wo sich dies und jenes begeben hat; wir wissen nicht genau, wo die Krippe, wo das Kreuz Christi gestanden hat, wo sein Grab gewesen ist, welches die Grenzen der Stadt Jerusalem sind rc. GottüLDalmc—

 

20

 

Zweifel seine weisen Absichten dabei. Das Allgemeine nur ist hierbei wichtig und nützlich, und das wissen wir. '

Neuntes Zeugnis. Idiä. S. 121.

Auch unter dem Papstthum ist »mH eine Kirche.

„Aeg. Hunnius: Em wider das Fundament der Seligkeit anstoßender Jrrthmn ist, wenn Jemand einen Hauptartikel der Religion verneint .... erlangen werde." Es wurde bemerkt: Auch aus diesem Zeugniß erhellt, daß die Unterscheidungen unserer Väter zwischen den primären und secnndären Fnndamentalartikeln und zwischen den Nichtfundamentalartikeln nicht gemacht sind, um etwa blos anzuzeigen, was geglaubt werden müsse, oder nicht zu glauben sei, sondern sie wollen, davon ausgehend, daß Alles geglaubt werden müsse, was in der Bibel stehe, blos ausemandersetzen, was ganz notwendig, weniger nothwendig und gar nicht nothwendig zur Seligkeit zu wissen ist. Ohne diese Unterscheidung wird man immer entweder unrecht verdammen oder Unrechter Weise selig sprechen. Ohne dieselbe kann man auch nicht wider die Jesuiten aufkommen, wenn sie sagen: „Ihr Lutheraner behauptet, daß in der papistischen Kirche das Wort Gottes unter dem Scheffel gestanden habe und allerlei greuliche, seelenverderbliche Irrlehren im Schwange gegangen seien, und daß sie nicht die wahre, Eine Kirche Christi sei. Wo war denn da die Kirche vor eurem Luther; dann hätte es gar keine Kirche gegeben, wenn wir es nicht sind, und Christi Verheißung: „die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen," wäre zur Lüge geworden, denn tausend Jahre lang hätte es dann keine Kirche gegeben?!" Allein mit dieser Unterscheidung der Wichtigkeit der Heilswahrheiten können wir leicht einsehen und Nachweisen, daß es auch mitten in der Finsterniß des Mittelalters und der römischen Herrschaft Gläubige und also eine rechte Kirche gegeben hat, denn die Hcmptwahrheiten waren, wenn auch sehr verdunkelt, doch noch in der römischen Kirche vorhanden.

Zehntes Zeugniß. Ibid. S. 122

Wer für einen Ketzer anzusehen ist.

Derselbe: „Etwas Anderes ist es Geistes leugnet." Allerdings ist derjenige ein Ketzer, heißt es hier, welcher einen Artikel des Glaubens leugnet; aber nicht nur dieser, sondern auch derjenige, welcher eine geschichtliche Erzählung des heil. Geistes leugnet. Wer z. B. die Geschichte von Juda mit der Thamar nicht weiß, kann deshalb doch ein wahrer Christ sein. Wer sic aber leugnen wollte, trotzdem er weiß, daß sie in der Bibel steht, der würde ein Ketzer sein und anfhören, ein Christ zu bleiben,— nicht, weil der Glaube nicht mit diesem Irrthum an sich bestehen könnte, sondern weil er sich selbst das Glaubensfundament, die Bibel, unter den Füßen wegzieht und daher auch sein scheinbarer Glaube nicht rechter Art sein kann.

Elftes Zeugniß. Ibid. S. 122.

Ein Vorwurf der Iowa Synode widerlegt.

Buddeus : „In der beil. Schrift ist Vieles enthalten .... reden wir hiervon nicht." Es heißt also hier: In der heil. Schrift ist Vieles enthalten, dem wir, weil es uns von Gott geofsenbart ist, anch Glauben bcizumessen verbunden sind ; und doch ist es darum nicht zur Erlangung der Seligkeit nöthig.

'"-ü Väter mißbraucht die Iowa-Synode, uns einen Vorwurf

 

21

 

daraus zu machen daß wir mit denen nicht Kirchengemeinschaft machen, welche doch mit uns in den primären und secundären Fundanrental-Artikeln eins sind. Allein wenn man von einem Unterschied in der Wichtigkeit der einzelnen Lehre redet, so geschieht es nicht, daß man damit irgend etwas in der beil. Schrift Geoffenbartes frei geben wollte, sondern eben nur, um zu zeigen, was zur Seligkeit unumgänglich nöthig oder nicht nöthig ist, damit nicht ein falsches Urtheil über die gefällt werde, welche die volle Wahrheit nicht haben. Bnd -deus bezeugt aber selbst an dieser Stelle, daß noch mehr von denen zu glauben und zu wissen nothwendig sei, als was nur zur Erlangung der Seligkeit erfordert wird, mit welchen mau inkirchliche Gemeinschaft emtreten will,

und noch viel mehr von denen, welche das Predigtamt verwalten wollen.

Zwölftes Zeugniß. Idicl. S. 123.

Problems.

Dannhauer: „Ein Artikel des Glaubens ist nicht fedc Glosse ... der andere das Sieb unterhält." Hier zeigt Dannhaner, daß es Manches gebe, was nach beiden Seiten hin disputirt werden kann, z. B. solche Fragen: ob die Welt im Frühjahr oder Herbst erschaffen sei; welches der Tag und das Jahr der Geburt Christi sei; ob Maria auch nach der Geburt Christi beständig Jungfrau geblieben sei; dies Alles ist in der Schrift nicht entschieden und die Geister mögen sich daran üben, doch dürfen sie nicht ihre Meinung der Kirche als Heiligthum aufzudringen versuchen. So ist es mit der Frage vom Seelenschlaf, den mau aus Luc. 16,19 ff. annehmen zu dürfen glaubt; es ist dies eine bloße Meinung und Opinion, aus der Schrift durchaus nicht zu erweisen ; wollte aber Jemand gar einen ewigen Seelenschlaf annehmen, so wäre er in einem gnmdstürzeuden Irrthum befangen.

Judenbekehrung.

Es wurde bemerkt: die Frage von Bekehrung der Inden sei doch wohl auch zu den Problemen zu rechnen, denn Nie. Hmmins habe ja auch eine Iudenbekehrung angenommen, sei aber deshalb von der Kirche nicht für einen Ketzer gehalten worden. Es wurde darauf erwiedert: Wenn man nicht weiter gehe als Nie. Hunnius, und mit ihm bloS so viel anmmmt, daß noch ganze Schaaren von Juden zur christlichen Kirche bekehrt werden würden, so sei das ein theologisches Problem, was daher auch nach beiden Seiten dispu-tirt werden kann. Wenn man aber von einer herrlichen Zukunft der Juden als einer besonder« Nation träumt, etwa mit Rückkehr nach Palästina, der Herrschaft über alle Völker, da streift es bereits an Chiliasmus an und wird gefährlich und verwerflich. Als Nation werden die Juden Juden bleiben bis an den jüngsten Tag, denn es heißt 1 Thess. 2,16., der Zorn sei über sie kommen endlich (eic ^07) bis au's Ende. Und Christus sagt: Dies Geschlecht wird nicht vergehen, bis daß es Alles geschehe. Matth. 24, 34. Als Nation ist für sie nichts mehr zn hoffen; nur dann ist Heil für sie, wenn sie in die offenen Thore der christlichen Kirche eingehen; damit hören sie aber anch auf, Juden zu sein, und ihre Herrlichkeit wird nicht größer sein, deuu die anderer Christen anch; in Gottes Reich gibt die leibliche Geburt keine Vorrechte.

Matth. 3, 9.

Man ging nun über zu dem Buchstaben

 

22

 

D.

,Die ev. luth. Kirche scheidet streng, was in Gottes Wort geboten und freigelassen ist (Adiaphora, Kirchenverfassung.)

1. Beweissprüche.

Ein Christ, als solcher, hat keinen Meister über sich, als allein Christum.

„Einer ist euer Meister, Christus; Ihr aber seid alle Brüde r." Matth. 23, 8. Hierzu wurde bemerktDieser Spruch zeigt, daß kein Christ dem andern Etwas zu befehlen habe; denn keiner ist über, keiner unter dem ändern. Alles ist frei, was Christus nicht verboten hat, und Alles ist verboten, was Christus nicht freigelassen hat. Weder Menschen noch Engel, weder Kirche noch Staat, noch Prediger können auch nur ein Wort einem Christen als solchem gebieten und befehlen, wo sie nicht sagen können : So spricht dein und unser Meister, Christus der Herr. Und wehe denen, die es wagen, den Christen diese Freiheit zu rauben. Selbst ein Sclave läßt sich von einem andern Herrn nichts befehlen; so sollen auch Christen, wekhe durch das Blut Christi von der Knechtschaft befreit sind, noch viel mehr über ihre Freiheit wachen. Gal. 5,1. Auch das Wort Hebr. 13, 17 : „Gehorchet euren Lehrer» n. s. w.," gibt den Predigern keine Gewalt, außer der des Wortes, wenn sie nämlich sagen können : So stehet geschrieben, darum sollst du es thun. Ohne Zweifel wird cs auch hier mit der Zeit nicht ausbleiben, daß der Staat der Kirche Gesetze aufzudringen versuchen wird. Da haben wir uns vorzusehen und das Unsere zu thun, daß dies verhütet und die Gewissen nicht bedrängt werden.

Der Erkenntniß dieses herrlichen Spruches hat auch unsere Synode ihr gedeihliches Bestehen zu verdanken; denn um desselben willen hat sie sich nicht als eiu gesetzgebender, sondern blos als ein berathender Körpe r organisirt; und daß unsere Gemeinden wissen, daß wir keinen Gehorsam fordern, außer den gegen Gottes Wort, und daß wir sie i» Christo zu Gefreiten machen wollen, hat ihnen Vertrauen und Freudigkeit gegeben, sich unter Christi Scepter sammeln zu lassen und solche Opfer für das Reich Gottes zu bringen, wie sie gcthan haben. Sie wissen, daß sie von uns nicht zu Menschenknechten gemacht werden, sondern zu freien Kindern Gottes.

Ein Christ hat zwar über seiner Freibeit zu wachen, doch soll er dem Schwachen nicht ärgerlich werden

2- „So bestehet nun in der Freiheit, damit uns Christus befreiet hat, und laßt euch nicht wiederum in das knechtische Joch fangen." Gal. 5, 1. Dieser zweite Spruch zeigt uns, daß selbst das, was Gott uns geboten hat, uns nichts mehr angeht, wenn es nicht zum Moralgesetz gehört und er es uns nicht als Christen gebietet. So sind wir z. B. befreit von dem Ceremomal- und politischen Gesetz der Juden, denn Gott hat mit den Inden eine andere Oeconomie innegehatten, als mit seinen Christen.

Doch muß man mit Solchen, deren Gewissen noch in Adiaphoris gefangen ist, vorsichtig fahren; wenn z. B. ein über unsere Lehre in Kenntnis gesetzter Puritaner mir verbieten wollte, am Sonntag eine zufällige Arbeit zu thun, weil ich sonst wider das dritte Gebot sündigte und verdammt sei, dann müßte ich, um mich nicht wieder unter das knechtische Joch des alttestanientlichen Sab-bath-Gesetzes fangen zu lassen, von welchem mich doch Christus mit saurer Mühe befreit hat, gerade am Sonntag zum Zeugniß über ihn diese zufällige Arbeit verrichten. Wenn ich aber merkte, daß er ein anfrichtiger, nur in sei-

 

23

 

nem irrenden Gewissen befangener Christ wnem irrenden Gewissen befangener Christ wäre, so müß ich mich ängstlich hüten, ihn nicht zu ärgern, und erst versuchen, ihn mit Worten eines Besseren zu belehren.  Erst wenn er als ein halsstarriger Mensch offenbar würde, oder gar lästerte, würde ich eine Cord Holz anfahren lassen, und jetzt erst recht Holz hacken, um ihm auch mit der That zu ziegen, daß ich auch im Herzen meiner Sache gewiß sei.

Man muß also, einen Schwachen nicht zu ärgern, sich Vieles enthalten, was uns sonst ganz frei ist, denn während wir im Glauben und Gewissen frei sind, müssen wir uns doch nach der Liebe allen Menschen zu Knechten machen, aber eben nur, um allenthalben Etliche zu gewinnen.  Wer es aus einer andern Ursache tut, aus Menschenfurcht oder Gefälligkeit, aus Kreuzesschen, oder um in der Welt besser fort zu kommen, der verleugnet die Freiheit, zu der Christus ihn gebracht hat, und damit Christum selbst.

 

Ob eine Gemeinde Schulzwang einführen dürfe?

3. „Nicht sage ich, daß ich etwas gebiete." 2 Kor. 8, 8. Hiezu Folgendes: Viele denken: Nun, ein Apostel Christi müsse doch Macht gehabt haben, als ein unmittelbar von dem Heiligen Geiste erleuchteter Gesandter Gottes, etwas zn gebieten, zumal so etwas Geringes, als die. Art und Weise, eine Steuer zu erheben. Aber siehe da. selbst dieses hat sich der erste und größte aller Apostel nicht erlaubt. Es wurde hierbei gefragt: ob demnach eine Gemeinde nicht zu weit gehe, wenn sie in ihre Kirchenordmmg einen Paragraph aufnehme, dahin lautend, daß jedes Gemeindeglied verpflichtet sei. seine Kinder in die Genieindeschule zu schicken, und selbst in dem Falle keine Ausnahme zuläßt, wenn Einer verspricht, auf sonstige Weise für den rechtschaffenen Unterricht seiner Kinder im Katechismus zu sorgen. Antwort: Eine Gemeinde thnt ohne Zweifel Unrecht, wenn sie solchergestalt die Gewissen bindet, denn anch eine Gemeinde hat kein Recht, dem Einzelnen etwas zu befehlen. Es wurde der Eimvnrf erhoben, daß ja doch alle Diejenigen, welche zur Gemeinde gehören, anch den Gemcindelehrer mitbernfen, ein Solcher würde demnach seinen Berns gewissermaßen zurückzichen und den Lehrer für seine Person absetzm. Antwort: Mit der Berufung eines Schullehrers ist es nicht, wie mit der Berufung eines Seelsorgers; denn man kann wohl einen Lehrer für eine Schule mitbernfen, auch wenn man kein Kind hat oder keines in die Schule schickt, aber man kann keinen Prediger für andere Leute berufen. Wenn mm entweder die Schute in einem schlechten Zustande ist, oder es hat Einer ein begabtes Kind und Gott hat ihm die Mittel gegeben, sein Kind weiter uuslnlden zu lassen als er es in der Gemeindeschnle haben kann, und er unterstützt und bezahlt sonst zum Bestehen der Gemeindeschnle, so dürste man ihm deswegen sein Gewissen nicht beschweren, wiewohl es im Allgemeinen ;a freilich die Pflicht eines jeden Gemeindegliedes ist, die Schule mit Geld und Kindern zu unterstützen, daß sie eben in blühenden Zustande kommen kann.

Pauli Krempel, wie man sick» in der Liebe zu de» Nächsten Knecht machen fall.

4. „Wiewohl ich frei bin von Jedermann, habe ich inich doch selbst Jedermann zum Knechte gemacht, auf daß ich i h r e r B i e l e g e w i N n e." 1 Kor. 9, 19. Dieser Spruch soll zeigen, daß, obwohl wir frei sind und im Glauben, so sollen wir uns doch selbst zn Knechten machen in der Liebe. So wurde Paulus den Inden ein Jude, hielt sein Gelübde und ließ daher anch den Timothcum allein um der Inden willen beschneiden; ohne Zweifel aber erst dann, nachdem er ihn überzeugt hatte, daß er im Glauben von dem Gesetz der Beschneidung frei sei, obwohl Gott selbst es geboten hatte; und Timotheus ließ es sich gefallen aus

 

24

 

Liebe zu den Juden, um Eingang, unter ihnen zu finden und ihnen zu ihrer Seligkeit zu dienen.  Hernach aber, da die gesetzlichen Judenchristen sagten, Paulus habe hierdurch anch bekannt, daß sich die Christen aus den Heiden beschneiden lassen müßten, ja von ihm verlangten, auch den Titmn zn beschneiden, da that er es nicht, warum? weit er eben damit die reine Lehre und den Glauben verleugnet hätte, wie er Gal. 1, 4. 5. selbst erzählt, daß, da etliche falsche Brüder sich mit eindrangen, zu verknndschaften unsere Freiheit, daß sie uns gefangen nehmen, wichen wir denselbigen nicht eine Stunde, unterthan zu sein, ans daß die Wahrheit des Evangelir bei euch bestünde. Hier erforderte es also die Liebe, den Inden nicht ein Jude zn werden.

Hier mußten die Besprechungen über die Lehre aus Mangel an Zeit abgebrochen werden.

Synodal-Druckerei

Der Hochw. allgemeine Präses legte der Synode einen Antrag der Nördlichen Distrikts Synode zur Errichtung einer eigenen Synodal-Druckerei vor; diesem begegnend war auch eine Eingabe aus dem Oestlichen Distrikt eingereicht worden, worin als Beweggründe hiezu Folgendes angeführt wird: 1) ein größerer, pekuniärer Vortheil von unfern Drucksachen, wie dies an den Druckereien im Hallischen Waisenhaus, im Rauhen-Haus zu sehen ist, sowie an der Calwer Vereinsbuchhandlung, am Lutheran Publication House in Philadelphia 2c. 2) Die Synode hätte genug zu drucken, um eine eigene Druckerei zu beschäftigen, so hat z. B. unser Agent in drei Jahren $93.402.32 ausgegeben. 3) Die Synode könnte sich ihr Verlagsrecht (Copy-Right) leichter sichern. 4) Es würde viel leichter sein für die Besteller sich die Publikationen zu verschaffen, als wenn sie wie bisher an so verschiedenen Orten erscheinen. 5) Es konnte leichter verhütet werden, daß nicht etwa falsche Bücher verbreitet und gekauft würden unter der Voraussetzung, sie seien von der Synode gebilligt. 6) Wir könnten unsere Drucksachen pünktlicher erscheinen lassen. 7) Es könnten sich auf diese Weise noch manche Invaliden aus dem Predigt- und Schulamt der Synode nützlich machen und selbst eine Versorgung erlangen. Ein trefflicher, ausführlicher Entwurf, wie diese Sache könnte in's Werk gesetzt werden, welchen die Herren Carl Eißseld und Herm. Ruhland in Milwaukee auf den Wunsch des Nördl. Distriktes ausgefertigt hatten, wurde hieraus verlesen, und beifällig aufgenommen, darin wird etwa ein Kapital von $8000 für erforderlich gehalten, welches durch zwanzig Dollar-Aktien aufgebracht werden soll; nur meinte man, daß es vielleicht besser sein dürfte, auch kleinere Aktien auszugeben. Ein zweiter Entwurf der „Committee für Drucksachen" in St. Louis schlägt vor, die Sache so klein als möglich anzufangen, wozu etwa ein Kapital von drei tausend Dollars nöthig wäre, welches ebenfalls durch Aktien aufgebracht werden sollte. In einem weiteren Schreiben zeigt sie, daß Herr L. Lange, der Herausgeber der „Abendschule," der geeignete Mann für diese Sache sein dürfte, auch sich nicht abgeneigt zeige; doch wolle er nur mehr als Vormann eintreten, wofür er hingegen nichts fordere, als den freien Druck seiner „Abendschule." Die Synode sprach schließ-

 

25

 

lich ihren dringenden Wunsch aus, daß dies Werk doch ja so bald als möglich in's Leben gerufen werden möge, auch ihre Bereitwilligkeit, die Sache nach Kräften zu fördern, in Bezug auf die Art und Weise aber, wie es anzugreifen sei, verwies sie die Vorlagen an das Committee für Drucksachen, um die weiteren geeigneten Schritte zu thun.